Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
060 - Bis zum letzten Schrei

060 - Bis zum letzten Schrei

Titel: 060 - Bis zum letzten Schrei
Autoren: Larry Brent
Vom Netzwerk:
Ein Stöhnen
hallte schaurig durch die großen, stillen Räume. Dann wurde ein
markerschütternder Schrei daraus.
    Edith Rouflon
hob den Kopf. Das schwarzhaarige Mädchen lächelte. Wenn die Herrschaften hier
glaubten, ihr mit diesem Klagen und Schreien Angst machen zu können, dann
irrten sie sich. Ein Mädchen von Ediths Format ließ sich nicht so leicht ins
Bockshorn jagen.
    Die junge
Französin schob mit den Beinen die leichte Decke weg und erhob sich von dem
improvisierten Lager. Sie selbst hatte hier übernachten wollen. Kein Mensch
außer ihr befand sich in diesem Teil der Burg.
    Edith Rouflon
trug außer einem türkisfarbenen Babydoll nichts auf der Haut.
    Der Blick der
einsamen Besucherin ging hinüber zu der schweren Tür, die zum Rittersaal führte.
    Es war eine
mondhelle Nacht. Der fahle Schein fiel durch die hohen, schmalen Fenster und tauchte
das Innere des Saales in eisiges, gespenstisches Licht.
    Edith Rouflon
blieb drei Sekunden lang lauschend an der Tür stehen und riß sie dann mit einer
blitzschnellen Bewegung auf.
    Im Saal
dahinter war es finster. Sie kam auch nicht dazu, zum Lichtschalter zu greifen.
    Wie glühender
Stahl senkte es sich zwischen ihre Brüste. Ein breites, reich verziertes
Ritterschwert bohrte sich in ihren Körper und trat zwischen ihren
Schulterblättern wieder hervor.
     
    ●
     
    André Soiger
wälzte sich unruhig von einer Seite auf die andere.
    »Was ist denn
los?« fragte seine bessere Ehehälfte. Madame wandte den Kopf. Sie trug das
Haar, in dem trotz ihres Alters noch keine graue Strähne zu sehen war, nur
nachts offen.
    »Kannst du
nicht einschlafen?«
    »Die Hitze«,
jammerte Soiger. Er atmete schwer. Heute war der heißeste Tag des Jahres
gewesen. Mit 38 Grad Celsius hatte die Sonne die Luft aufgeheizt.
    Die Wärme
steckte noch in jedem einzelnen Stein des abseits stehenden Gebäudes, in dem
das Burgaufseherehepaar untergebracht war.
    Obwohl
sämtliche Fenster geöffnet waren, drang von draußen kein Lüftchen herein, das
Abkühlung verschaffte.
    Es war schwül
und drückend.
    Soiger erhob
sich. Nur mit Shorts bekleidet, lag er im Bett. Er näherte sich dem Fenster,
stützte sich ab und starrte hinaus in die mondhelle Nacht. Das Licht des
Erdtrabanten riß nur ein Drittel der großen Burganlage aus dem Finstern. Vom
Schlafzimmerfenster der Soigers aus konnte man genau auf den bewaldeten Hügel
gegenüber sehen, hinter dem der Bau lag, in dem Edith Rouflon die Nacht
verbrachte. Einer der vier Türme hinter dem gigantischen Felsen ragte kaum
sichtbar über die Spitzen der Bäume.
    Auf Soigers
Gesicht perlte der Schweiß. Doch es nützte nichts, daß er immer wieder mit dem
Handrücken über seine Stirn fuhr. Ein paar Augenblicke später transpirierte seine
Haut schon wieder.
    »Ich mach
noch einen kleinen Rundgang«, sage der Franzose und wandte sich vom Fenster ab.
Er schlüpfte in seine Hose und schloß den Gürtel.
    Marie Soiger,
die selbst noch nicht richtig geschlafen hatte, obwohl es schon weit nach Mitternacht
war, öffnete die halbgeschlossenen Augen und warf ihrem Mann einen musternden
Blick zu.
    »Den hast du
heute doch schon hinter dir«, meinte sie und richtete sich im Bett auf.
    André Soiger
hatte es sich zur Aufgabe gemacht, abends nach dem Weggehen der wenigen Gäste,
die in das Restaurant kamen oder an einer Führung teilnahmen, noch einmal das
riesige Anwesen zu kontrollieren und sich zu vergewissern, ob auch wirklich
alle Besucher gegangen waren und keiner aus Versehen eingeschlossen wurde.
    »Ich gehe
noch mal raus, weil es mir Vergnügen macht, Marie«, entgegnete Soiger.
    »Aber laß das
Mädchen in Ruhe!« Sie sagte es in scherzhaftem Ton und hob warnend den rechten
Zeigefinger.
    André Soiger
lachte. »Du glaubst doch wohl nicht, daß ich deswegen…«
    Er sprach
nicht zu Ende. Marie Soiger machte ein verschmitztes Gesicht. »Weißt du«,
meinte sie, »bei Männern um die fünfzig muß man mit allem rechnen.«
    »Die Kleine
ist knusprig, zugegeben, aber ich habe dich in den zweiundzwanzig Jahren
unserer Ehe nicht betrogen – weshalb sollte ich jetzt damit anfangen?«
    »Vielleicht
ist das Ganze ein Trick, mein Lieber? Sie kommt heute morgen hier an, läßt sich
alles über die Burg erzählen, beschließt daraufhin, hierzubleiben, weil sie
angeblich das Gruseln lernen will, und möchte unbedingt in der Nähe des
Rittersaales schlafen, unterhalb des Bildes der Weißen Frau. So weit, so gut.
Wer aber gibt mir Gewißheit, ob sich die Sache auch so
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher