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Elfen-Jagd

Titel: Elfen-Jagd
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Nachtmähre
    Tandy versuchte zu schlafen, doch das erwies sich als schwierig. Der Dämon war zwar noch nie wirklich in ihr Schlafzimmer eingedrungen, aber sie hatte Angst, daß er es eines Nachts dennoch tun könnte. Heute nacht war sie allein – und deshalb hatte sie Angst.
    Crombie, ihr Vater, war ein rauhbeiniger Soldat, der mit Dämonen nicht viel Federlesens machte, doch er war die meiste Zeit nicht zu Hause, weil er den König auf Schloß Roogna beschützen mußte. Wenn er mal da war, war es meistens sehr lustig, aber das war ziemlich selten. Er behauptete zwar immer, keine Frauen zu mögen, doch immerhin hatte er eine Nymphe geheiratet und duldete keine Einmischung von anderen männlichen Wesen. Er hielt Tandy noch immer für ein Kind, und wenn er auch nur den Verdacht gehabt hätte, daß irgendein Dämon sie belästigte, hätte er die Hand gefährlich nahe an seinen Schwertknauf gelegt. Ach, wenn er doch nur hier wäre!
    Ihre Mutter Juwel war noch spät unterwegs, weil sie in einer Erdschicht nahe der Oberfläche Orangensaphire pflanzen mußte. Das war weitab von zu Hause, weshalb sie auch auf dem Schauflerwurm ritt, der Tunnels durch das Gestein graben konnte, ohne Löcher zu hinterlassen. Sie würden erst nach Mitternacht zurück sein, also erst in einigen Stunden, und dabei fürchtete Tandy sich doch so sehr.
    Sie wälzte sich auf die andere Seite, wickelte sich fester in das bonbongestreifte Bettlaken und legte sich das rosa Kopfkissen auf den Kopf. Doch das half alles nichts: Sie fürchtete sich noch immer vor dem Dämon. Sein Name war Fiant, und er konnte sich beliebig dematerialisieren. Das bedeutete, daß er durch Wände gehen konnte.
    Je mehr Tandy darüber nachdachte, um so weniger traute sie den Wänden ihres Zimmers. Sie befürchtete, daß jede unbeaufsichtigte Wand dem Dämon erlauben würde, durch sie ins Zimmer einzudringen. Also rollte sie sich wieder herum, setzte sich auf und blickte die Wände an. Nichts.
    Sie hatte Fiant erst vor ein paar Wochen kennengelernt, ganz zufällig. Sie hatte mit einigen großen, runden blauen Rubinen aus dem Faß ihrer Mutter gespielt. Es waren Ausschußsteine, denn eigentlich erwartete man von Rubinen, daß sie rot waren. Einer davon war eine Gasse entlanggekullert, ganz nahe an den Seidenwerkstätten der Dämonen vorbei. Tandy war hinter ihm hergelaufen und hatte sich dabei in die Toga eines Dämons verwickelt, die sofort gerissen war und sich auf diese Weise in ein Lendentuch verwandelt hatte. Sie hatte befürchtet, daß der Dämon einen Wutausbruch bekommen würde, doch statt dessen hatte er sie mit einem halb verstohlenen Halblächeln angeblickt – und das war noch viel schlimmer gewesen. Seitdem war der Dämon mit beunruhigender Häufigkeit bei ihr erschienen und hatte sie immer so angesehen, als führte er etwas Dämonisches im Schilde. Tandy war nicht so naiv, sich über seine Absichten Illusionen zu machen. Eine Nymphe hätte sich wohl geschmeichelt gefühlt – doch Tandy war ein Mensch, und nach einem dämonischen Liebhaber stand ihr nicht der Sinn.
    Sie erhob sich und schritt zu dem Spiegel hinüber. Die magische Laterne wurde heller, als sie sich näherte, so daß sie ihr Abbild deutlich erkennen konnte. Sie war neunzehn Jahre alt, doch in ihrem Nachthemdchen und ihren Pantöffelchen sah sie aus wie ein Kind. Dazu trugen auch ihre vom Umherwälzen zerdrückten Locken bei, wie auch ihre blauen, besorgt dreinblickenden Augen. Sie wünschte sich, so wie ihre Mutter auszusehen – aber das ging natürlich nicht, denn keine Menschenfrau konnte es mit dem hübschen Gesicht und der märchenhaften Figur einer Nymphe aufnehmen. Das war es ja auch gerade, worum es beim Nymphentum ging – Männer wie Crombie anzulocken, die meinten, daß alle Weiber nur für eines gut seien. Für dieses eine waren Nymphen besonders gut geeignet. Auch Menschenmädchen konnten es sein, aber die mußten sich wirklich anstrengen; denn sie versiebten die ganze Angelegenheit oft dadurch, daß sie ihr viel mehr Bedeutung beimaßen, als es die Nymphen taten, so daß sie nicht fähig waren, sich völlig losgelöst und freudig der Sache zu widmen. Ihr Fluch war ihr Bewußtsein um die Konsequenzen.
    Sie blickte ihr Spiegelbild genauer an, strich ihre Haare zurück, zupfte an ihrem Nachthemd und richtete sich gerade auf. Sie war kein Kind mehr, egal, was ihr Vater darüber denken mochte. Und doch war sie auch nicht gerade üppig gebaut. Ihr menschliches Erbe hatte ihr zwar einen
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