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Eine Stadt names Cinnabar

Eine Stadt names Cinnabar

Titel: Eine Stadt names Cinnabar
Autoren: Edward Bryant
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meine Substruktur unter diesem Streß zu zerfallen beginnt?“
    „Und so halten Sie sich für neurotisch.“
    „Nicht neurotisch, Onrigon. Irr wie eine Mistfliege.“ Wieder dieses glucksende Gelächter.
    „Die Prüfungen“, erinnerte Obregon. „Wir haben Ihre Prüfungen bestanden.“
    „Ich glaube nicht, Timnath“, sagte Torre bleichen Mundes.
    „Stimmt“, bestätigte Terminex. „Da ich nicht mehr rational denke, habe ich keine Hemmungen, meine Ansichten zu ändern.“
    „Was werden Sie also tun?“
    „Timnath“, flüsterte Torre mit geschlossenen Augen, „ich sehe Türme wanken und stürzen … Cinnabar brennt.“
    „Die Tests gehen weiter“, sprach Terminex. „Jeder von euch hat es auf sich genommen, bis hierher vorzudringen. Das wenigste, was ich für euch tun kann, dürfte sein, als kongenialer Zerstörer zu wirken.“
    „Hoffnungslos“, sagte Blau-Jade.
    „Nicht doch, Katzen-Mutter. Ist einer unter euch, den ich als der Rettung würdig erachte, dann werde ich vielleicht die Stadt verschonen.“
    „Vielleicht?“ fragte Obregon. „Das ist weniger als eine Garantie.“
    „Mehr gibt es nicht.“
    Resigniert spreizte Obregon die Hände. „Dann haben wir keine Wahl. Wie soll es vor sich gehen?“
    „Ich werde mir jeden von euch einzeln vornehmen“, entschied Terminex. „Falls ihr meinen Anforderungen nicht genügt …“
    „Was sind das für Anforderungen?“ fiel Cafter ein.
    „Ich gedenke sie nicht preiszugeben.“ Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Schneidet einer von euch günstig ab, so werdet ihr die Gelegenheit erhalten, Cinnabar auf immer von meiner dysfunktiven Gegenwart zu befreien.“
    „Wie?“ fragte Obregon.
    „Darauf wollte ich gerade kommen. Seht dort das Anomalon im Mittelpunkt der Kammer.“ Widerwillig wandten sie die Köpfe und starrten auf die hohl schimmernde schwarze Kugel. „Was ihr dort seht, ist der innerste Punkt des Zeit-Wirbels über Cinnabar. Und doch ist es nicht in sich selbst der letzte Endpunkt des Zeitenflusses: das Anomalon ist sowohl Loch als auch Tunnel mit einer Öffnung hier und einer anderswo. Vermutlich gibt es in einem anderen Universum ein entsprechendes Weißes Loch, das den großen Zeitenfluß unserer Welt empfängt.“
    „Faszinierend“, sagte Obregon, „aber …“
    „Still!“ gebot der Computer. „Ich komme zum Schluß. Der springende Punkt ist der, daß die Reise zwischen dem Schwarzen und dem Weißen Loch nur in einer Richtung verläuft und irreversibel ist. Ich bin, wenn man es so ausdrücken will, Herz und Hirn von Cinnabar. Gestatte ich einem von euch, mich über den Ereignis-Horizont des Anomalons zu stoßen, so bin ich auf immer aus diesem Universum verschwunden. Versteht ihr jetzt?“
    „Ja“, antwortete Obregon, „aber …“
    „Haben die anderen es ebenfalls verstanden?“
    Alle nickten, wenn auch mit unterschiedlichen Graden des Verstehens.
    „Alsdann“, fuhr Terminex fort, „können wir, glaube ich, beginnen.“
    „Einverstanden“, sagte Obregon.
    „Zuerst der Künstliche unter euch!“
    Mit ausdrucksloser Miene trat Cafter vor. „Was – „ begann er zu sprechen. Dann verzerrte sich sein Gesicht, seine Augen starrten. Er taumelte zurück, seine Knie knickten ein.
    „Torre – was siehst du?“ fragte Obregon.
    Ihr Gesicht war noch bleicher als sonst. „Er sieht andere, genau solche wie er selbst. Multiplikate. Sie stürzen sich auf ihn, doch er kämpft. Sie decken ihn mit ihren Leibern zu, aber er stößt sie weg …“
    Mit einem Aufschrei sank Cafter zu Boden, Tourmaline kniete sich neben ihn und tastete sein Handgelenk.
    „Ist er tot?“ fragte Obregon.
    „Ich weiß nicht. Wie soll man das bei einem Simulaten wissen?“
    „Blau-Jade!“ befahl Terminex.
    Die Katzen-Mutter duckte sich tief und fauchte herausfordernd. Doch ihr Grollen erstarb. Fragend blickte Obregon zu Torre hin.
    „Sie kämpft um ihre Jungen.“
    Die Katzen-Mutter taumelte und rollte langsam auf die Seite. Bewegungslos lag sie da. „Blau-Jade!“ schrie Tourmaline auf.
    „Torre!“ befahl Terminex.
    „Halt!“ protestierte Obregon, „das geht zu schnell!“
    Auch Torre sank zusammen; doch ehe sie den Boden berührte, verschwand sie mit einem plopp wie von einer Luftblase.
    „Tourmaline Hayes!“ befahl der Computer unerbittlich.
    Tourmaline warf einen kurzen Blick auf Obregon und faßte dann entschlossen das glatte Metall-Ei, das Terminex war, ins Auge. Nach ein paar Sekunden stürzte auch sie zu Boden. Obregon starrte
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