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Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut
Autoren: Marina Heib
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einen Tupfer mit etwas Flüssigkeit aus einer
Sprühflasche von der Metallkommode und versorgt damit Christians Wunde am
Hinterkopf.
    Â»Ist er es? Ist das dein Freund?«
    Anna gibt keine Antwort. Gellert lächelt: »Das werden wir bald
wissen, meine Liebe.«
    Sehr sorgsam stillt Gellert die Blutung an Christians Kopf. Auf den
gleichen Tupfer, der schon halb getränkt ist von Christians Blut, sprüht er
erneut etwas Flüssigkeit, geht zu Anna und tupft ihr damit den Mundwinkel ab.
Sie weicht nicht zurück.
    Gellert grinst: »Er ist es. Wie schön. Das eröffnet ja völlig neue
Möglichkeiten!«
    Anna sieht ängstlich zu Christian: »Lebt er?«
    Gellert knöpft Christian das Hemd auf. »Keine Sorge, er wird gleich
wieder zu sich kommen. Wenn es dich beruhigt, helfe ich ein wenig nach.«
    Gellert nimmt ein braunes Fläschchen von der Kommode und hält es
Christian unter die Nase. Christian will dem beißenden Geruch instinktiv
ausweichen, doch sein Kopf ist festgeschnallt. Er schlägt die Augen auf. Er
kann nichts sehen außer der nackten Betondecke, leichte Risse, und im
Augenwinkel Gellert, der neben ihm steht.
    Â»Wo ist Anna?«, presst Christian heraus.
    Â»Hier. Ich bin hier«, antwortet Anna.
    Christians Kopf will hochschnellen, doch es geht nicht. Gellert
tritt mit dem Fuß auf einen Schalter unter dem OP-Tisch. Das Tisch begibt
sich surrend und sehr langsam in eine leichte Schräglage, das Kopfende wird
hochgefahren.
    Â»So, jetzt könnt ihr euch ansehen, ihr Hübschen.«
    Anna und Christian sehen sich an. Es gibt nichts zu sagen. Ein Blick
genügt. Sie sind beide noch am Leben. Sie sind beide weitgehend unversehrt.
Noch. Aber sie sind hier. Beide.
    Â»Wo sind wir?«, will Christian wissen.
    Â»In der Hölle«, gibt Gellert zur Antwort, »und keiner wird euch
finden.«
    Gellert setzt sich in den Sessel, schlägt die Beine übereinander und
gießt zwei Fingerbreit von der mahagonifarbenen Flüssigkeit aus der Karaffe in
das Glas.
    Â»Deshalb haben wir alle Zeit der Welt. Wir können ein bisschen
plaudern, bevor wir mit dem Spiel beginnen.«
    Christian ist wütend. Er kann sich nicht bewegen. Er ist
ausgeliefert. Er kann Anna nicht helfen. Er muss Zeit gewinnen.
    Â»Wo sind wir? In Ihrem Keller? Ich war nicht lange bewusstlos. Wir
können nicht weit sein.«
    Gellert nippt genüsslich an seinem Getränk: »Stimmt. Wir sind nicht
weit. Nur fünfzehn Meter vom Haus weg. Trotzdem unauffindbar. Lasst alle
Hoffnung fahren.«
    Anna zwingt sich zur Ruhe. Sie ist froh, dass Christian da ist. Auch
wenn es schrecklich ist, dass er da ist.
    Â»Wir sind in einem Luftschutzkeller«, sagt sie.
    Â»Pete wird uns finden. Er ist garantiert schon im Haus«, sagt
Christian und bemüht sich um eine sichere Stimme.
    Gellert lacht leise: »Er ist vermutlich schon wieder weg.«
    Â»Man muss durch einen Geheimgang. Hinter dem Weinregal. Da ist ein
Hebel. Man kann ihn nicht sehen«, sagt Anna zweifelnd zu Christian.
    In Gellerts Vorgarten parkten neben Annas Mini und
Christians sowie Petes Dienstfahrzeug inzwischen drei Einsatzwagen, Karens
Cabriolet und ein Fahrzeug des Rechtsmedizinischen Instituts. Karen sorgte für
den sachgerechten Abtransport von Frau Junckers Leiche, während Eberhard und
Pete mit fünf Beamten das Haus erneut auf den Kopf stellten. Sie fanden
keinerlei Hinweis auf den Verbleib von Anna und Christian, weder in den
Wohnräumen noch im Dachgeschoss noch im Keller. Frustriert trafen sie in der
Küche wieder zusammen, wo drei weitere Beamte mit der Spurensicherung beschäftigt
waren. Pete gab eine Fahndung höchster Dringlichkeitsstufe nach Gellert und
seinem Benz heraus. Er konnte nicht fassen, dass sie zu spät gekommen waren.
Eberhard telefonierte erneut mit Daniel, doch der konnte Christians Handy nicht
orten, da es abgeschaltet war, ebenso wie das von Anna. Annas Handy fanden sie
in ihrer Handtasche, die unter dem Küchentisch auf dem Boden stand, mitten in
der Blutlache. Das Leder war hin. Aus der durchtrennten Kehle von Luise Juncker
war das Blut in hohem Bogen herausgeschossen und quer über den Tisch gespritzt
bis an die gegenüberliegende Wand. Die Küche sah aus wie eine Schlachtbank. Mit
spitzen Fingern in Gummihandschuhen fischte Pete aus dem Blut auf dem Tisch
eine Postkarte sowie die Fotokopie des Gruppenbildes mit Rosenbaum. Er las die
Postkarte und
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