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Eine Hexe in Nevermore

Eine Hexe in Nevermore

Titel: Eine Hexe in Nevermore
Autoren: Michele Bardsley
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Macht untergraben, indem ich meine eigene Gabe benutzte, und das konnte er nicht zulassen. Also hielten zwei seiner Helfershelfer mich fest, und ich musste zusehen, wie er Talia die Kehle durchschnitt. Innerhalb weniger Minuten war sie verblutet, ohne dass ich sie noch einmal retten konnte. Dafür hat er gesorgt.«
    Gray schlang die Arme um sie und küsste ihr Haar. Wenn es möglich gewesen wäre, Bernard ein zweites Mal zu zermalmen, hätte er es getan. Er spürte die Zustimmung des Drachen in sich. Es war merkwürdig, auf einmal das Wesen in sich zu spüren, das er so lange zu ignorieren versucht hatte. »Und dann hat er dich verflucht, richtig?«
    Sie nickte. »Nur wusste er nicht, dass ich bereits meine Flucht geplant hatte. Ich trug zwar nur meinen Pyjama und Socken, aber es gelang mir, mit Happy zu fliehen und uns auf neutralen Boden zu retten. Wir fanden in einem Nonnenkloster Unterschlupf, und dort ließ ich Happy zurück. Dann begann meine Suche nach irgendjemandem, der mir helfen konnte. Ich klapperte alle ab, die ich kannte.«
    Ganz fest drückte Gray sie an sich und schämte sich einmal mehr über seine anfängliche Ablehnung. Wie hatte er sie nur abweisen können? Wahrscheinlich würde er sich nie verzeihen, dass er ihr damals nicht sofort geholfen hatte.
    »Du hast mir geholfen«, sagte sie, als könnte sie seine Gedanken lesen. »Denn du hast mich zurückgeholt. Du bist ein ehrenwerter Mann, Gray. Aber selbst ein ehrenwerter Mann kann vom rechten Pfad abkommen.« Sie hob den Kopf und sah ihn an. »Das Wichtigste ist, dass du den Weg zurückgefunden hast.«
    »Durch dich.« Gray küsste sie voller Liebe. Und auch damit war sein Drache einverstanden. »Weißt du was? Wir sollten diese ganze Drachengeschichte vielleicht für eine Weile ruhen lassen. Bis ich genau weiß, wie das alles funktioniert.«
    »Dein Geheimnis ist bei mir sicher.«
    Gray sah seine Frau an. Wie verständnisvoll und zärtlich sie war! »Und alles, was mit dir zu tun hat, Lucinda, ist bei mir sicher.«
     
    »Mann, siehst du scheiße aus!«
    Ant sprang auf und sah in Happys schmerzverzerrtes Gesicht. »Das sagt die Richtige! Hast du in letzter Zeit mal in den Spiegel geguckt?«
    Sie grinste, und sein Herz setzte einen Moment lang aus.
    Er beugte sich zu ihr und zog die Decke wieder richtig hoch.
    »Wo bin ich?«
    »In einem Gästezimmer im Haus des Hüters. Das fragst du jedes Mal, wenn du aufwachst.«
    »Oh.« Sie blinzelte. »Und du bist jedes Mal hier, wenn ich aufwache?«
    »Ja. Im Fernsehen kommt gerade nichts.«
    »Und deshalb guckst du also mich?!« Sie schnaubte verächtlich.
    »Eine bessere Show gibt es nicht. Du hast dieses wunderbare ›Ich sabbere im Schlaf‹ super drauf.«
    Was für ein Horror! Sie streckte ihm die Zunge raus. Doch dann begriff sie, dass es nur Spaß war. »Wie uncool.«
    Der Schaukelstuhl, auf dem er saß, war ihm schon lange ungemütlich geworden, doch er wollte trotzdem nicht von ihrer Seite weichen. So viele Leute hatten sie im Stich gelassen, da musste ihr jemand zeigen, dass sie es wert war, zu bleiben. Sie sah so bleich aus. Er hatte Angst, dass das Leben aus ihr schwand – und er nichts dagegen tun konnte. Jeden Tag wurden die Schatten unter ihren Augen schwärzer. Sie konnte nichts essen, und die einzige Flüssigkeit, die sie bei sich behielt, waren Embers Tees.
    Happy lag definitiv im Sterben. Und sie wusste es.
    Das brach ihm das Herz.
    »Es ist okay, wenn ich sterbe. Es macht mir nichts aus, abzukratzen.«
    »Da bist du aber die Einzige.« Er strich ihr die Haarsträhnen aus dem Gesicht. »Du wirst nicht sterben.«
    »Ich muss sterben. Wenn ich am Leben bleibe, kommt Lucinda nicht von dem Fluch los. Und die Welt braucht sie.«
    »Die Welt braucht dich auch.«
    »Ist klar.« Sie verdrehte die Augen. Dann grinste sie ihn wieder an. »Ich hatte recht damit, dass du ein Zauberer bist, was?«
    »Ja. Ich hab einen goldenen Stern auf deine Krankenakte gepappt.«
    »Ach ja? Wie viele Sterne habe ich jetzt?«
    »Nur den einen.«
    Sie lachte, aber das Lachen wurde schon bald von einem schlimmen Husten abgelöst. Blut rann aus ihrem Mund, und Ant nahm ein Handtuch vom Nachttisch und drückte es ihr auf die Lippen. Erst nach einer ganzen Weile ließen die Hustenkrämpfe nach. Sie sank zurück in die Kissen. »Ich habe Schwierigkeiten, Luft zu bekommen. Meine Lungen sind total matsche.«
    Es war unerträglich für ihn, dass sie so leiden musste. Doch er verbarg seine Sorge hinter einem Lächeln und griff
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