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Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Titel: Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
Autoren: Werner Gruber
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Vorwort
    Kochen ist auch Experimentieren. Jedem Gericht auf meiner Speisekarte ging eine Idee voraus, die ich dann, den Gesetzen der Natur folgend, umgesetzt habe. Man könnte jetzt sagen: Kochen ist also Physik. Aber ganz so einfach ist es auch wieder nicht. Denn während Physiker die Natur bis ins kleinste Detail erforschen, versuchen wir Köche, aus all diesen kleinen Details wieder ein neues, großartiges Ganzes zu erschaffen. Es gibt im Grunde nichts, was dem Kochen so nahe steht, als ein Stück lebendige Natur nach seiner Fantasie umzugestalten. Diese Umgestaltung erfordert einen wachen Geist und den Mut, sich über völlig neue Methoden der Kochkunst den Kopf zu zerbrechen.
    So war es auch vor etwa fünf Jahren, als sich Werner Gruber für mein Rinderfilet interessierte. Er wollte wissen, warum dieses Gericht bei mir so vollkommen anders geschmeckt hat als jedes andere Rinderfilet, das er bis dahin gekostet hatte. Sein Interesse ging sogar so weit, dass sich das Technische Museum hochoffiziell für mein Rinderfilet interessierte. Gruber bat, mir bei der Arbeit über die Schulter blicken zu dürfen. Ich experimentierte damals sehr viel mit Garen in der Klarsicht-oder Alufolie. Dabei fand ich heraus, dass Fleisch wunderbar zart wird. Vor allem, wenn es darin eingewickelt in einem köchelnden Wasserbad solange gart, bis eine Kerntemperatur von 55 °C erreicht ist.
    Seit dieser Zeit ist Gruber auch ein Freund unseres Hauses. Uns verbindet beide die Lust, dass wir ständig über die angestammten Grenzen unseres jeweiligen Berufsstandes hinausblicken. Ein Koch hat sich vor etwa zehn Jahren kaum für Physik interessiert. Und ein Physiker hat sich damals nur in den seltensten Fällen Gedanken darüber gemacht, wie seine Forschungsergebnisse beim Kochen eingesetzt werden können. Davon ist übrigens erstaunlicherweise das Service-Personal ausgenommen. Denn da hat die Physik schon länger Tradition. Mein Ehemann Dietmar etwa forderte Gruber gleich bei seinem ersten Besuch in unserem Haus an der Bar mit physikalischen Tricks heraus. Denn Dietmar hat schon vor Jahrzehnten im Saisongeschäft an der Bar unsere Gäste auf diese Weise unterhalten. Von Gruber wollte er wissen, wie man ein Ei, das mit der Spitze nach unten in ein Sektglas gesteckt wird, umdrehen kann, ohne dabei weder das Glas noch das Ei zu berühren. Auch das ist im Grunde kinderleicht. Man muss nur fest in das Glas hineinblasen. Der Luftdruck hebt das Ei und dreht es um. Sollte es nicht gelingen und das Ei geht dabei zu Bruch, dann müssen Sie sich auch nicht ärgern. Schlagen Sie in diesem Buch einfach das Kapitel „Das Spiegelei schlägt zurück“ auf. Dann werden Sie sehen, wie einfach mit Eiern raffinierte Gerichte zubereitet werden können.
    Und sollten Sie sich gefragt haben, warum sich ein Physiker ausgerechnet jetzt mit einem Buch über die Kochkunst meldet, obwohl noch nie so viele Kochbücher wie heute erschienen sind, dann kann ich nur antworten: Gerade deshalb! Denn dieses Buch führt Sie weg von einem Kochprinzip, das ich gerne „Malen nach Zahlen“ nenne. Dieses Prinzip kann zwar helfen, aber es wird Ihre Kreativität nicht anregen. Und Grubers Tipps und Tricks helfen Ihnen garantiert, wenn Sie beim Kochen nicht nur kopieren, sondern auch gestalterisch tätig sein wollen. Oder – um mit den Worten von Voltaire zu sprechen: „Die Bibel erklärt Gott den Kindern. Newton erklärt Gott den Weisen.“ In diesem Sinn: Viel Spaß beim Lesen.
    Johanna Maier

Was hat Kochen mit der höheren Wissenschaft zu tun?
     

    Hypothesen, Theorien und Experimente
    Meist verbindet man mit der Wissenschaft, insbesondere mit der Physik und Chemie, exakte Begriffe und weltumspannende Erklärungen. Die Physik kann erklären, wie das Universum entstanden ist, warum der Himmel blau ist und warum man das Licht sowohl als Teilchen als auch als Welle betrachten kann. Alle Physikerinnen und Physiker rund um den Globus wissen, was Energie oder eine Kraft ist. In den Naturwissenschaften werden allgemein gesprochen sehr exakte Begriffe verwendet. Damit steht die Wissenschaft in einem krassen Widerspruch zur Kochkunst. Manchmal findet man Rezepte, die da lauten könnten: „Man nehme einen Teelöffel davon, rühre dies langsam unter jenes und stelle es bei geringer Hitze auf den Herd ...“
    Für mich als Physiker ergeben sich da ein paar Fragen. Sind alle Teelöffel weltweit gleich groß? Ist der Teelöffel gestrichen oder gehäuft, und gibt es einen Unterschied, ob ich
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