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Das Kloster der unkeuschen Brüder (German Edition)

Das Kloster der unkeuschen Brüder (German Edition)

Titel: Das Kloster der unkeuschen Brüder (German Edition)
Autoren: Lutz Gauss
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I. Wie der Knabe Jonathan in die Hände von Landsknechten  gerät
    Der trübe verhangene Himmel spiegelte sehr gut Jonathans Stimmung wider, als er über einen Feldweg in der Nähe seines Dorfes lief. Die üblen Zeiten die schon seit vielen Jahren das ganze Land plagten mit Krieg und grassierenden Krankheiten machten ihm ebenso zu schaffen wie das allein Sein. Sein Vater, der einzige Kaufmann des Dorfes Nordwalde, ebenso wie zwei seiner kleinen Geschwister, waren vor einem Jahr an der Pest verstorben. Diese war über ihr Dorf hinweggefegt wie eine böse schwarze Wolke. Jetzt hatte er nur noch eine etwas ältere Schwester und seine Mutter. Durch den Krieg gab es kaum noch Jungen und junge Männer im Dorf und manche Familie war vor den herumziehenden Landsknechttruppen in andere Regionen des Landes geflüchtet. Bisher hatte sich der gerade achtzehnjährige und der Rest seiner Familie mit ihren wenigen Besitztümern, einer Ziege und ein paar Hühnern immer noch in einem alten Schuppen im nahen Wald verstecken können, bevor die Landsknechte das Dorf durchstöberten und ausplünderten. Bei solchen Überfällen wurden auch regelmäßig junge Männer zwangsrekrutiert und fast alle Mädchen und Frauen, derer die Söldner habhaft werden konnten, vergewaltigt. Manches Mal wurden dabei auch die jungen Burschen nicht verschont. Wie sollte das nur alles weiter gehen? Zum Glück waren jetzt schon ein halbes Jahr lang keine Landsknechte mehr in diesem Landstrich gewesen, aber es wurde immer schwieriger, sich zu ernähren und zu überleben. Jetzt kam er gerade an eine alte Eiche, an der er schon als Kind oft gespielt hatte. Sie war krumm und knorrig gewachsen und man konnte recht leicht auf sie heraufklettern. Aus einer spontanen Eingebung tat Jonathan dies nun auch und schaute sich in der flachen Umgebung mit von brachliegenden, von Wallhecken durchzogenen Feldern und kleinen Wäldern um. Plötzlich sah er an der Stelle, wo ein zweiter Feldweg aus einem Wald in denjenigen mündete, auf dem er gerade gelaufen war, ein Wimpel an einer Stange auftauchen und dann den Reiter der es trug, dem wenig später zahlreiche andere folgten. Landsknechte! Ohne lange zu überlegen, kletterte er eiligst vom Baum und rannte so schnell er nur konnte zum Marktplatz des Dorfes und schrie was seine Lungen hergaben: „Landsknechte! Landsknechte! Es kommen Landsknechte von Norden!“ Dann rannte er zu seinem Elternhaus und wollte seine Mutter und Schwester warnen, aber diese waren nicht im Haus und er konnte sie auch in der Nachbarschaft nicht finden. Er wusste nicht, dass sie zum Kirchhof gegangen waren, um dort das Grab des Vaters zu besuchen. Er rannte weiter und warnte die wenigen Nachbarn, die noch übrig geblieben waren und einige eilten schon mit ihrer Ziege und ihrer wenigen Habe in Richtung Süden. Als Jonathan zum Marktplatz kam, hörte er bereits das Getrappel von Pferdehufen. Die Truppe war in scharfem Galopp zum Dorf geritten, um einen Überraschungsangriff zu starten. Am Eingang des Dorfes hatten sie bereits einige Häuser durchstöbert, die aber leer standen. Jetzt galoppierten sie auf die Dorfkirche zu. Ihr Anführer war ein großer, Furcht einflößender Mann mit wildem, roten und struppigem Bart und einer bunten, schmutzigen Uniform, die kaum noch als solche zu erkennen war. Es war der wilde Schmied, wie er angstvoll genannt wurde, der sich in den langen Wirren des, später „dreißigjährigen“ genannten, Krieges vom einfachen Landsknecht zum Hauptmann einer Truppe hoch gekämpft hatte, die wohl jetzt eher eine Räuberbande als eine reguläre Kompanie genannt werden konnte. Denn die Überfälle auf Dörfer oder andere Landsknechttruppen dienten nur noch dem eigenen Nutzen und Zeitvertreib. Stärkeren Truppenverbänden, ob nun der Kaiserlichen oder der Schweden, wussten sie geschickt auszuweichen. Diese gingen allerdings auch nicht freundlicher  mit der Bevölkerung um oder  beschützen sie gar. Auch diese mordeten, brandschatzten und plünderten, wo es nur ging. Neben dem Hauptmann ritt der Junker Ulrich aus einem alten Rittergeschlecht, dessen Güter aber längst an andere Eigentümer gefallen waren, vermutlich, da der Vater des Junkers, der Ritter von Hammerstein, beim Landesherren in Ungnade gefallen war und ein anderer Ritter, mit seinem Lehen für „treue“ Dienste belohnt worden war. So musste sich der etwa fünfundzwanzigjährige, schlanke Ritterssohn mit dieser Landsknechtbande durchschlagen, da er außer Kämpfen und
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