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Eine Hexe in Nevermore

Eine Hexe in Nevermore

Titel: Eine Hexe in Nevermore
Autoren: Michele Bardsley
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mal!«
    Taylor folgte Grays Blick. An der linken Ecke der Scheune waren mehrere Bretter verrottet und gaben eine Lücke frei. Sie war groß genug, dass sie sich hindurchzwängen konnten. Mit etwas Glück konnten sie sich irgendwo da drin verstecken, während sie die Lage sondierten.
    Taylor gab sich alle Mühe, nicht an Rens Verrat zu denken oder an das, was Lucinda und Happy zugestoßen sein könnte. Er wollte unbedingt wissen, wer Rens Komplize war – wer auch immer es war, er würde ihn für das büßen lassen, was er Ant angetan hatte. Auch ihm fiel es schwer, ruhig und vernünftig zu bleiben. Wie Gray verspürte auch er den Impuls, einfach in die Scheune zu stürmen und den Kerl zu erschießen.
    Sie kämpften sich durch hohes Gras und unebenes Terrain. Taylor zwängte sich als Erster durch den Spalt. Natürlich war er dabei so leise wie möglich. Gray folgte ihm. Glücklicherweise blockierten ein rostiger Traktor und mehrere Heuballen die Sicht auf ihre Einstiegsluke. Der schmutzige Fußboden der Scheune federte ihre Schritte ab, man hörte sie kaum. Die beiden hielten sich dicht an der Wand. Unterdessen wurde die Unterhaltung in der Scheune fortgesetzt. Der Mann klang schleimig und gleichzeitig schmeichlerisch. Und dann erkannten sie Lucindas Stimme.
    Plötzlich hörten Gray und Taylor ein leises Stöhnen und schließlich ein rasselndes, schmerzerfülltes Husten. Sie blieben stehen und sahen einander an.
    Dieser Teil der Scheune war fast vollkommen dunkel, doch ihre Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit. Sie suchten den Boden nach der Quelle der Geräusche ab.
    »Taylor.« Gray deutete mit dem Kopf nach rechts.
    Da lag Ren in einem Haufen Müll. Er war auf einem spitzen Holzstück gelandet, das sich ihm in die Brust gebohrt hatte. Taylors Magen begann zu revoltieren. Der metallische Blutgeruch war ekelerregend und wurde noch potenziert durch den Gestank von Schimmel und Dung, der in der Scheune herrschte.
    Taylor kniete sich neben Ren. Der junge Mann sah ihn an. Obwohl Ren sie alle verraten und betrogen hatte, bekam er Mitleid mit ihm. »Er lebt noch.«
    Grays Miene war eisig. »Nicht mehr lange.«
    »Hey, Bruder«, flüsterte Ren. Blutblasen blubberten aus seinem Mund, dann wurden seine Augen ausdruckslos und erloschen.
    Taylor würde Ren gerne hassen, doch das konnte er nicht. Nicht einmal, obwohl Ren damit gedroht hatte, Ant und Trent zu erschießen. Er war einfach nur wütend auf ihn und schämte sich für ihn. Doch er erinnerte sich auch an die liebenswerten Seiten seines ehemaligen Freundes, auch wenn dieser damit nur seine böse Seele vertuscht hatte.
    »Warum zum Teufel nennt er mich Bruder?« Taylor stand wieder auf und stellte sich neben Gray.
    »Spielt das irgendeine Rolle?«
    »Ja.« Er ärgerte sich über Grays abschätzigen Ton. »Das tut es.«
    »Damit kannst du dich später befassen. Im Moment haben wir wirklich wichtigere Probleme.« Gray deutete auf den Mann, der neben Lucinda hockte. »Das ist Bernard Franco.«
    »Scheiße. Dann war er Rens Komplize?« Taylor ließ seinen Blick schweifen und entdeckte schließlich das Mädchen. »Da ist Happy. Sie liegt da wie für einen Festschmaus zubereitet.«
    »Er hält sie mit einem Zauber fest. Als Erstes werde ich sie befreien. Dann schnappst du sie dir und bringst sie sofort zu Ember. In der Zeit kümmere ich mich um Lucinda.«
    »Und Franco?«
    Als Taylor in die eisblauen Augen des Hüters blickte, wusste er, dass Franco nicht mehr lange zu leben hatte. Um Ren tat es ihm leid, aber dieser Franco konnte ruhig sterben. Taylor war ein Mann des Gesetzes, er hatte geschworen, die Gesetze der Stadt Nevermore und des Staates Texas zu beschützen. Und noch einen anderen Eid galt es einzuhalten, der für ihn noch bindender war: den Hüter und die Einwohner von Nevermore zu beschützen.
    Denn niemand war hier mehr sicher, solange dieser Franco lebte.
    Mehr gab es dazu nicht zu sagen.
    »Ich werde einen Ablenkungszauber erschaffen. Dann befreie ich Happy. Nimm sie mit und lauf. Franco wird zu beschäftigt sein, um sich um dich zu kümmern.«
    Taylor hörte ein Geräusch und sah, wie Lucinda diesem Kerl einen Kopfstoß verpasste und ihm in die Eier trat. »Wow. Die Frau kann was.«
    Franco krümmte sich auf dem Boden, dann schrie er: »Ich bring dich um!«
    Als Gray den Zauber schuf, spürte Taylor sofort die Veränderung in der Atmosphäre. Ein riesiger roter Feuerball leuchtete zwischen seinen Handflächen auf. Und den schleuderte er jetzt –
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