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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes
Autoren: Ingrid Strobl
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hat, was für ein Ding diese Kinderhilfsorganisation des alten van Maarsen in Kambodscha war, ist er sofort aus dem Vorstand ausgetreten. Und als er dann später auch noch gerafft hat, was im Keller seines Hauses abging, wollte er sich scheiden lassen und die ganze Mischpoche anzeigen. Schreibt er zumindest in dem Brief. Dann hat er aber doch lieber Kameras angebracht und Völcker samt Schwesterchen mit den Aufnahmen erpresst. Er nennt das: ›Ich ließ sie meine Forschungsarbeit finanzieren.‹«
    »Und wer hat Frau Grimme umgebracht?«
    »Ich nehme an, Völcker, ihr liebes Brüderlein. Der war garantiert schon schwer beunruhigt, als Marco abgehauen ist und Richter ihn nicht sofort finden und ihm apportieren konnte. Und dann ist die Grimme möglicherweise durchgedreht, weil sie dachte, jetzt fliegt alles auf, sie inklusive. Und dann hat Völcker die Nerven verloren. Ihr Tod sieht nicht nach einem geplanten Mord aus, sondern eher nach einer Affekttat. Zumindest der erste Stich. Und die anderen Stiche hat er ihr verpasst, um den Verdacht auf Marco zu lenken.«
    Tina stand auf und ging hinüber zum Fenster. Ich ahnte, jetzt kam noch etwas. Sie blieb eine Weile schweigend mit dem Rücken zu mir stehen und sah hinunter in den Hof. Oder wohin auch immer. Dann drehte sie sich um.
    »Katja … Marco ist erstickt. In seiner Speiseröhre und in seiner Luftröhre wurde bei der Obduktion Sperma gefunden. Völckers Sperma.«
    Wir fuhren hinunter an den Rhein. Fanden eine Parklücke auf dem Theodor-Heuss-Ring. Gingen Richtung Niehler Hafen. Irgendwann setzten wir uns erschöpft auf eine Parkbank.
    »Woher weißt du, dass es Völckers Sperma ist?«, fragte ich. »So eine DNA -Untersuchung dauert doch.«
    »Ich kenne einen der Rechtsmediziner. Der hat mir schon mal geholfen. Auf – äh – dem kleinen Dienstweg.« Sie lächelte versonnen. »Er ist schwul. Bekennender Schwuler. Was vermutlich auch nicht einfach für ihn ist in dem Job. Jedenfalls hab ich ihm von dem Fall erzählt. Von meinen Vermutungen. Und dass mir die Hände gebunden sind, weil Völcker uns behindert und Alex gezielt wegen seiner Homosexualität mobbt. Und dass Völcker Marco unterstellt, er habe als Stricher gearbeitet. Daraufhin ist er, also mein Freund bei der Rechtsmedizin, erst mal hochgegangen. ›Und wenn?‹, hat er gemeint. ›Darf man einen Stricher misshandeln und umbringen?‹« Tina sah mich beschämt an. »Da hat er ja völlig recht. Darf man natürlich nicht. Und dann wollte er wissen, wie er mir helfen könnte.«
    Ich begann langsam zu ahnen, worauf diese Geschichte hinauslief. Und leistete Tina jetzt schon innerlich Abbitte.
    »Also«, fuhr sie fort, »bin ich mit irgendeiner Ausrede bei Völcker vorstellig geworden. Und habe ihm einen Becher Kaffee mitgebracht. Das hat den noch nicht mal erstaunt, das ist einer, der denkt, alle anderen sind nur dazu da, ihn zu bedienen. Ja, und nachdem er daraus getrunken hat, habe ich den Becher meinem Rechtsmediziner gebracht. Die Gewebeprobe von Marco konnte er sich selber besorgen, er sitzt ja an der Quelle.« Sie strich mit der Hand über die Bank und wischte sich anschließend den Schmutz an der Hose ab. »Das Ergebnis habe ich heute früh bekommen. Und jetzt wird halt der offizielle Abgleich nachgeholt.«
    Ich schwieg lange. Dann murmelte ich: »Ich hab dir unrecht getan. Es tut mir leid. Wirklich leid.«
    »Du konntest es ja nicht wissen, Katja. Und ich konnte dir nichts davon sagen.« Sie sah mich an und fügte mit einem schiefen Lächeln hinzu: »Ganz trauen wir uns offenbar gegenseitig nicht.«
    »Das kann sich ja noch ändern.«
    »Wohl wahr.«
    Auf dem Rückweg erzählte Tina, dass sie Völckers Haus leer vorgefunden hatten. »Seinen Pass hat er dagelassen, offenbar hat er noch einen anderen. Wir gehen davon aus, dass er sich nach Südostasien abgesetzt hat. Zu seinem Erzeuger. Interpool ist benachrichtigt.«
    »Aber?«
    »Aber es wäre schon großes Glück, wenn wir ihn noch kriegen würden. Nikki sagt, sie haben aktuell drei Deutsche auf der Liste, die sie wegen Sexualverbrechen an kleinen Kindern suchen. Sie wissen , dass die sich in Kambodscha aufhalten. Aber sie kommen nicht an sie ran.«
    Als Tina vor meiner Haustür hielt, kamen uns Hotte, Chantal und Sunny entgegen. Tina stieg aus, um sie zu begrüßen und Sunny zu bewundern.
    »Ich kann auf die Peter-Ustinov-Realschule gehen!«, verkündete Chantal.
    »Und danach kannst du direkt bei uns anfangen«, schlug Tina vor. »Möchtest du
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