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Eine Stadt names Cinnabar

Eine Stadt names Cinnabar

Titel: Eine Stadt names Cinnabar
Autoren: Edward Bryant
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unterschwelliger Ausrutscher ist, könnte objektiv solange dauern, bis wir das STADT ZENTRUM erreicht haben.“
    „Und wenn er keine Ausfälle hat?“ fragte Cafter.
    „Terminex ist launisch und unberechenbar geworden. Mit seinen Gleitbahntricks hätte er uns umbringen können.“
    „Ich glaube, unterwegs sind wir auch nicht gefährdeter als hier, wo wir ihm gewissermaßen ein festes Ziel bieten“, meinte Blau-Jade. Die anderen nickten zustimmend.
    „Dann riskieren wir es also mit dem Luftboot“, entschied Obregon.
    Torre war aus dem schützenden Blätterdach des Waldes in die Lichtung getreten und blickte zu dem transparenten Hause empor. „Mit welchem Luftboot?“ fragte sie.
    Sie stiegen auf das Dach und betrachteten, was von Tourmalines Luftboot noch übrig war: eine am Mast vertäute schlappe Kugel, an der ein paar Fetzen eines starken blauen Gewebes hingen – die Überreste des Gasbehälters. Bei näherer Untersuchung stellte Obregon fest, daß die Kugel äußerst gekonnt aus dünnen Streifen des Luftbootmaterials zusammengewebt war. Das Muster von Kette und Schuß war außerordentlich kompliziert. „Zweifellos Computerarbeit“, sagte Obregon.
    „Was nun?“ fragte Tourmaline.
    Weder Obregon noch sonst jemand hatte eine Antwort parat.
    Endlich fragte Blau-Jade zögernd: „Gehen wir zu Fuß?“
    „Wir gehen zu Fuß“, bekräftigte Obregon.
    „Gut“, nickte Cafter, „Fußmärsche bin ich gewohnt.“
    „Im botanischen Garten gibt es haufenweise Obst“, sagte Tourmaline.
    „Wir packen soviel davon ein, wie wir tragen und aufessen können, bevor es verdirbt“, befahl Obregon; „außerdem finden wir unterwegs bestimmt genug zu essen und zu trinken.“
    „Wie lange werden wir brauchen?“ fragte Torre.
    „Das weiß ich wirklich nicht“, mußte Obregon zugeben.
    „Dann wollen wir uns lieber beeilen.“ Die Frau hatte einen Fetzen des Gasbehälters aufgenommen und faltete ihn mehrfach zusammen, bis sich das Bündel nicht mehr falten ließ. Ihr Gesicht war qualvoll verzerrt; ihre Augen blickten weit über die Dachkante hinaus. „Wir haben nicht viel Zeit.“
     
     
    Tag 1
     
    Tourmaline war noch nie so weit in den Wald hineingegangen. Sie war zwischen den Bäumen herumspaziert; aber bisher hatte sie immer das Luftboot benutzt, wenn sie den Zwölf-Meilen-Wald ganz überqueren wollte. Sie war gewohnt, im warmen Sonnenschein zu fliegen, auf die im Winde schwankenden Baumkronen wie auf ein rollendes grünes Meer hinabzublicken, doch nicht daran, im ewigen Dämmer des Waldes in Bodenhöhe entlangzumarschieren.
    Nach etwa einem Kilometer verlor der Wald seinen parkartigen Charakter, und die Expedition mußte sich durch verfilztes dichtes Unterholz kämpfen. Bald waren alle von Dornen zerkratzt, sogar Blau-Jade mit ihrem dicken schützenden Fell, das von Schweiß und Zweigstücken zusammengebacken war. Doch sie war immer noch die einzige, die das Tempo ohne merkbare Anstrengung durchhielt.
    Bei einem ungeschickten Sprung über einen am Boden liegenden Ast blieb Tourmaline mit dem Stiefel an einem anderen Ast hängen und fiel der Länge nach hin. Cafter half ihr auf. „Danke“, sagte sie, und er quittierte mit einem Nicken.
    „Eine Lichtung“, rief Obregon, der die Spitze hielt, „wir müssen Rast machen.“
    Sie traten aus dem Wald heraus und warfen sich ins Moos, doch blieben sie nicht zusammen, sondern lagerten sich in einigem Abstand voneinander.
    Wylie Cafter saß noch ein paar Schritte weiter abseits an einem glattrindigen Baum unbekannter Spezies und hatte den Kopf von den anderen weggewandt.
    In einiger Entfernung hatte Torre eine leise, ernste Unterredung mit Obregon. Am Ende schüttelte er den Kopf und sagte gereizt: „Nein, wir müssen rasten.“
    Tourmaline war die letzte, die auf die Lichtung kam. Sie hinkte etwas. „Nimm mich als Kissen“, sagte Blau-Jade. „Was ist mit deinem Fuß?“
    „Ich glaube nicht, daß etwas gebrochen ist; ich habe ihn mir nur beim Stolpern ein bißchen verrenkt.“ Sie setzte sich hoch und massierte sich den Knöchel. „Ist schon wieder gut.“ Sie sah zu dem einsam dasitzenden Cafter hinüber. „Warum ist er so seltsam?“
    „Nur weil er allein sitzt? Du redest wie eine Madam in Craterside Park.“
    Tourmaline war sichtlich unangenehm berührt. „Ich bin bloß neugierig.“
    Zögernd erwiderte die Katzen-Mutter: „Vielleicht hängt es damit zusammen, daß er ein Simulat ist.“
    Tourmaline stieß das Kinn hoch. „Tatsächlich? Weiß es
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