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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Unkraut; graue Pflanzen, die sich in Farbe und Wuchs der Feindseligkeit ihrer Umgebung angepaßt zu haben schienen. Es gab nur ein einziges, ungeheuer massiges Gebäude, einen Würfel aus Fels, direkt aus der Wand herausgehauen und mit einer Krone von Zinnen und nach außen gekrümmten Steinkrallen versehen.
    Skars Erschöpfung machte noch einmal für einen kurzen Moment einem Aufwallen von Trotz Platz, als er aus dem Sattel stieg und mit mühsamen, schwankenden Schritten über den Festungshof ging. Sein Blick tastete an der Mauer entlang. Ihre Krone war geborsten, und die herunterstürzenden Steine hatten, zusammen mit dem Staub und Unrat von Jahrhunderten, eine schräge, bis zur Hälfte ihrer Höhe reichende Rampe gebildet. Aber der verbliebene Rest war noch immer hoch, hoch genug, um ihn auch gegen einen zahlenmäßig weit überlegenen Gegner halten zu können. Es gab nur einen einzigen schmalen und fast senkrecht in der Höhe führenden Aufstieg, und der Wehrgang, von dem noch Bruchstücke an der Innenseite der Mauer stehengeblieben waren, war so angelegt, daß er auch zum Innenhof hin Schutz bot, als hätten seine Erbauer damit gerechnet, daß ein Feind das Tor stürmen und in den Hof eindringen könne.
    Eine perfekte Falle.
    Und trotzdem wußte Skar, daß es nicht funktionieren würde.
    Das Geräusch von Schritten drang in seine Gedanken. Er wandte sich um und erkannte El-tra, der ihm gefolgt war und jetzt stehenblieb. Der Sumpfmann ging langsam, schleppend und vornübergebeugt wie ein alter Mann. Seine Gestalt schien zu flackern. »Du solltest hineingehen und dich ausruhen, Bruder«, murmelte der Sumpfmann. Selbst seine Stimme klang flach, kraftlos. »Du wirst morgen all deine Kräfte brauchen.«
    Skar rang sich mit Mühe ein Lächeln ab. »Ihr nicht?«
    »Es ist noch Zeit«, erwiderte El-tra. »Die Soldaten können nicht vor Sonnenaufgang hier sein. Der Weg, den sie nahmen, war weiter als der, den wir gekommen sind. Und anstrengender. Sie werden so erschöpft sein wie wir.«
    Skar antwortete nicht gleich. Vor seinem geistigen Augen entstand das Bild eines drei Meter hohen, stachelbewehrten Hornkolosses mit Äxten statt Händen und der Kraft eines Bantas. »Wir werden Wachen aufstellen müssen«, sagte er matt. Er wankte.
    Jetzt, nachdem er aus dem Sattel war und die Anspannung allmählich von ihm abzufallen begann, schlug die Erschöpfung mit aller Kraft zu. »Und die Spuren beseitigen.«
    El-tra machte eine Geste zum Himmel. »Er wird schneien, sobald die Sonne untergegangen ist. Niemand wird merken, daß wir hier sind. Nicht, bevor es zu spät ist.«
    Skar hätte El-tras Optimismus gerne geteilt, aber er konnte es nicht. Vela war kein normaler Gegner.
    »Und was, wenn sie nicht hierherkommt?« fragte er. »Wenn sie weiterzieht und versucht, einen anderen Weg durch die Berge zu finden?«
    »Es gibt keinen«, sagte Eltra. »So wenig, wie es ein Zurück gibt.
    Sie wird kommen, Skar.«
    Ja, dachte Skar dumpf. Und sei es nur, weil sie weiß, daß wir auf sie warten. Aber das sprach er nicht laut aus.
    G owenna weckte ihn, als die Sonne aufging.
    Das Erwachen war schwierig, ein mühsamer Kampf gegen Müdigkeit und Erschöpfung, die sich in seine Muskeln gekrampft hatten, aber auch wieder nicht so schwer, wie er erwartet hatte.
    Er setzte sich auf, stützte die Ellbogen auf die Knie und verbarg für einen Moment das Gesicht in den Handflächen. Um ihn herum waren Geräusche: Schritte, das Klirren von Metall, das unruhige Wiehern von Pferden, denen das Eingesperrtsein in dem steinernen Gewölbe mit seiner Kälte und seinen Geräuschen Furcht bereitete. Von irgendwoher wehten Wärme und ein schwa-
    cher Geruch nach Essen zu ihm.
    »Wirst du von selbst wach, großer Krieger, oder soll ich einen Eimer Wasser holen?« fragte Gowenna. Ihre Stimme klang ungeduldig, aber auch amüsiert. Skar nahm die Hände herunter, sah sie einen Moment lang aus müden, verschleierten Augen an, gähnte ungeniert. »Eine vorgewärmte Decke und ein kräftiges Frühstück wären mir lieber«, erklärte er. »Aber damit kannst du nicht dienen, fürchte ich.«
    Gowenna lächelte flüchtig. Skar fand, daß sie an diesem Morgen schöner war als zuvor; die Erschöpfung hatte das, was von ihren Zügen übrig war, gezeichnet, aber sie wirkte gleichzeitig auch entspannt, beinahe gelöst. Vielleicht weil die Zeit des Wartens und der Ungewißheit vorbei war und die Entscheidung jetzt fallen würde. »Du wirst mit dem vorlieb nehmen müssen, was wir
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