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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes
Autoren: Ingrid Strobl
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gefunden. Leer sozusagen, es war alles gelöscht. Und zwar so, dass wir auch nichts wiederherstellen können.« Jetzt heiterte sich ihr Gesicht zum ersten Mal auf. »Aber das müssen wir auch nicht.«
    Sie hatten in Grimmes rechtem Socken einen Schlüssel zu einem Bankfach gefunden. Und in dem Bankfach einen Brief, adressiert »an die Polizei im Falle meines gewaltsamen Todes«, und drei DVD s mit Hans Grimmes gesammelten Werken. Alle in einem Raum aufgenommen, den sie im Keller des Grimme-Hauses gefunden hatten: Tamaras Vergewaltigung und Ermordung durch Richter, die Grimme zu einem Snuff-Porno zusammengeschnitten hatte. Die Vergewaltigung und Folterung von vier kleinen Jungen, einschließlich Marco. Die drei anderen Jungen sahen asiatisch aus und waren nicht älter als drei oder vier Jahre. Auf zwei der Videos war Völcker allein zugange und trug keine Maske. Auf einem der anderen waren zwei Männer zu erkennen, die nicht identifiziert werden konnten.
    »Aber die kriegen wir noch«, sagte Tina. »Wir haben eine Sonderkommission gebildet.«
    »Und was ist mit dem Arzt, der Sylvies Jungen missbraucht hat? Ist der auf einem der Videos?«
    »Nein«, erwiderte Tina. »Der hat mit dieser Geschichte wohl nichts zu tun. Den knöpft sich jetzt aber Nikki vor, meine Kollegin von der Sitte.«
    Sie hielt inne. Trank einen Schluck Kaffe. »Ich habe Richter die DVD vorgespielt, auf der er mit Tamara zu sehen ist. Bis dahin hat er uns nur das erzählt, was in erster Linie Völcker belastet. Dann habe ich ihm gesagt, ich würde dafür sorgen, dass die DVD im Knast kursiert, wenn er drin ist. Und dass viele von den Männern dort Mädchen wie Tamara haben, die jetzt im Heim sind oder in einer Pflegefamilie, weil ihr Papa im Knast ist.«
    Sie sah mich an. Ich erwiderte ihren Blick.
    »Ich habe so etwas noch nie getan. Wenn es herauskommt, schadet es uns und nützt Richter. Es widerspricht auch meinen eigenen Überzeugungen. Aber ich hab mir das alles angesehen, Katja, diesen ganzen Horror, und dann sitzt mir der Typ gegenüber und hat noch nicht mal einen Funken von Reue. Der ist noch nicht mal verunsichert. Der …« Sie wischte mit der Hand über den Tisch.
    Ich setzte mich wieder zu ihr. Legte kurz meine Hand auf ihre.
    »Und daraufhin hat er alles ausgespuckt. Zwischendurch hat er gedacht, er könnte mich austricksten, dann musste ich ihn wieder dran erinnern, welchen Effekt die DVD auf die Jungs im Knast haben würde. Er hat natürlich versucht, das meiste auf Völcker zu schieben, aber es bleibt doch einiges auch für ihn.«
    Sie lächelte schief und räusperte sich. »Der Brief, den Grimme hinterlassen hat, ist ein elendes wehleidiges Gejammer, du kannst es nicht ertragen. Grimme stammt aus kleinen Verhältnissen, hatte einen tierischen Ehrgeiz, hat es aber zu nichts gebracht. Er wollte zum Beispiel eine Professur, hat sie aber nicht gekriegt. Er war auch kein Archäologe, sondern Kunsthistoriker. Sie, also Maria Grimme, war ‘ne Studienkollegin. Als sie geheiratet haben, hat er wohl gedacht, jetzt wäre er was Besseres. Sie hatte die Kohle, nicht er. Er hat von ihr gelebt. Und dafür hat er ihre ›psychische Krankheit ertragen‹, so drückt er sich aus. Und dann hat er irgendwann begriffen, was sein Herr Schwiegervater und sein Schwager so treiben.«
    »Also van Maarsen senior und junior«, warf ich ein.
    »Genau. Wir haben jetzt auch Völckers Personalakte. Er ist Josef van Maarsen, Maria Grimmes Bruder. Er hat den Namen seiner Frau angenommen – Völcker. Und ist danach von Bonn nach Wuppertal gezogen. Da kannte ihn niemand, also hat ihn niemand mehr mit van Maarsen in Verbindung gebracht. Und in Köln dann auch nicht.«
    »Was ist das denn für eine Frau, die Völcker geheiratet hat?«
    »Da sind wir noch dran. Das mit der Namensänderung hat er machen lassen, als sein Vater in Thailand aufgefallen ist. Ich habe mich mit Marys Cousin in Verbindung gesetzt, er hat mir das Datum gemailt. Und ein halbes Jahr später ist Völckers/van Maarsens Frau bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Die Unfallakten sehen wir uns jetzt genauer an.«
    »Und als Grimme den van Maarsens auf die Schliche gekommen ist, hat er Völcker alias van Maarsen angeboten, er dreht die Filme für ihn?«
    »Nein. Er hat ihn damit erpresst. In dem Brief beklagt er sich, dass Völcker ihm ständig vorhielt: Du bist nichts, du hast nichts, du kannst nichts. Er und seine Schwester haben Grimme wohl so richtig schön gedemütigt. Als der dann gecheckt
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