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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes
Autoren: Ingrid Strobl
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fuhr zum Haupteingang der Messe und hielt auf der Taxispur. Er zog seine Brieftasche und hielt mir die Scheine hin. Ich nahm sie nicht. Er nickte mir noch einmal zu und stieg aus. Ohne sich umzudrehen ging er über die Straße und verschwand in der Menschenmenge.
    * * *
    Der Bulle hing in seinem Drehstuhl und hielt den Telefonhörer mit der Schulter ans Ohr geklemmt, während er mit beiden Händen zum fünfzehnten Mal meine Papiere durchblätterte.
    »Kant von Eschenbach, Tiberius Josephus, genau«, sagte er in den Hörer. »Ausweis, Lizenz, alles in Ordnung. Waffenschein auch. Ja …« Er sah mich missmutig-zweifelnd an. »Schwer zu sagen … Kann sein … Moment.« Er reichte mir den Hörer. »Der Kollege aus Düsseldorf möchte mit Ihnen sprechen.«
    Ich meldete mich und hielt den Hörer dabei etwas vom Ohr weg.
    » KANT !«, brüllte Hauptkommissar Fahrenbach. »Was ist das wieder für eine gottverdammte Scheißgeschichte?«
    »Glauben Sie wirklich, ich würde mir so einen Quatsch ausdenken , Fahrenbach? Der Mann ist mit gezogener Waffe in mein Auto gesprungen, das ist mehr oder weniger die ganze Story. Ich hab ihn nach Frankfurt gefahren, er ist ausgestiegen, und ich habe mich sofort bei Ihren Kollegen gemeldet. Was hätte ich sonst tun sollen?«
    »Erzählen Sie keinen Blödsinn! Sie haben doch vor dem Haus auf ihn gewartet!«
    »Ich war in einer andern Sache da. Zufällig.«
    »Wenn das stimmt, warum haben Sie ihn dann nicht hopp genommen? Wolter ist doch ein Schlappschwanz! Mit dem wären Sie mit links fertig geworden!«
    »Warum soll ich mich mit einem Bewaffneten anlegen, nur weil der nach Frankfurt gefahren werden will? Das wäre doch eher Ihr Job, Fahrenbach, oder? Für mich würde ich das ein unnötiges Risiko nennen.«
    »Unnötig! Er ist ein verdammter Mörder, Kant! Ich habe hier eine Leiche ohne Hinterkopf, und Sie lassen den einfach laufen!
    »Wolter war es nicht«, sagte ich.
    »Woher wollen Sie das denn wissen?«
    »Er hat’s mir gesagt. Der Mann war schon tot, als Wolter in das Büro kam.«
    »Verarschen Sie mich nicht, Kant! Wolter hat ein Motiv. Er hat dem Opfer mehrfach gedroht – vor Zeugen. Er hatte eine Waffe dabei. Und Sie glauben ihm einfach, dass er’s nicht war!«
    »Sie haben es doch selbst gesagt, Fahrenbach. Wolter ist ein Schlappschwanz. Der Mann war fertig. Er hätte mich nicht belügen können, wenn er’s versucht hätte.«
    Fahrenbach schnaufte in den Hörer. »Bewegen Sie Ihren Arsch hierher, Kant. Zügig. Ich warte auf Sie.« Er legte auf.
    »Sie scheinen ja ein alter Bekannter zu sein«, sagte der Bulle.
    »Kann man so sagen.« Ich reichte ihm den Hörer. »Aber es gibt noch keine Akte über mich.«
    »Kann ganz schnell kommen.«
    Ich stand auf und ging zur Tür.
    »›Auf Wiedersehen‹ sage ich lieber nicht«, sagte ich freundlich.
    »Dann passen Sie mal gut auf.« Er nickte mir zu. Ich trat auf den trostlosen Behördengang und machte mich auf die Suche nach einem Ausgang zum Parkplatz.
    * * *
    Fahrenbachs letzte Diät hatte so wenig angeschlagen wie ihre Vorgängerinnen. Er füllte seinen Bürostuhl vollständig aus. Seine winzigen, blassen Augen verschwanden fast hinter dem Speck auf seinen Jochbeinen. Er sah mich wütend an, nachdem ich mich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch gesetzt hatte.
    »Also?«, schnaufte er.
    »Ich kann Ihnen nicht mehr erzählen als am Telefon, Fahrenbach.«
    »Was für eine Waffe hatte er?«
    »Eine 38er-Colt Halbautomatik. Passt das?«
    »Nein«, brummte er. »Für das Loch hat es schon eine 44er gebraucht.« Mit einem karierten Taschentuch wischte er den Schweiß von Stirn und Nacken.
    »Ich kann eine Parabellum von einer Magnum unterscheiden. Zumindest aus zwanzig Zentimetern Entfernung«, sagte ich.
    »Jaja. Ich weiß.«
    »Haben Sie einen Kaffee für mich?«
    Er drückte einen Knopf auf seinem futuristischen Telefon. »Können wir Kaffee kriegen?«, brüllte er den Apparat an. Aus dem Lautsprecher kam ein unverständliches Krächzen, das er mit einem befriedigten Nicken quittierte. Er sah auf seine Armbanduhr. »Eigentlich zu spät für Kaffee. Aber ich komme heute sowieso erst nach Mitternacht ins Bett.«
    »Erzählen Sie mir was über das Opfer«, sagte ich.
    »Yves Schwarzenberger. Siebenunddreißig. Anlageberater, Lobbyist im Landtag, Makler von allem, was Geld bringt, vor allem von Kunst. Sein Name tauchte ständig in irgendwelchen Ermittlungsakten vom OK oder RD auf, aber nicht der Schatten eines Hauches eines
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