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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand
Autoren: Lindsey Davis
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warten.
    »Schau! Da ist Julius Mordanticus!« rief Helena mir zu und winkte hinunter in die Menge. Aus einer kapuzenbewehrten Gruppe hob sich ein Arm und erwiderte den Gruß. Julius und seine Freunde waren sehr zufrieden. Der Statthalter hatte mich nach dem Lizenzbetrug gefragt, und nach meiner Audienz bei ihm konnte ich den Töpfern im Ort eine gute Nachricht überbringen. »Was ich dir noch sagen wollte …«, begann Helena schuldbewußt, »… als du in Augusta Treverorum warst, hat Mordanticus uns ein wunderschönes Tafelgeschirr geschenkt. Ein Jammer«, flötete meine gefühllose Liebste, »daß wir kein Eßzimmer haben, in dem wir es benutzen könnten!«
    Und nun würden wir auch nie mehr eins bekommen. Ich schaute weg.
    »Ist es wahr«, plapperte Helena unbekümmert weiter, »daß du, nachdem Xanthus dem Rebellen die Haare geschnitten hatte, die Locken eingesammelt hast, um dem Kaiser damit zu imponieren?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Wie hast du Xanthus dazu überreden können?« Xanthus würde heutzutage alles für mich tun: Ich hatte ihm nämlich ein echtes Urhorn geschenkt. Wenn er sich ein Trinkhorn daraus machen ließ, würde er glatt darin ersaufen, so groß war es. Ich hatte ihm eingeschärft, gut darauf achtzugeben, weil es außer dem zweiten, das ich besaß, keine Duplikate gab. »Als Aufseher für einen Rebellen kann ich ihn mir kaum vorstellen«, fuhr Helena fort.
    »Xanthus sucht ein Plätzchen, wo er sich niederlassen und Neros Name ihm möglichst viel Geld einbringen kann, damit er endgültig aus seinem Sklavendasein herauskommt. Augusta Treverorum bietet die idealen Voraussetzungen: kultiviert, aber nicht zu versnobt. Er wird die Crème de la crème von Belgica unter seinem Portikus balbieren, und die Frauen der Armen werden an seiner Hintertür Schlange stehen, um sich die goldenen blonden Zöpfe für teures Geld abschneiden zu lassen, aus denen er dann extravagante Perücken für die Damen der römischen Gesellschaft macht.«
    »Ich glaube nicht, daß mir das gefällt.«
    »Aber, Liebste, sie könnten weit Schlimmeres verkaufen. Jedenfalls mache ich jede Wette, daß unser kleiner Schuhfetischist als ehrbarer Bürger enden und eines Tages Tempel und Denkmäler stiften wird wie die ganz großen Herrn.«
    »Und Civilis?«
    »Dem hat Xanthus eine Ebenholzspülung verpaßt, damit er nicht so leicht erkannt wird. So ist er vor gedungenen Mördern sicher, und wir haben ihn dank Xanthus, der jeden Morgen zum Rasieren zu ihm kommt, schön unter Aufsicht. Sollte er zu türmen versuchen, würde Xanthus uns umgehend Meldung machen.«
    Es war ein ideales Arrangement. Und der unglückliche Fürst würde gar nicht mehr dazu kommen, irgendwo einen Aufstand anzuzetteln, jetzt, wo er allmorgendlich unter heißen Tüchern schwitzen und sich Xanthus’ Klatschgeschichten anhören mußte.
    Helena lächelte. Ich liebte dieses Lächeln. »Marcus, du bist wunderbar.« Der Spott war wirklich zart verbrämt.
    Unten auf dem Exerzierplatz schickte der Provinzstatthalter sich an, den Spruch des eigens für diesen Tag in Auftrag gegebenen Orakels zu empfangen. Als Adjutant stand ihm, stellvertretend für die Vierzehnte, deren Erster Tribun Macrinus zur Seite, der heute für den verblichenen Legaten eingesprungen war. Ich sah, wie Mänia Priscilla unruhig wurde. Aber sie hatte jetzt leider keine Chance mehr. Der Ehrgeiz hatte alle anderen Regungen verdrängt, und Macrinus nur noch die Förderung seiner Karriere im Sinn.
    Ich brauchte nicht erst auf die angekränkelte Leber eines einjährigen Schafes zu starren, um zu wissen, daß für mich die Zeichen schlecht standen. »Was hast du denn?« fragte Helena ruhig.
    »Ich muß dir etwas sagen.«
    »Na, dann raus damit!«
    Die Bannerträger schritten mit ihren Fahnen ins innere Rund der Arena. Hünenhafte Männer mit Bären- oder Wolfsfellen über der Uniform, die Tierköpfe auf dem Helm und die Tatzen vor der Brust gekreuzt. Sie bildeten einen Kreis um den Statthalter und bohrten ihre Fahnenstangen schwungvoll in den Boden. Die Banner blieben aufrecht stehen – die Götter waren uns wohlgesonnen. Stolz flatterten die Fahnen der Vierzehnten Gemina Martia Victrix. In der Mitte der Goldadler mit der Legionsnummer. Darunter die Kennziffern der dazugehörigen Kohorten. Auf einem kleinen Sockel hinter dem Statthalter thronte das Porträt des Kaisers, umgeben von den Ehrenzeichen, die die Legion sich in den Schlachten eines halben Jahrhunderts erkämpft hatte. Davor die Marsstatue. Und
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