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Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut
Autoren: Marina Heib
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gleichen Weg wie kurz vor ihnen Christian. Als sie Luise Junckers Leiche
fanden, holte Pete sein Handy aus der Sakkotasche. »Höchste Zeit für die
Kavallerie«, meinte er.
    Eberhard nickte. »Und wo zum Teufel sind Chris und Anna?«
    Pete rief die Spurensicherung an und versuchte es erneut bei
Christian auf dem Handy. Vergeblich, nur die Mailbox meldete sich. Gleichzeitig
bat Eberhard Daniel per Telefon, Christians Handy zu orten. Dann zückten sie
ihre Waffen und begannen, sich gegenseitig absichernd, das Haus zu durchsuchen.
Es war ein großes Haus mit drei Etagen und vielen Zimmern. Ein leeres Haus.
Keine Spur von Christian, Anna oder Gellert.
    Der Raum ist an die dreißig Quadratmeter groß. Zwei sich
gegenüberliegende Metalltüren. Nackter Betonboden, nackte Betonwände. Die Luft
abgestanden, feucht, muffig. An den Wänden ringsherum bodennah eingelassene
Rohre, teilweise angerostet. Ein Wasseranschluss, ein gelb-grüner
Gartenschlauch von einigen Metern Länge. Aufgewickelt. Große, dunkle Flecken
auf dem Boden, Schlieren in Richtung des im Raum mittigen Ausgusses. Der Boden
von allen Seiten zur Mitte hin kaum merklich abgesenkt. Dunkle Spritzer an den
Wänden, bis an die Decke. Nackte Betondecke, leicht rissig. Daran befestigt
drei schwarze Pendellampen aus Metall in der Längsachse, gleißendes Licht,
leises Surren von Elektrizität. In der linken hinteren Ecke ein Blecheimer
neben einem Schrubber mit verklebten, rostbraunen Borsten. In der Mitte des
Raums ein moderner OP-Tisch mit verstellbaren Kopf- und Beinplatten. Darunter
Verlängerungskabel. Mehrfachsteckdosen. Rechts daneben ein höhenverstellbarer
Hocker und eine Metallkommode mit Schubladen. Auf der Kommode Tabletts mit
Salben, Tinkturen, Chirurgenbesteck, Desinfektions- und Verbandsmaterial. Links
vom Tisch zwei ältere Metallschränke, einer gefüllt mit chirurgischen
Gerätschaften, der andere mit Elektroden, Kabeln und Spezialwerkzeug. An der
Wand hinter dem Tisch eine Sammlung antiker Folterwerkzeuge. Ein großes
Holzrad. Lederriemen. Eine Afterbirne. Beineisen. Ein Dornengürtel.
Daumenschrauben. Eine neunschwänzige Katze. Schneidwerkzeuge. Ein englisches
Hemd. Haken. Zangen. Eine Doppelhalsgeige. Geißeln. Ketten. Brustkrallen.
Holzpfähle in verschiedenen Größen. Eine Maschinerie des Marterns.
    An der gegenüberliegenden Wand, vor dem Tisch, auf einem Stativ,
eine Videokamera. Auf dem Boden ein Trafo, Kabelgewirr, daneben ein bequemer
Sessel, ein Beistelltisch aus Holz mit einer gefüllten Karaffe darauf und ein
schweres Kristallglas auf einem Lederuntersetzer. Zwei große Fotobände. Einige
Bücher in einem Holzregal. Auf der anderen Seite des Tisches, dem Sessel
gegenüber, ein Stuhl. Auf dem Stuhl Anna, die Hände nach hinten mit grobem Hanf
an die Rückenlehne gefesselt, die Füße an die Stuhlbeine. Ein halb
zugeschwollenes Auge, etwas Blut im Mundwinkel. Schwer atmend. Da sitzt sie.
Wie damals. Auf einem Stuhl. Gefesselt. Wie letztes Jahr. In ihrer Küche. Der
Mann. Das Skalpell. Anna hat Angst. Sie schwitzt kalten Schweiß. Ihr Mund ist
trocken. Sie leckt Blut aus dem Mundwinkel. Es schmeckt metallisch. Anna würgt.
Ihr Herz rast. Sie hyperventiliert. Ihre Augen tasten panisch den Raum ab.
Suchen nach einem Ausweg. Nichts. Nur die zwei Türen. Geschlossen.
    Gedämpfte Schritte, Ächzen. Die linke Tür wird geöffnet. Rückwärts
kommt Gellert herein. Gebückt. Er zieht etwas Schweres. Christian. Er liegt
bewusstlos auf dem Rücken und wird an den Füßen über die Türschwelle in den
Raum gezerrt. Aus seinem Hinterkopf läuft Blut. Anna kann ihren Aufschrei nicht
unterdrücken: »Chris!«
    Gellert sieht überrascht zu ihr: »Oh, man kennt sich? Wie nett!«
    Gellert zieht Christian die Jacke aus und legt sie auf den Hocker.
Mit großer Anstrengung wuchtet er Christian auf den Tisch und schnallt ihn
sorgsam an Händen, Füßen und am Kopf fest. Er durchsucht Christians Jacke,
fördert eine Pistole, das Handy und den Ausweis zutage. Er schaltet das Handy
aus, schlägt den Ausweis auf, liest und grinst.
    Â»Wenn das mal nicht dein Freund von der Polizei ist«, meint er zu
Anna. »Weinheim hat mir nach deiner Panikattacke beim Nachmittagstee
angedeutet, dass es da eine amouröse Verbindung gibt. Und ein schreckliches
Trauma, das dich immer noch im Griff hat.«
    Gellert befeuchtet
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