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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand
Autoren: Lindsey Davis
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Rebellion schon lange verloren; dort liebte man einfach die Annehmlichkeiten des Lebens zu sehr. Und nun wollte also auch Germanien ausscheren.
    »Soviel zum Thema Freiheit!« murmelte der rothaarige Mann.
    »Freiheit, wozu? Zu einem Leben ohne Recht und Gesetz? Verzeihen Sie, wenn ich rede wie das Klischee eines Vaters, der seine Kinder ermahnt, wenn sie sich unbedingt in schlechter Gesellschaft die Nacht um die Ohren schlagen wollen.«
    »Schon gut, Sie können nichts dafür«, versetzte er trocken. »Rom ist nun mal ein patriarchalisch regiertes Land.« Es war merkwürdig, von diesem Mann, der aussah, als hätte er den letzten Monat auf dem offenen Moor unter einem Ginsterstrauch kampiert, so gepflegtes, ja, sogar satirisch angehauchtes Latein zu hören.
    »Immer funktioniert das auch bei uns nicht mit dem Patriarchat«, gestand ich. »Mein Vater zum Beispiel ist von zu Hause abgehauen und hat die ganze Arbeit den Frauen überlassen.«
    »Sie hätten Kelte werden sollen, Falco.«
    »Dann würde ich jetzt auf Ihrer Seite kämpfen.«
    »Danke«, sagte er. »Das hat mir gut getan, Falco. So, und weiter? Bietet man mir wieder einen Gnadenerlaß?« Er spielte damit auf die zahlreichen Kaiser an, die ihn in seinem Leben schon begnadigt hatten. Hoffentlich war ihm klar, daß dieser Kaiser das Zepter fest in der Hand hielt. »Was verlangt man von mir?«
    »Sie und Ihre Familie werden in Augusta Treverorum unter fester Adresse wohnen. Anfangs bekommen Sie Personenschutz, aber ich denke, die Bürger werden Sie schon bald in ihre Gemeinschaft aufnehmen.« Ich grinste. »Daß Vespasian Ihnen ein neues Legionskommando überträgt, halte ich allerdings für unwahrscheinlich!« Daraus hätte er sich in seinem Alter ohnehin nichts mehr gemacht. »Außerdem kommt hier – wie aufs Stichwort – ein Mann, mit dem ich Sie ganz besonders gern bekannt mache …«
    Eine vertraute Gestalt war herangetreten, die seltsam abstach von dem armseligen Viertel, wo Civilis Unterschlupf gefunden hatte. Dieser Neuankömmling trug einen Haarschnitt, dem man das römische Flair von weitem ansah, und völlig unmögliche hochmoderne Schuhe in Krabbenrosa. Ungeniert über die eigene grelle Aufmachung, musterte er Civilis mit offenkundigem Bedauern.
    »Aber Falco, was hat Ihr Freund da denn für einen Urwald auf dem Dach? Dieses Gestrüpp würde ja selbst einen Apoll entstellen!«
    Ich seufzte. »Dieses Individuum hat sich im Umgang mit mir eine wirklich ekelhafte Sprache angewöhnt … Julius Civilis, Fürst von Batavia, erlauben Sie mir, Ihnen Xanthus vorzustellen, weiland Figaro von Cäsaren – und im übrigen wirklich der beste Barbier auf dem Palatin. Er hat Nero rasiert und Galba, Otho und Vitellius und wahrscheinlich auch unseren jungen Titus Cäsar; aber die Namen seiner noch lebenden Kundschaft verrät er grundsätzlich nicht. Ich glaube übrigens, daß auch er etwas mit den Kelten gemein hat: Er sammelt die Köpfe berühmter Leute. Und dieser Xanthus«, eröffnete ich dem Rebellenführer mit den furchterregend struppigen Locken schonend, »hat die weite Reise von Rom nach Augusta Treverorum extra gemacht, um Ihnen einen flotten Haarschnitt und eine erstklassige Rasur zu verpassen!«

LXIV
    Es gelang mir, Helena Justina während der Parade zu sprechen. Ich hoffte, daß sie sich in der Öffentlichkeit notgedrungen zusammennehmen und meinen Vorschlag ruhig anhören würde. Jedenfalls war es einen Versuch wert. Freilich würde es überall Ärger geben, wo ich das heikle Thema aufs Tapet brachte. Sie würde sich niemals für das erwärmen, was ich ihr zu sagen hatte, auch wenn ich mich damit tröstete, daß sie sich letztlich der Vernunft meiner Argumentation würde beugen müssen.
    Die Vierzehnte hatte keinen Zweifel daran gelassen, daß sie bei dieser Parade, wie bei allen anderen in Moguntiacum, selbst Regie führen würde. Natürlich wurde es dann der übliche Krampf. Geldmangel und überschüssiger Zynismus sorgten dafür, daß man in letzter Zeit nicht einmal mehr in Rom ein wirklich erhebendes Schauspiel zu sehen bekam. Hier aber waren wir obendrein in Nordeuropa, und die Iden des November waren die denkbar ungünstigste Zeit für eine Festivität unter freiem Himmel. Man sollte ein Gesetz erlassen, wonach niemand Kaiser werden darf, der nicht mit einem Geburtstag im Hochsommer aufwarten kann. Die einzige Ausnahme könnte man vielleicht für gewisse Aventiner machen, die vor dreißig Jahren im März zur Welt gekommen sind …
    Der Festakt
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