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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand
Autoren: Lindsey Davis
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bildeten sie regelmäßige Dörfer; jeder Barbar schlug seine unabhängige Wohnung dort auf, wo es ihm wegen einer Ebene, eines Waldes oder einer Quelle am besten gefiel. Weder Steine, noch Backsteine, noch Ziegel wurden bei diesen leichten Wohnungen verwendet. Sie waren nichts mehr als niedrige Hütten von runder Gestalt, aus rohem Holze gebaut, mit Stroh bedeckt und oben mit einem Loche versehen, um dem Rauche freien Ausgang zu lassen. In dem strengsten Winter begnügte sich der abgehärtete Deutsche mit einem dürftigen Gewande, welches aus der Haut irgend eines Thieres gefertigt war. (…)
    Ein starkes Bier, das ohne Kunst aus Weizen oder Gerste gezogen und (wie Tacitus’ kräftiger Ausdruck lautet) zu einer Ähnlichkeit von Wein verderbt wurde, reichte für die groben Zwecke deutscher Völlerei hin. Diejenigen aber, welche die reichen Weine Italiens und später die Galliens gekostet hatten, seufzten nach dieser angenehmeren Art der Trunkenheit. Sie versuchten jedoch nicht (wie dies später mit so vielem Erfolge geschehen ist), den Weinbau an den Ufern des Rheins und der Donau zu naturalisiren; noch weniger strebten sie, sich durch Fleiß die Materialien eines vorteilhaften Handels zu verschaffen. Durch Arbeit erwerben, was durch die Waffen geraubt werden konnte, hielt der Deutsche seiner unwürdig. Der unmäßige Hang nach starken Getränken trieb diese Barbaren oft zu Einfällen in die Provinzen, welche die Kunst oder die Natur mit diesen so beneideten Ergzeugnissen beschenkt hatte. (…)
    Die Sorge für Haus und Familie, für Ackerbau und Viehzucht blieb den Alten und Schwachen, den Weibern und Sklaven überlassen. Der müßige Krieger, welchem es an jeder Kunst fehlte, womit er seine unbeschäftigten Stunden ausfüllen konnte, verbrachte seine Tage und Nächte in den thierischen Befriedigungen des Schlafens und Essens. Und doch sind in Folge eines mächtigen Gegensatzes der Natur (…) dieselben Barbaren abwechselnd die trägsten und die thätigsten aller Menschen. Obschon sie Faulheit lieben, verabscheuen sie doch Ruhe. Ihre matte, von der eigenen Schwerfälligkeit gedrückte Seele strebt gierig nach irgend einer neuen und mächtigen Aufregung, und Krieg und Gefahr sind die einzigen, ihrem wilden Temperamente angemessenen Vergnügungen. Das Schmettern der Trompete, welches den Deutschen zu den Waffen rief, klang seinem Ohre angenehm. Es weckte ihn aus drückender Lethargie, gab ihm eine thäthige Richtung und stellte in ihm durch starke Körperanstrengung und heftige Gemüthsbewegungen ein lebhafteres Gefühl seines Daseins her. (…)
    Die Deutschen behandelten ihre Frauen mit Hochachtung und Vertrauen, zogen sie bei jeder wichtigen Angelegenheit zu Rathe, und glaubten ernstlich, daß in ihrer Brust mehr als menschliche Heiligkeit und Weisheit wohne. Einige dieser Dolmetscher des Schicksals, wie Velleda im batavischen Kriege, regierten im Namen der Gottheit die grimmigsten Nationen Deutschlands. Die übrigen Frauen wurden zwar nicht als Göttinnen angebetet, aber als freie und gleiche Gefährten der Krieger geachtet, ihnen durch das eheliche Bündnis zu einem Leben voll Mühe, Gefahr und Ruhm beigesellt. Bei den großen kriegerischen Einfällen der Barbaren waren ihre Lager mit einer Schaar von Frauen angefüllt, welche standhaft und unerschrocken blieben inmitten des Getöses der Waffen, aller Arten der Zerstörung und der ehrenvollen Wunden ihrer Söhne und Gatten. Mehr als einmal wurden weichende Heere der Deutschen durch die hochherzige Verzweiflung der Weiber, welche die Sklaverei mehr fürchteten als den Tod, wieder gegen den Feind getrieben. (…)
    Das war die Lage, das waren die Sitten der alten Deutschen. Klima, Mangel an Kenntnissen, Künsten und Gesetzen, ihre Begriffe von Ehre, Galanterie und Religion, ihr Freiheitssinn, Friedenshaß und Unternehmungsdurst, Alles trug dazu bei, um ein Volk kriegerischer Helden zu bilden.
    Obschon die deutschen Pferde weder schön, noch schnell, noch in den künstlichen Evolutionen der römischen Reitkunst geübt waren, erwarben doch mehrere Stämme durch ihre Reiterei Ruhm: die Hauptstärke der Deutschen bestand aber gewöhnlich in ihrer Infanterie, in mehreren tiefen Kolonnen, je nach den Stämmen und Familien, aufgestellt. Feind alles Zwanges und Verzuges, stürzten diese halbbewaffneten Krieger mit furchtbarem Geschrei und ohne Ordnung in die Schlacht, und trugen oft durch ihre angeborene Tapferkeit den Sieg über die zusammengehaltene und künstliche Bravour
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