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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes
Autoren: Ingrid Strobl
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einen abgehalfterten Loddel mit schwachen Nerven und starken Problemen im Auto.
    Wolter sah mich an und blies mir Rauch in die Augen. »Was für einen Job kriegt man von einer Freifrau, für den man ‘ne Knarre braucht?«
    »Die hab ich immer dabei, wenn ich arbeite. Alte Gewohnheit.«
    »Was bist du für einer?«
    Ich öffnete die Mittelkonsole und nahm eine Visitenkarte heraus.
    »Ein Privatschnüffler, na so was. Jo Kant? Was ist das denn für ein Name? Für was steht Jo?«
    Der Stau vor mir begann sich aufzulösen, und ich gab Gas. »Für was steht Egon?«, fragte ich.
    Er hustete unfreundlich. »Wie wär’s, wenn ich dich bezahle? Was kostest du?«
    »Für Sie drei Tausender am Tag. Plus Spesen.«
    »Euro?«
    »Nee, Ostmark. Klar, Euro, was denken Sie denn?«
    »Du hast’se wohl nicht alle, Schwachkopf! Ich geb dir zweihundertfünfzig, und zwar all inclusive !«
    »Dann vergessen Sie’s, Wolter.«
    Er machte »Pfffh« und sah aus dem Fenster. Ich fuhr die Auffahrt zur A 1 hoch.
    »Was wollen Sie denn in Frankfurt?«, fragte ich.
    »Ich hab da Freunde. In Düsseldorf muss ich mich erst mal unsichtbar machen.« Wieder quälte er einen verzweifelten Raucherhusten heraus. »Warum bist du so teuer, Jo?«
    »Das ist mein Satz. Ich koste normalerweise siebenhundertfünfzig. Plus dasselbe, wenn’s nicht koscher ist. Davon das Doppelte, wenn geschossen wird.«
    »Und wer bezahlt das?«
    »Leute, die es nötig haben. Und die es sich leisten können, Herr Wolter.«
    Er verfiel in düsteres Schweigen, während ich mich in die Schlange auf der Spur Richtung Frankfurt drängelte. Erst irgendwo im Siebengebirge fand er seine Stimme wieder.
    »Wirst du mich verpfeifen, Jo?«, fragte er.
    »Verpfeifen ist nicht meine Art. Aber was erwarten Sie von mir? Sie entführen mich, und ich soll brav die Klappe halten?«
    »Hum.« Er zog seine Brieftasche und zählte die Scheine darin. »Ich hab dreihundert hier drin. Reicht das bis Frankfurt?«
    »Dreihundert! Ich kriege Ärger bis über beide Achseln, wenn ich Sie laufen lasse. Die Bullen werden eine Menge Fragen stellen.«
    Das stimmte, aber das würden sie auch ohne die Dreihundert. Auf das Geld kam es nicht an. Es kam darauf an, ob ich ihm glaubte.
    »Vergessen Sie das Geld«, sagte ich. »Geben Sie mir einfach meine Kanone wieder, und ich fahr Sie hin.«
    Er starrte mir in die Augen und versuchte einen abgebrühten Blick, aber selbst ein Sozialpädagogikstudent hätte gemerkt, dass er Angst hatte. Er zog meine Kimber am Lauf aus der Tasche und hielt sie mir hin. Ich steckte sie ein, und er sank mit einem entkräfteten Stöhnen in seinen Sitz zurück.
    »Halt mal an der Raststätte da, ich brauch Zigaretten«, sagte er heiser.
    Ich hielt an der Super-Zapfsäule. Er öffnete halb die Tür und sah mich an. Sein breites Kinn mahlte hin und her.
    »Lass mich nicht hängen, Mann«, sagte er.
    Ich wies auf meine Achselhöhle. »Sie haben sich schon entschieden, mir zu vertrauen.«
    Er nickte und stieg aus. »Willst du auch irgendwas?«, fragte er noch. Als ich abwinkte, ging er langsam auf den Kassenraum zu. Sein Gang wirkte unsicher.
    Ich tankte voll und folgte ihm. Ich erreichte die Kasse, gerade als er eine Kreditkarte zückte. Ich stellte mich neben ihn und hielt seine Hand fest.
    »Tun Sie mir einen Gefallen und zahlen Sie bar«, sagte ich leise.
    Er sah mich fragend an, schließlich hob er die Schultern, zahlte und folgte mir hinaus.
    »Ich werde den Bullen ein paar Sachen erklären müssen, wenn ich Sie abgesetzt habe, Wolter. Und je weniger das sind, umso besser für uns beide.«
    »Den Bullen? Du lässt mich also doch hängen?«
    »Nein. Aber überlegen Sie doch mal. Mein Wagen ist nicht gerade unauffällig, und das Kennzeichen ist vielleicht notiert worden. Die suchen wahrscheinlich nach mir. Haben Sie übrigens ein Handy dabei?«
    »Ja. Klar.«
    »Schalten Sie es ab. Sie werden es sonst anpeilen.«
    Er sah das Gerät zweifelnd an, doch er schaltete es aus. Wir stiegen in den Wagen, und ich fuhr los.
    »Ich werde Sie in Frankfurt an einem belebten Platz absetzen, und Sie verschwinden einfach. Ich muss dann sofort zu den Bullen, wenn ich meine Lizenz behalten will. Und ich muss denen eine gute Geschichte erzählen. Zum Beispiel, dass Sie mich gezwungen haben, Sie herzubringen. Das stimmt zwar, aber das heißt noch lange nicht, dass die mir auch glauben.«
    Er sagte nichts mehr. Je näher wir Frankfurt kamen, umso grauer wurde er im Gesicht. Er rauchte ununterbrochen.
    Ich
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