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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hängen.
    »Del?« flüsterte sie.
    Skar nickte. Er wollte etwas sagen, irgend etwas, sinnlose Worte, nur, um nicht länger reglos dazustehen und Gefangener der Qual zu sein, die das Vakuum in seinen Gedanken langsam auszufüllen begann, aber es ging nicht. Die Sumpfmänner begannen aus den Sätteln zu steigen und die Toten zu untersuchen. El-tra und sein Bruder eilten an Skar vorbei und knieten neben Dels Leichnam nieder; er konnte nicht erkennen, was sie taten. Es interessierte ihn auch nicht. Er spürte nicht einmal, daß Gowenna ihn ansprach. Erst als sie ihn am Arm faßte und ihn schüttelte, wandte er müde den Kopf und sah zu ihr hinauf.
    »Es tut mir leid, Skar«, sagte sie leise. »Wir ... sollten zurückreiten zum Kastell. Du kannst hier nichts mehr tun.«
    Skar sah noch einmal zu Del hinüber. Die beiden Sumpfmänner knieten rechts und links von ihm im Schnee, ihre Hände lagen flach auf Gesicht und Brust des toten Satai. Dann wandte er sich mit einem Ruck um und sprang neben Gowenna in den Sattel.
    Aber er ritt noch nicht los. Sein Blick glitt über den Fluß, bohrte sich in den grauweißen Nebel, der das jenseitige Ufer verschleierte, und als hätte die Natur auf dieses Zeichen von ihm gewartet, fauchte eine Windbö heran und riß die wehenden Schleier auseinander.
    Am jenseitigen Ufer des Flusses stand ein Wolf, ein gewaltiges, schwarzes Tier aus gemeißeltem Granit und erstarrten Flammen, so groß wie ein Kalb und schwarz wie die Hölle. Er regte sich nicht, sondern stand einfach da und sah ihn an, und das einzige Leben an ihm war das Lohen in seinen Augen.
    Der Vorhang aus Nebel und sprühendem Dunst schloß sich wieder, so rasch, daß Skar sicher war, der einzige gewesen zu sein, der das Tier gesehen hatte. Aber er wußte jetzt, daß es da war, dort drüben, nicht einmal eine Pfeilschußweite entfernt, unsichtbar und lautlos, so, wie es ihn die ganze Zeit über begleitet hatte: Combats Fluch und Wächter, der Hüter des Steines, Wächter, Bewahrer und Vollstrecker in einem. Und Skar wußte ebenso, daß dieses Wesen nicht eher ruhen würde, bis der Frevel, der an der Heiligen Stadt begangen worden war, gesühnt war. »Warum tötest du mich nicht?« flüsterte er. Aber er wußte die Antwort im gleichen Moment, in dem er die Worte aussprach.
    Gowenna sah ihn irritiert an. »Was meinst du?«
    Skar schüttelte hastig den Kopf. »Nichts«, murmelte er. »Ich habe nur laut gedacht. Vergiß es.« Er zwang sein Pferd herum, preßte ihm die Schenkel in die Flanken und ritt an Gowennas Seite los. Sein Blick glitt nach Norden, dorthin, wo sich hinter den grauen Felsen des Schattengebirges Elay verbarg. Elay, das Land der Ehrwürdigen Frauen und der Drachen — das Land und die Stadt, die Velas Ziel waren. Er wußte, daß sie noch lebte. Er wußte, daß sie auf ihn warten würde, und diesmal, dachte er entschlossen, diesmal würde er sie nicht warten lassen.
    Sie sollte erfahren, was es hieß, die Rache eines Satai herauszufordern.
    ENDE
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