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PR2609-Im Reich der Masken

PR2609-Im Reich der Masken

Titel: PR2609-Im Reich der Masken
Autoren: Christian Montillon
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Prolog
    Eroin Blitzer
     
    Ich dachte nach, mehr noch: Ich gab mich meinen Erinnerungen völlig hin.
    Alles andere als üblich zwar, dass jemand wie ich so etwas tat, aber das war mir gleichgültig. Auch für Zwergandroiden gab es Zeiten der Veränderung, und was war schon normal, seit die Frau Samburi verschwunden war?
    Ich tauchte in die Vergangenheit ab, in die Zeit vor der Ankunft bei dieser höchst seltsamen Raumanomalie, diesem Ort mit fremdartigen Naturgesetzen. Damals hatte ich die LEUCHTKRAFT noch nicht an Bord des Beiboots ROTOR-G verlassen.
    Wir flogen vom System des singenden Schwarzen Lochs ins Unbekannte, und Alraska – Begleiter, Auserwählter, Werkzeug oder Freund, wie soll ich das feststellen? – grämte sich wegen seiner Fragen und seiner Rolle im kosmischen Geschehen.
    Ich wusste, dass es Wichtigeres gab. Zumindest Wichtigeres für mich. Für mein eigenes Schicksal.
    Doch dürfen Androiden überhaupt ein Schicksal haben?
    Eine wenig tröstliche Frage, die letztlich auf ein ganz anderes Phänomen verweist: Bin ich ein Lebewesen und aus mir selbst heraus wertvoll? Ich schreckte stets davor zurück, mich damit genauer zu befassen. Stattdessen ging ich in meinen Gedanken und Vorstellungen zurück zu jenem Tag, als ich mehr denn je zuvor darauf achtete, allein zu sein.
    Als einfacher Beibootkommandant, als Commo'Dyr, war ich durch die Umstände in verantwortungsvolle Position für die gesamte LEUCHTKRAFT geraten. Daher schlich ich, obgleich gegenwärtig alles mir unterstand, wie ein Dieb durch die Gänge.
     
    *
     
    Niemand soll und darf mich sehen, weder ein anderer Androide noch Alraska. Er ganz besonders nicht!
    Meine Untergebenen wegzuschicken, ist einfach. Schließlich bin ich derjenige, der in der LEUCHTKRAFT befiehlt, solange die Frau Samburi verschwunden bleibt.
    Und so trete ich den schwierigen Weg an, der jeder Regel widerspricht. Ein Weg, der im Gegensatz zu allem steht, für das ich bislang gelebt habe.
    Gelebt?
    Eben das ist die Frage, die hinter den Dingen lauert. Die mich umtreibt. Und die mich letztlich auch diesen Pfad beschreiten lässt. Schließlich bin ich nur ein Androide.
    Oder?
    Etwas hat sich unauslöschlich in meine Erinnerung gebrannt – jener Augenblick, als sich die Herrin Samburi Yura über mich beugte und zu mir sagte: »Zu meiner großen Verwunderung sehe ich in dir ein Glimmen, aus dem dereinst eine kräftige Flamme erwachsen könnte. Deshalb höre meine Worte, Commo'Dyr: In der Not wirst du finden – aber nur, wenn du danach suchst.«
    Diese Sätze verliehen meiner Existenz neue Bedeutung und hoben mich auf eine neue Ebene. Wie leicht es für die Herrin war, damit zu jonglieren. Wie eine Göttin sprach sie und hebelte mich und mein Leben aus, stellte es auf den Kopf und brachte die Gesetze ins Wanken, die mein Dasein bestimmten. Sie brauchte dazu nur ein paar Worte und nur wenige Sekunden.
    Kein Wunder, dass sie eine Auserwählte der Kosmokraten ist. Vielleicht wusste sie nicht einmal, dass sie mit dem Schicksal würfelte.
    Ihre Worte veränderten mein Handeln, und das, was ich jetzt tue, wird wiederum die Zukunft verändern. Das vermute, hoffe und befürchte ich.
    Sei es, wie es sei – dies ist eine Zeit der Not, und somit ist es unerlässlich, endlich mit der Suche zu beginnen. Ich halte es für möglich, dass sich gerade heute das Glimmen zur lodernden Flamme entzündet.
    Und ich hoffe nur, dass ich nicht darin verbrenne.
    Also betrete ich den Bereich des Schiffes, der mir aufs Strengste verboten ist: das Allerheiligste, den privaten Rückzugsbereich der Frau Samburi.
     
    *
     
    »Eroin!«, rief Alraska.
    Binnen Nanosekunden kehrte ich mit allen Sinnen in die Gegenwart zurück. Dennoch bedauerte ich es. Sobald mir wieder einige volle Sekunden blieben, wollte ich mir erneut vor Augen halten, was damals geschehen war.
    »Alraska?«
    »Versuch mehr über meinen Gesprächspartner herauszufinden!«, verlangte er. »Über sein Schiff, darüber, ob andere Einheiten in der Nähe sind ... einfach alles.«
    Ich wusste, was ihn so in Aufregung versetzte. Der Fremde, der soeben auf dem Bildschirm aufgetaucht war, trug genau wie er eine Maske. Wahrscheinlich erahnte er eine Art Verwandtschaft, einen Bezug zur Frau Samburi Yura. Und eine Verbindung zum Reich der Harmonie.
    Zugegeben, dieser Gedanke lag nah. Dennoch glaubte ich, dass er zu falscher Hoffnung verführte. Man durfte nicht vorschnell urteilen. Eine typische Schwäche vieler Lebewesen.
    »Ich werde beobachten und
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