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Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut
Autoren: Marina Heib
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verwegen und verdorben! Ich habe ihr
gezeigt, was wirklich verwegen und verdorben ist. Ich habe ihr gezeigt, wo ihre
Grenzen sind.«
    Anna ist übel. Sie denkt an das Tagebuch der jungen Frau, an ihre
wütenden Versuche, sich einen eigenen Platz im Leben zu erobern. Er wurde ihr
zugewiesen. Zwei Meter unter der Erde.
    Â»Hat Martin gleich gemerkt, dass Sie es waren?«, fragt Anna. »Hat er
es die ganze Zeit gewusst? Hat er … hat er mitgemacht?«
    Gellert beschmiert Christians Hoden, Puls und Brustkorb mit
Kontaktgel.
    Â»Er hat es erst begriffen, als er von einem Zeugen hörte, der Uta an
jenem Donnerstagabend im Grindelhof in ein Taxi steigen sah. Eine Minute vorher
hatte Martin mich auf der Straße verabschiedet. Ich war in ein Taxi gestiegen
und den Grindelhof hochgefahren. Martin musste nur eins und eins
zusammenzählen. Dieses kleine, arrogante Arschloch kam zu mir und wollte mich
konfrontieren.« Gellert lacht leise. »Er hat einen großen Auftritt geplant. Und
einen großen Fehler gemacht. Sehr schade. Als ich Martin kennenlernte und noch
nicht wusste, dass er der Bastard von David und meiner Frau ist, habe ich eine
Zeitlang gedacht, er sei von meinem Schlag. Hochintelligent, rücksichtslos,
ehrgeizig und grausam. Ich habe gedacht, mit dem kann ich was anfangen, dem
kann ich die Welt jenseits bürgerlicher Moral zeigen, er wird mein Meisterschüler.
Martin gefiel sich als Grenzgänger. Aber als er meiner Freiheit ins Gesicht
sah, wurde ihm schwindlig von den Möglichkeiten. Er ist zusammengebrochen und
hat nach seiner Mama geschrien. Da habe ich Familienzusammenführung betrieben.«
    Gellert befestigt Elektroden an Christians Brustkorb, Puls und
Hoden. Christian beginnt unkontrolliert zu zittern. Seine Arme, seine Beine,
alles an ihm zittert und bebt.
    Â»Martin lebt. Auch wenn Sie uns töten, es gibt einen Zeugen! Sie
müssen uns gehen lassen! Dann können wir vielleicht was für Sie tun«, fleht
Anna.
    Â»Dass Martin lebt, ist allerdings eine Schlamperei von mir.
Ansonsten reden Sie totalen Schwachsinn, verehrte Frau Doktor Maybach.«
    Gellert geht zu einer Armatur und dreht an einem Schalter. Christian
bäumt sich auf und schreit. Anna schreit auch. Gellert lächelt. »Aber, aber,
das war doch nur ein harmloser Test.« Er geht zu Anna, beugt sich nieder, bis
er sein Gesicht direkt vor dem ihren hat. »Nicht heulen, du darfst gleich
mitspielen.«
    Volker blickte eindringlich in Martins leere Augen. »Er
hat meinen Chef Christian. Ich hänge an dem Idioten. Und er hat Anna. Anna
Maybach, verstehst du, Martin? Du magst Anna doch, das habe ich im R&B
gesehen. Du musst uns helfen, wir finden sie nicht. Wo hat Gellert sie
hingebracht? Wo hat er dich hingebracht?«
    Martin zitterte und wich Volkers Bannblick aus. Seine Hände ruderten
hektisch über die Bettdecke, ins Leere greifend. Frau Abendroth, die weinend
neben Volker auf einem Stuhl saß, warf einen bittenden Blick zu ihrem Mann.
    Â»Hören Sie auf«, wandte der sich an Volker, »Sie sehen doch, Martin
ist nicht bei sich. Er kann Ihnen nicht helfen. Lassen Sie ihn in Ruhe!«
    Sehr, sehr langsam drehte Volker sich um und sah Herrn Abendroth an.
Er sah ihn lange an und sagte kein Wort. Volkers Blick war wie Eisen, er würde
nicht nachgeben, das begriff Herr Abendroth und fügte sich. »Komm, Liebes«,
sagte er zu seiner Frau, »ich würde gerne noch mal mit dem Arzt reden.« Frau
Abendroth erstickte ihr Schluchzen mit einem bestickten Stofftaschentuch und
folgte ihrem Mann hinaus auf den Flur.
    Volker wandte sich wieder Martin zu. »Du musst dahin gehen, nur
kurz. Du musst in Gellerts Haus. Dort warst du doch, oder?«
    Martins Blick flirrte panisch, er hob abwehrend die Hände. Volker
nahm sanft beide Handgelenke Martins in seine Hände und hielt sie.
    Â»Hab keine Angst, es wird dir nichts geschehen. Ich bin bei dir. Du
bist in Sicherheit. Wir gehen zusammen in das Haus, ich lasse dich nicht
allein. Ich bin bei dir. Schau mich an.«
    Martin sah ihn an.
    Â»Du warst bei ihm zu Hause.«
    Martin schloss die Augen und öffnete sie wieder.
    Â»Dann hat er dich woanders hingebracht.«
    Martins Blick wollte wieder ausweichen, wollte sich wieder ins
Nichts begeben, doch Volker hielt ihn fest. Martin schloss die Augen und
öffnete sie wieder.
    Â»Seid ihr mit dem Auto gefahren?«
    Martin schüttelte den Kopf. Schweiß trat auf
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