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Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut
Autoren: Marina Heib
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reichte sie Eberhard: »Offensichtlich hat Frau Gellert ihren Mann
verlassen. Die Karte ist im Januar abgestempelt worden. Rosenbaum ist im Januar
verschwunden. Sein Foto liegt hier auf dem Tisch. Neben der Postkarte. Seine
Leiche haben wir im Bunker gefunden. Neben der Leiche einer bislang nicht
identifizierten Frau. Was schließen wir daraus?«
    Â»Dass Christian mal wieder recht hatte. Es hängt alles zusammen.
Verdammte Scheiße, wo sind die bloß?« Eberhard wollte sich nicht vorstellen,
was Anna und Christian bevorstand, wenn sie sie nicht rechtzeitig fanden.
    Â»Sie können nicht weit sein. Höchstens zwanzig Minuten Vorsprung«,
sagte Pete wieder und wieder. Aber er wusste nur zu gut, dass zwanzig Minuten
unter diesen Umständen eine Ewigkeit waren. Die Ewigkeit des Todes.
    Gellert schneidet mit ruhigen Bewegungen Christians Hemd
von seinem Leib. Die Fetzen wirft er einfach auf den Boden. Anna zerrt wie
verrückt an ihren Fesseln, doch die geben keinen Millimeter nach und zerschneiden
ihr bei jeder Bewegung nur noch mehr die geschundenen Handgelenke.
    Christian bewegt sich nicht, zu nah ist das Skalpell seiner Haut. Er
versucht zu denken, schnell zu denken, was kann er tun, was kann er tun, sein
Körper schmerzt schon, weil er sich in Erahnung des Kommenden verkrampft und
ganz steif macht, obwohl noch nichts passiert ist.
    Â»Wer ist die Frauenleiche im Bunker? Die neben David Rosenbaum«,
presst Christian heraus. Er muss Gellert aufhalten, mit ihm reden, ihn
aufhalten, einfach nur aufhalten und reden, reden, reden …
    Â»Meine werte Gattin«, antwortet Gellert gleichmütig. »Die Mutter von
Martin Abendroth. David hatte sie mit sechzehn geschwängert. Mitte der
Neunziger hat er mir Franziska vorgestellt. Ich habe sie geheiratet. Ich hatte
keine Ahnung von ihrem früheren Verhältnis mit David. Und schon gar nicht von
dem gemeinsamen Sohn. Franziska war ganz aus dem Häuschen, als sie vor zwei
Jahren meinen Studenten Martin Abendroth kennenlernte. Sie hat ihren Sohn
sofort erkannt. Die Stimme des Blutes oder so ein Mist. Oder sie wusste von
David, wo er aufwächst und hat ihn die Jahre über im Auge behalten, was weiß
ich. Jedenfalls hat sie ihn ständig eingeladen. Ich dachte schon, sie hätte
eine Affäre mit ihm. Dann kam David im Januar zu Besuch. Die beiden haben ihre
alte Leidenschaft wieder aufgefrischt. Franziska hat mir dann reumütig alles
erzählt. Dass sie David schon immer geliebt hat. Dass Martin ihr gemeinsamer
Sohn ist. Dass sie mich verlassen will.« Gellert lacht bitter auf. »Mich
verlässt man nicht. Mich betrügt man nicht. Mich verrät man nicht.«
    Gellert zieht Christian Schuhe und Socken aus.
    Anna weint vor Angst.
    Â»Und dann? Nachdem Sie die beiden umgebracht und im Bunker im
Sachsenwald versteckt hatten? Dann kam die asiatische Prostituierte. Was hat
die Ihnen getan?« Christians Stimme klingt rau.
    Gellert öffnet Christian den Gürtel.
    Â»Nichts Besonderes. Schätze, ich bin nur wieder auf den Geschmack
gekommen. Sie wissen ja gar nicht, wie mir das gefehlt hat. Die Nutte war eine
kleine Abwechslung, nur eine Fingerübung, nicht so spektakulär wie die
Bestrafung meiner Frau und ihres Liebhabers. Da fühlte ich mich seit Jahren
endlich mal wieder lebendig. Dieser Professorenjob, was für eine langweilige
Scheiße.«
    Gellert zerschneidet Christian die Hose. Christian fröstelt. Es ist
die Angst.
    Â»Warum haben Sie den Posten dann angenommen?«
    Â»Weil Bill Clinton, dieser pseudoliberale Wichser, zu seinem
Amtsantritt 1993 meine Spezialeinheit aufgelöst hat.«
    Â»Die SOA?«, wirft Anna ein. Sie begreift, dass Christian Zeit
schinden will. Auch sie will lieber reden als zusehen, was Gellert mit
Christian macht. Sie will es nicht sehen. Es darf nicht passieren.
    Â»Wir waren der SOA übergeordnet. Wir waren die Lehrer der Lehrer. Wir
waren die Besten!«
    Gellert zerschneidet Christian den Slip.
    Â»Und warum Uta Berger?« Christian spürt, wie sein Hodensack sich
zusammenzieht. Er will sich verkriechen.
    Â»Die kleine Schlampe, sie hat sich mir angeboten wie sauer Bier.
Martin war ganz stolz auf seinen Billigfang, hat mir angedeutet, was er alles
für Sado-Sauereien mit ihr treibt. Und dass ich sie haben könnte, er würde sie
mir schenken. Was bildet sich der Scheißer überhaupt ein? Und diese
Amateur-Nutte! Sie fühlte sich unglaublich
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