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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes
Autoren: Ingrid Strobl
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Hauptschlagzeile. Und darunter: »Jetzt auch noch der Ehemann!«
    Vor Verblüffung gab ich Stefan weder den verdienten Kuss, noch wünschte ich ihm einen schönen Morgen. Ich riss ihm die Zeitung aus der Hand und suchte nach dem Artikel. Ein Jogger, erfuhr ich, hatte den Leichnam von Hans Grimme im Stadtwald gefunden. »Es war eine regelrechte Hinrichtung«, hatte ein Polizeikommissar der Presse erklärt. Ich reichte das Blatt an Hertha weiter und nahm Stefan in den Arm.
    »Ich liebe dich«, flüsterte ich. »Ich liebe dich mehr, als du ahnst. Und vor allem mehr, als ich zu erkennen gebe.« Dann drückte ich mein Gesicht an sein T-Shirt und sagte gar nichts mehr. Stefan hielt mich fest und küsste mein Haar.
    »Wenn ihr fertig seid, würde ich gerne frühstücken«, rief Hertha vom Tisch her.
    Stefan begrüßte sie, und ich ging widerwillig ans Telefon. Es war Mary.
    »Katja«, legte sie los, bevor ich noch guten Tag sagen konnte, »ich war gestern Abend am Telefon sehr hart zu Chantal, ich habe alles ganz falsch gemacht! Kannst du ihr sagen, ich würde mich sehr freuen, wenn sie heute Nachmittag zum Training kommt? So gegen halb sechs, sechs Uhr? Und kannst du ihr ausrichten, sie hat sich ansonsten perfekt verhalten? She was great! «
    »Was hast du denn mit ihr gemacht?«, fragte ich alarmiert.
    »Ach, Katja, sie hat mir alles so stolz erzählt, und sie hatte recht, stolz zu sein! Aber dann hat sie noch gesagt, sie hat den Mann, als er schon gefesselt war, in die Eier getreten. Und da habe ich ihr erklärt, so etwas tut man nicht, wenn man Kampfsport macht. Das ist unwürdig. Sagt man so? Und sie war so enttäuscht. Sie hat gesagt: ›Ja, okay‹, und hat eingehängt. Und dann ist sie nicht mehr drangegangen. Mir tut das so leid, Katja! Du musst ihr sagen, ich bin sehr beeindruckt von ihr!«
    Ich versprach ihr, Chantal das alles auszurichten. Hoffte inständig, diese nicht nur schrecklich tapfere, sondern auch schrecklich verletzte Zwölfjährige würde zu allem anderen nun auch noch den Rüffel ihrer verehrten Lehrerin verkraften.
    Auf dem Tisch lagen frische Brötchen, Croissants, Marmelade, Honig und jede Menge Käse. Stefan und Hertha hatten schon mit dem Frühstück angefangen, ich schenkte mir Tee ein, bestrich mir ein Croissant dick mit Marmelade, schlang es hinunter, und dann legte ich los.
    »Siehste«, sagte Hertha, als ich fertig war, »So sinse. Und der Oberverbrecher ist der Staatsanwalt, das riech ich. Und dem fährt keiner an ‘n Karren.«
    »Doch, Hertha«, wandte ich ein, »die Tina wohl. Die braucht bloß noch eindeutige Beweise.«
    »Bis dahin ist der jwd. Glaub mir, Mädchen. Den kriegen die nicht.«
    Nach dem Frühstück setzte ich mich an den PC und versuchte, mein Material zu sortieren. Schrieb eine Mail, in der ich die gestrigen Ereignisse in Kurzfassung schilderte, und schickte sie an Paul, Mary und Ina. Hotte rief an, erklärte, Chantal habe zwölf Stunden durchgeschlafen, jetzt würden sie mit Sunny in den Park gehen …
    »Gib sie mir mal!«, unterbrach ich ihn. Dann erzählte ich Chantal wortwörtlich, was Mary mir gerade gesagt hatte. Sie hörte schweigend zu.
    »Machste das dann? Gehst du heute um halb sechs zu ihr zum Training?«
    Erst bekam ich lange keine Antwort. Dann kam ein sehr leises »Mhm«. Und dann: »Ey, Katja, warte, der Opa will dich noch mal!«
    »Hörma …«, begann Hotte. Pause. »Ich hab da mal ‘ne Frage …« Erneute Pause.
    »Hotte, spuck’s aus!«
    »Ja, der Stefan, meinste, der könnte mit mir und der Chantal mal zum Wohnungsamt gehen? Ich wollte ‘ne größere Wohnung beantragen, weil wir doch jetzt zu zweit sind, und die Kleine hat ja kein Zimmer, ne. Und der Stefan, der kennt da doch sicher Leute?«
    »Stefan sitzt neben mir, Hotte, ich reich dich mal weiter.«
    Ich gab Stefan den Hörer. Wenn die Leute über den Kölner Klüngel reden, dann meinen sie meistens die Vetternwirtschaft zwischen denen, die an der Macht sind oder an die Macht wollen. Egal, ob wirtschaftlich oder politisch. Klüngel funktioniert aber auch weiter unten auf der gesellschaftlichen Stufenleiter.
    »Wer ist denn dein Sachbearbeiter bei der Arge?«, hörte ich Stefan fragen.
    Hertha und ich sahen uns an und grinsten.
    »Hörma«, flüsterte sie, »wenn ich dem Stefan sage, ich bin haschischsüchtig, könnt ich den dann als Betreuer haben?«
    Wir kicherten wie die Schulmädchen.
    Am späten Nachmittag rief Tina Gruber an. »Bist du zu Hause? Dann komme ich jetzt vorbei.«
    Ich
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