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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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monotones, seltsam gleichmäßiges Geräusch, fast wie der Takt einer Melodie. Für einen Moment fragte sich Skar, ob er all das wirklich erlebt oder nur geträumt hatte. Aber schon El-tras nächste Worte bewiesen ihm, daß es nur zu wahr gewesen war.
    »Du weißt jetzt alles«, sagte der Sumpfmann. »Mehr als je ein Mann eures Volkes von dir erfahren hat, mehr, als Vela oder Gowenna auch nur ahnen. Es ist eine schwere Last, die du auf dich genommen hast, Skar.«
    »Ich ... werde schweigen«, antwortete Skar stockend, obwohl er wußte, wie überflüssig diese Worte waren. Cosh hätte nicht mit ihm geredet, hätte er seine Antwort nicht schon vorher gewußt. »Meine Brüder sind bereit, aufzubrechen«, fuhr El-tra fort.
    »Du hast noch Zeit, dich zu entscheiden. Ich weiß, daß du dir die Schuld an dem gibst, was geschehen ist. Aber ganz egal, wie es wirklich war — es ist nicht mehr dein Kampf. Du kannst gehen. Wohin du willst.«
    Skar schüttelte den Kopf. »Ich begleite euch«, sagte er mit fester Stimme.
    Plötzlich hatte er das Bedürfnis zu schreien. Aber natürlich tat er es nicht.

S ie trafen am nächsten Tag nicht auf Velas Streitmacht; wohl aber auf ihre Spuren. El-tra und er hatten die kleine Heerschar angeführt, die zwei Stunden nach Mitternacht die Lichtung im Herzen Coshs verlassen hatte: sechsundvierzig Reiter, Gowenna und Skar mitgezählt. Ein erbärmlicher Haufen, bedachte man den Gegner, gegen den sie zogen, und doch eine ungeheure Streitmacht, wußte man, was Skar in dieser Nacht erfahren hatte.
    Gowenna hatte kein weiteres Wort mehr mit ihm gewechselt, und er war froh darüber gewesen. Sie und der Bruder El-tras hatten sich ans Ende der Kolonne gesetzt, so wie Skar die kleine Heerschar anführte, aber es waren nicht nur die zweihundert Schritte Entfernung, die sie trennten. Was in Combat und Tuan geschehen war, hatte sie zusammengeführt, doch nur für kurze Zeit. Skar spürte, daß sie sich trennen würden, ganz egal, wie die Begegnung mit Vela ausging, einfach so, weil es richtig und die einzige Möglichkeit war. Und obwohl seine Furcht vor einer erneuten Begegnung mit Vela und Del mit jedem Schritt, den sie weiter nach Norden ritten, wuchs, sehnte er den Augenblick beinahe herbei.
    Die Sonne ging auf, als sie auf die Spur der Errish stießen: eine gewaltige, mehr als fünfzig Fuß breite Bresche, die der Drachen und die gepanzerten Reiter in den Wald gebrochen hatten. Wie ein gewaltiger Riß schnitt sie, von Norden kommend und in sanftem, kaum wahrnehmbarem Bogen nach Südwesten abbiegend, durch den Dschungel, Bäume, Unterholz und Gras zermalmt habend, als wäre ein Felsbrocken durch den Wald gebrochen und hätte alles Lebende niedergewalzt. Zurückgeblieben waren Schmutz und Morast und die breiten, tiefen Spuren der Drachenfüße, flankiert von einer gewaltigen Allee geborstener, mit brutaler Gewalt zur Seite geschobener und geknickter Bäume.
    Keiner der Sumpfleute sprach auch nur ein Wort, während sie am Rand der gewaltigen Spur standen und die sinnlose Zerstörung betrachteten, aber Skar glaubte zu spüren, was in ihnen vorging. Vielleicht war es so, wie El-tra immer wieder behauptet hatte: Er hatte nicht nur gegeben, er hatte auch empfangen. Er fühlte den Zorn, die kalte, entschlossene Wut, die von den Sumpfmännern Besitz ergriff, spürte, wie sich in ihrem Verhalten etwas änderte, wie Entschlossenheit zuerst Verzweiflung und ohnmächtige Wut, schließlich Haß und dem kalten, berechnenden Willen zum Töten Platz machte. Es war nicht der Zorn von vierzig Individuen, den er spürte, sondern der lautlose Aufschrei Coshs, dieses Wesens aus Grün und Blättern und Sumpf — Leben, Leben vielleicht in der reinsten Form, die es jemals gegeben hatte. Für einen kurzen Moment fühlte er sich an das Volk von Cearn erinnert, an diese Menschen, die in und mit ihrem Wald, der zugleich ihr ganzes Universum darstellte, lebte, aber dieser Vergleich stimmte nicht. Vela hatte nicht allein ihren Lebensraum zerstört, sie hatte einen Teil von ihnen getötet, sie verletzt. Und sie würde dafür bezahlen. El-tra hatte recht gehabt; dies war nicht mehr sein Kampf. Skar löste sich mit einem Ruck aus seiner Erstarrung, zwang sein Pferd herum und ritt ans Ende der Kolonne, zu Gowenna. Sie saß wie die Sumpfmänner aufrecht im Sattel und starrte mit steinernem Gesicht auf die Bahn der Zerstörung hinaus. Vielleicht ahnte sie den Zorn der Sumpfleute, aber Skar bezweifelte, daß sie ihn wie er spürte. Als
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