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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit
Autoren: Val McDermid
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wenn er es tat. Und sie begriff, daß ich schwanger sein mußte.«
    Alison trank einen Schluck Tee gegen ihre heisere Stimme und um sich zu beruhigen. »Als er das nächste Mal einen Tag nach Stockport fuhr, durchsuchte sie seine Dunkelkammer. Und da hat sie den Rest der Bilder und den gräßlichen Safe gefunden und wußte, was für ein Mensch er war. Sie rief alle Erwachsenen zusammen und zeigte ihnen die Fotos. Sie können sich vorstellen, wie das war. Die Leute schrien nach Hawkins Blut. Alle Frauen wollten ihn kastrieren und dann zu Tode bluten lassen. Die Männer redeten darüber, daß sie ihn umbringen und es so einrichten wollten, daß es wie ein Farmunfall aussah. Die alte Ma Lomas brachte sie schließlich zur Vernunft. Sie sagte, wenn sie ihn umbrächten, müßte jemand die Schuld auf sich nehmen. Selbst wenn er unter einem Traktor starb, würde es nicht einfach wie ein normaler Betriebsunfall behandelt werden. Es würde eine Untersuchung geben, weil er eine wichtige Person war. Er war der Squire, nicht einfach irgendein Knecht, dem keine Bedeutung zukam. Ein falsches Wort, und jemand im Dorf würde im Knast landen, besonders wenn es dann klar wurde, daß ich schwanger war. Außerdem, fand sie, würde er durch einen schnellen Tod bei weitem nicht genug leiden.
    Die andere Sorge war, daß, wenn die Sache herauskam, die anderen Kinder alle in Pflege gegeben würden, weil ihre Eltern sie nicht richtig beaufsichtigt hätten. Sie vermuteten, daß Leute von außerhalb das Leben im Tal nicht verstehen würden, wo die Kinder mehr oder weniger alle Freiheit hatten, zu tun, was sie wollten, weil es dort so sicher war – ohne Verkehr und sogar mitten im Sommer so gut wie ohne einen Fremden.
    Sie sprachen den ganzen Tag lang darüber, und schließlich erinnerte sich jemand, daß er in der Zeitung eine Meldung über ein vermißtes Mädchen gelesen hatte. Ich weiß nicht, wer die Idee hatte, aber sie beschlossen, daß ich verschwinden sollte, und sie würden alles so einrichten, daß es aussah, als hätte er mich umgebracht. Weil sie wußten, daß er eine Pistole hatte, und wegen der Bilder von mir überlegten sie, daß er an den Galgen käme, wenn sie es fertigbrächten, ihm all dies anzuhängen. Und so müßte die Sache mit den anderen Kindern nicht herauskommen, und der Kummer würde ihnen erspart bleiben, noch einmal alles der Polizei erzählen zu müssen.«
    Alison seufzte. »Das war das Ende meines Lebens, wie ich es bis dahin gekannt hatte. Hauptsächlich meine Mutter und Kathy und Ma Lomas haben alles ausgeheckt, und sie dachten an alles. Meine Tante Dorothy und Onkel Sam wurden ins Vertrauen gezogen. Tante Dorothy war Krankenschwester, sie wußte, wie man Blut abnimmt. Sie kam, ein paar Tage bevor ich verschwand, herüber und nahm mir einen halben Liter ab. Damit machten sie den Spritzer an dem Baum im Wäldchen und die Flecken auf einem von Hawkins Hemden. Sie mußten die Entdeckung des Hemds und der Unterwäsche hinausschieben, weil sie Sperma von ihm brauchten. Sie wußten, sie würden es schließlich bekommen, weil er immer ein Kondom benutzte, wenn er zu meiner Mutter ging.« Sie stieß ein bitteres Lachen aus. »Er wollte keine eigenen Kinder. Jedenfalls schaffte es meine Mutter schließlich, daß er mit ihr schlief. Sie hatte ihn inständig darum bitten und sagen müssen, sie bräuchte es zu ihrem Trost. Dann beschmierten sie also meine Kleider mit dem Sperma. Sie wußten nicht, wieviel die Wissenschaftler aus dem Blut und dem Sperma schließen konnten, aber sie wollten sichergehen, daß es nicht an Einzelheiten scheiterte.
    Und alle mußten sich natürlich völlig im klaren über die ganze Geschichte sein. Sie hatten alle ihre Rollen zu spielen, und es mußte alles genau stimmen. Den kleinen Kindern sagte man nichts davon, aber Derek und Janet wußten auch Bescheid. Kathy saß stundenlang mit ihnen zusammen und strengte sich an, damit sie begriffen, wie wichtig es war, kein falsches Wort zu sagen. Ich lief die meiste Zeit völlig benommen umher. Ich ging ständig mit Shep spazieren und versuchte, mir alles einzuprägen, was ich verlieren würde. Ich hatte ständig Schuldgefühle. All dieser Aufruhr und alle angespannt bis zum letzten, und ich konnte immer nur daran denken, daß alles meine Schuld war.« Sie biß sich auf die Lippen und schloß einen Moment die Augen. »Ich brauchte lange Zeit und viele Therapiestunden, um zu verstehen, daß nicht ich diejenige war, der Vorwürfe zu machen waren. Aber
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