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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand
Autoren: Lindsey Davis
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vorgestellt hatte, sondern in einer eher fahlen, ja fast traurigen Abschattung, die widerzuspiegeln schien, was von seinem Rebellenleben übriggeblieben war.
    Ich stellte mich vor und sagte dann, mit einem verstohlenen Blick auf die grauen Haarwurzeln an seinem gefärbten Scheitel: »So ist das also, wenn man einer Fußnote der Geschichte lebendig gegenübersteht.«
    »Verschonen Sie mich mit Fußnoten – davon gibt’s schon zu viele!« knurrte er. Der Mann wurde mir sympathisch. »Sagen Sie, was Sie wollen.«
    »Ach, ich war nur auf der Durchreise und dachte, ich schau mal vorbei. Jedes Kind könnte Sie ja hier finden. Übrigens: Ein Kind hat Sie gefunden! Ein achtjähriges Gör, nicht mal sonderlich gescheit. Allerdings hat eine kleine Ubierin ihr geholfen. Na, erschreckt Sie das?« fragte ich sanft. »Sie wissen doch, was das bedeutet, nicht? Wenn ein Kind Sie aufspüren kann, dann schafft das auch irgendein rachsüchtiger Legionär, dessen Kameraden Sie bei Vetera getötet haben. Und genausogut ein Bataver, der auf Sie sauer ist.«
    Julius Civilis erklärte mir kurz und bündig, was er am liebsten mit mir machen würde; es war nicht nur treffend formuliert, sondern auch originell. »Ihr Wunsch deckt sich ziemlich mit dem der berühmten Vierzehnten Gemina. Die halten mich auch für ein lästiges Stinktier. Geht Ihnen dieses schneidige Militärspiel eigentlich ab?«
    »Nein!« sagte er, aber ich hörte Neid heraus. »Die Vierzehnte? Pah! Lauter Angeber!« Er hatte eine germanische Auxilie befehligt, bevor ihn die Sehnsucht nach Ruhm packte. Bestimmt hatte er von seinen Stammesbrüdern, den berüchtigten Deserteuren aus den acht Bataverkohorten, viel über ihre Mutterlegion gehört. »Tja, Falco, da muß ich wohl mit Ihnen reden, wie? Was wollen Sie wissen? Soll ich Ihnen meine Lebensgeschichte erzählen?«
    Er hatte seine Lektion gelernt; diese Unterredung würde sachlich und geschäftsmäßig verlaufen. Es war, als würde ich mit einem der Unseren debattieren. Und eigentlich gehörte er ja auch beinahe zu uns. »Tut mir leid, aber …« Hoffentlich hörte er mein Bedauern, denn es war mir wirklich ernst damit. Die Geschichte des Aufstandes hätte ich gar zu gern aus seinem Munde gehört. »… aber ich muß zur Kaiserparade wieder in Moguntiacum sein und habe keine Zeit für das Gejammer über zwanzig vergeudete Jahre in römischen Lagern. Und für das Mißtrauen des Kaisers und das drohende Henkersbeil als einzigen Lohn leider genausowenig … Lassen Sie uns zur Sache kommen, Civilis. Sie haben das Geld kassiert. Sich ein schönes Leben gemacht. Sie waren dankbar für die Steuerfreiheit, das regelmäßige Einkommen, die Aufstiegsmöglichkeiten bei der Armee. Unter anderen Umständen hätten Sie sich irgendwann Ihre Entlassungsurkunde aushändigen lassen und als römischer Bürger in irgendeiner hübschen Villa zur Ruhe gesetzt. Bis zu dem Augenblick, da Vespasian den Thron bestieg, durften Sie sich in seiner Freundschaft sonnen und waren in Ihrer Heimat ein einflußreicher Mann. All das haben Sie für einen Traum geopfert – einen sinnlosen Traum, Civilis! Und jetzt sind Sie staatenlos und haben keine Hoffnung.«
    »Was für ein Unsinn! Sind Sie fertig?« Sein eines Auge musterte mich, und ich las darin mehr gutes Urteilsvermögen, als mir lieb war.
    »Oh nein, ich bin noch lange nicht fertig, aber Sie sind es, Civilis – endgültig! Ich sehe Ihnen doch an, wie erschöpft Sie sind, wie ausgelaugt. Sie tragen die Verantwortung für eine große Familie; ich übrigens auch. Deshalb kann ich mir lebhaft vorstellen, wie man Ihnen zusetzt, jetzt, wo das Glück Sie verlassen hat. Bestimmt leiden Sie neben Rücken- und Herzschmerzen auch an furchtbarem Ohrenweh. Sie sind die Sorgen leid, haben das Kämpfen satt …«
    »Ich würde alles wieder genauso machen!«
    »Oh, das bezweifle ich gar nicht. An Ihrer Stelle täte ich das sicher auch. Sie haben eine Chance gewittert und sie ergriffen. Aber jetzt ist es vorbei. Sogar Veleda sieht das ein.«
    »Veleda?« Er sah mich mißtrauisch an.
    »Kaiserliche Kuriere«, sagte ich, »haben die Druidenpriesterin vor kurzem in ihrem Turm besucht. Ich finde, nebenbei bemerkt, daß Rom ihr dafür eine ordentliche Monatsmiete berechnen sollte! … Jedenfalls – sie befürwortet den Frieden, Civilis.«
    Wir wußten beide, daß die Unabhängigkeitsbestrebungen der Bataver ohne Unterstützung des freien Germanien und der Gallier zum Scheitern verurteilt waren. Gallien war für die
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