Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
und untergegangen, doch sie waren weitergeritten, nicht sehr schnell, aber stetig und ohne die kleinste Rast, die Nacht hindurch und bis weit in den nächsten Morgen hinein. Erst als die Sonne schon fast wieder im Zenit gestanden hatte, hatten sie eine kurze Rast eingelegt; nicht einmal eine Stunde, um die Pferde zu tränken und ihren verspannten Muskeln ein wenig Bewegung zu gönnen. Danach waren sie weitergezogen. Skar erinnerte sich an den zweiten Tag ihres Rittes nur undeutlich. Er war ein paarmal vor Erschöpfung im Sattel eingeschlafen und schließlich in eine Art Dämmerzustand irgendwo zwischen Schlaf und Wachsein verfallen; starr, die Linke um den Zügel und die Rechte um den Sattelknauf gekrallt, unfähig, eines von beiden loszulassen. Irgendwann war wieder die Sonne untergegangen, und spät in der Nacht hatten sie eine weitere Rast eingelegt. Er hatte geschlafen und war nach wenigen Stunden so steif und verkrampft erwacht, daß El-tra ihn halb auf den Rücken seines Pferdes heben mußte, als sie weiterritten.
    Als die Sonne das nächste Mal aufging, erreichten sie den Besh. Der gewaltige, mehr als eine Meile breite Fluß, den Skar kannte, war hier oben nur ein kaum knietiefes, träge dahinfließendes Rinnsal voller Schlamm und zerborstener Eisschollen, nicht einmal zweihundert Fuß breit und mit kränklichem Schilf und Wasserpflanzen durchsetzt. Vom Wasser stieg ein eisiger, unsichtbarer Hauch zu ihnen empor, und der Winter begrüßte sie mit beißender Kälte, als sie den Schutz des Waldes verließen und Richtung auf die Berge nahmen. Der Weg wurde steiniger, und mit jeder Meile wichen der Wald und der Sumpf ein Stück weiter vom Flußufer zurück, bis sie nicht mehr als ein dünner, dunkelgrüner Streifen zu ihrer Rechten waren, der schließlich hinter den ersten Felszacken des Vorgebirges verschwand. Es gab keinen festen, markierten Weg, nicht einmal so etwas wie einen Trampelpfad; nur Schnee und Steine und glitzerndes Eis, unter dem sich oftmals tückisch lockeres Geröll oder Spalten verbargen, die jäh und warnungslos vor ihnen aufklafften. Irgendwie kamen sie aber doch voran, schlängelten sich an Felsen und geröllübersäten Überhängen vorbei und drangen tiefer in das Gebirge ein.
    Die beißende Kälte vertrieb Skars Müdigkeit für eine Weile, aber in ihrem Gefolge kamen Erschöpfung und Schmerzen und schließlich doch auch wieder Müdigkeit, schlimmer als zuvor.
    Als sie das Kastell endlich erreichten, hätte Skar beinahe nicht einmal bemerkt, daß sie ein künstliches Bauwerk vor sich hatten. Es war eine Ruine, wie El-tra gesagt haue: grau und gewaltig wie die Felsen, die es umgaben, mit Mauern, die wie zerborstene Reihen grobknochiger Fäuste aus dem Stein geschlagen waren, ein Bauwerk, das Gewalt ausstrahlte wie die Berge Kälte und Tod, von einem längst vergangenen Baumeister so perfekt in seine Umgebung eingepaßt, als wäre es gewachsen, nicht gemacht. Wie ein gewaltiges sterbendes Tier lag es zwischen den senkrechten Felswänden des Massivs eingebettet, zerstört und geschleift, aber noch immer gigantisch, ein Monstrum mit hundert Fuß hohen Mauern, die zinnenbewehrt und bizarr wie schwarze Hände nach den tiefhängenden Wolken zu krallen schienen. Es hätte El-tras Erklärung nicht bedurft, um Skar zu sagen, daß es die Sumpfleute gewesen waren, die dieses Bauwerk errichtet hatten.
    Der Weg schlängelte sich in zahllosen, scheinbar willkürlichen Kehren und Windungen am Fuß der zerbrochenen Mauer entlang. Es gab ein Tor, einen gewaltigen, bogenförmigen Durchgang, der einmal breit genug gewesen war, eine Armee hindurchzulassen, jetzt jedoch von heruntergestürzten Steinen und Schutt und Schnee bis auf einen schmalen Weg verschüttet war. Dahinter lauerten Dunkelheit und wogendes Grau. Langsam und hintereinander ritten sie hindurch, auch die Männer Coshs jetzt sichtlich erschöpft und am Ende ihrer Kräfte. Es bereitete Skar ein kurzes, kindisches Gefühl der Befriedigung, zu sehen, daß sich auch einige von ihnen nur mehr mit Mühe im Sattel hielten.
    Er war der letzte, der durch den halb verschütteten Eingang ritt. Der Innenhof der Festung war klein, kleiner, als er erwartet hatte - ein langgestrecktes Trapez von hundert mal dreißig Fuß, übersät mit zerborstenen Steinen, Schutt und Unrat. Die gewaltigen Mauern hatten den Schnee ferngehalten, nur hier und da gewahrte Skar kleine, weiße Nester glitzernder Kälte, und aus den Ritzen und Spalten der Wände wucherte kärgliches
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher