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060 - Bis zum letzten Schrei

060 - Bis zum letzten Schrei

Titel: 060 - Bis zum letzten Schrei
Autoren: Larry Brent
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verhält?«
    »Wenn du mir
mißtraust, dann zieh dir was über und komm mit«, sagte Soiger kurzerhand und
näherte sich schon der Schlafzimmertür, öffnete sie und ging hinaus auf den
finsteren Flur.
    Marie Soiger
seufzte. »Mir ist um diese Zeit alles zuviel, das weißt du. Deshalb auch dein
großzügiges Angebot! Ich verlaß mich mal wieder auf deine schönen Reden! Wie
lange bist du unterwegs?«
    André Soiger
zuckte die Achseln. »Kommt ganz darauf an, wie lange es mir draußen gefällt.
Spätestens in einer Dreiviertelstunde bin ich sicher wieder zurück. Das heißt,
vorausgesetzt, daß ich dem Mädchen nicht begegne. Es könnte ja sein, daß auch
sie schlecht schläft. Bei dieser Hitze.«
    Vor sich
hingrinsend, ging er im Dunkeln die ausgetretene Holztreppe hinab, schloß die
Haustür von innen auf und trat hinaus ins Freie.
    Er atmete
tief die würzige, unverbrauchte Luft ein, wie man sie nur noch außerhalb der
Städte in waldreichen Gegenden findet.
    Dann
entfernte er sich langsam von dem einstöckigen Haus, das vor Jahrhunderten als
Unterkunft für die Wachen gedient hatte.
    Soiger stieg
bergan. Hinter ihm blieb die gewaltige Zugbrücke zurück, die seit langem
eingerostet war und sich nicht mehr bewegen ließ. Unmittelbar hinter ihr befand
sich jetzt ein fünf Meter hohes Eisentor. Die Enden der einzelnen Stäbe
erinnerten auf den ersten Blick an Speerspitzen.
    Auf dem grob
gepflasterten, fahrbahnbreiten Weg ging Soiger auf das nächste Tor zu, das den
Eingang zu einem aus großen Steinen gemauerten Tunnel bildete. Diesen Tunnel
mußte man passieren, um das Innere des Burghofes zu erreichen.
    An der Decke
des finsteren, um diese Zeit unbeleuchteten Durchlasses waren die Umrisse der
hochgezogenen Gatter zu sehen. Diese Fallgatter waren in früheren Zeiten
weitere Hindernisse für Feinde gewesen, die versucht hatten, die Festung zu
stürmen.
    Insgesamt gab
es zehn von diesen Gattern, die im Abstand von jeweils drei Metern oben im
Gewölbe hingen.
    Der Tunnel
hatte eine Länge von rund vierundzwanzig Metern. Es roch modrig und feucht.
    Die Nässe
glitzerte an den Wänden und auf dem Boden. Hier kam nie ein Sonnenstrahl
herein. Die Luft war kühl, und fast fühlte sich Soiger veranlaßt, seinen
Spaziergang in die Katakomben hinunter auszudehnen. Dort würde jetzt die
richtige Temperatur herrschen. Im Inneren des massiven Felsens war die
Temperatur im Sommer wie im Winter gleich.
    In die
feuchte Luft mischte sich ein Geruch, wie er in tiefliegenden, verschimmelten
Kellern vorkam.
    Aber noch
etwas anderes war darunter. Nicht nur, als ob ein Grab frisch geöffnet worden
wäre, es roch nach Tod und Verwesung.
    Es ist
stärker geworden, zuckte es durch Soigers Gehirn. Heute abend war es noch nicht
so schlimm.
    Er passierte
den Durchlaß und erreichte den Innenhof, der gigantisch war.
    Gleich zur
Linken zwei gewaltige, wie riesige Finger in den Himmel ragende Türme.
Dazwischen die aus Felsstein gehauenen schwarzen Mauern mit den Zinnen und
Schießscharten. Der Hof war teilweise steinig, teilweise mit Gras bewachsen.
Auffällig waren die großen Hügel, die wie Buckel aus dem Boden wuchsen. Unter
diesen grasbewachsenen Kuppen lagen die ehemaligen Waffenarsenale, die Aufenthaltsräume
der Soldaten, die hier einst die Festung verteidigt hatten, und geheime Gänge,
die selbst ihm, dem Burgaufseher, der hier seit fünfzehn Jahren seinen Dienst
versah, noch nicht bekannt waren. Das Innere des schwarzen Felsens war auch
heute noch angefüllt mit Rätseln und Geheimnissen.
    Auf den
ersten Blick sahen diese Erderhebungen ganz natürlich aus, und man mußte schon
um sie herumgehen, um hinter dem wuchernden Gras und dem Unkraut die dunklen,
verschlossenen Tore zu entdecken, die in die Tiefe führten.
    Auch hier im
Innenhof fiel Soiger wieder der seltsame, widerliche Geruch auf. Er verzog das
Gesicht. Schon jahrelang machte er abends seinen Rundgang. Die Einsamkeit und
die Totenstille hatten ihn nie gestört. Heute jedoch fiel sie ihm auf.
    Es lag etwas
in der Luft, das er nicht definieren konnte!
    Soiger
schüttelte den Kopf und verhielt im Schritt.
    Warum fühlte
er diese seltsame, unerklärliche Veränderung? War er krank? Unwillkürlich fuhr
er zusammen. Ein Nervenleiden? Eine Geisteskrankheit, die zum Ausbruch kam,
sich auf diese Weise äußerte?
    Es wurde ihm
noch heißer, und mit einer fahrigen Bewegung strich er sich über die Stirn.
    Mechanisch
griff er in seine Hosentasche und wollte eine Zigarettenschachtel
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