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Ein Lotterie-Loos

Ein Lotterie-Loos

Titel: Ein Lotterie-Loos
Autoren: Jules Verne
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Vorsitzende des Bureau, ernst und würdig mit der bekannten Herrschermiene, der eigenthümlichen Haltung des Kopfes, welche man bei Jedermann beobachtet, der die Ehre hat, zu irgend einem Präsidium berufen zu sein. Zwei nicht minder ernste Beisitzer folgten ihm. Darauf sah man sechs kleine, mit Bändern und Blumen geschmückte Mädchen eintreten, lauter Blondköpfchen mit blauen Augen und rosigen Händen, an denen man deutlich die Hand der Unschuld erkannte, und welche ausersehen waren, die Loosnummern zu ziehen.
    Diese Eintrittsscene begrüßte ein allgemeines Lärmen, das zunächst Zeugniß gab von dem Vergnügen, das die Leute empfanden, die Directoren der Lotterie von Christiania vor sich zu sehen, daneben auch von der dadurch hervorgerufenen Ungeduld, daß sie sich nicht eher auf der Estrade gezeigt hatten.
    Wenn hier sechs kleine Mädchen erschienen, so geschah das deshalb, weil sechs Urnen auf einem Tische standen, aus welcher bei jeder einzelnen Ziehung sechs Ziffern hervorgehen sollten.
    Diese sechs Urnen enthielten jede die zehn Ziffern 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 und 0, welche die Einer, die Zehner, Hunderte, Tausende, Zehntausende und
     

    Dann war sie ohnmächtig geworden. (S. 173.)
     
    Hunderttausende der Zahl Million darstellen sollten. Eine siebente Urne für die Zahl Million selbst gab es nicht, weil bei dieser Art und Weise der Ziehung ausgemacht war, daß sechs gleichzeitig aus den Urnen hervorgehende Nullen die Zahl Million bedeuten sollten – wodurch also für alle Nummern gleiche Gewinnaussichten geschaffen wurden.
    Außerdem war die Bestimmung getroffen, daß die Nummern nach einander aus der Urne gezogen würden, und zwar zuerst diejenige, welche den Anwesenden zur linken Hand lag.
    Die gewinnende Zahl entstand so zu sagen auf diese Weise vor den Augen der Zuschauer, zuerst die Ziffer, welche die Hunderttausend bildete, dann die Zehntausend und so hinab bis zu den Einern.
    Man kann sich bei dieser Anordnung denken, wie Jeder beim Erscheinen einer neuen Ziffer seine vielleicht winkende Aussicht auf Gewinn mit zunehmender Erregung wachsen sah.
    Schlag drei Uhr machte der Vorsitzende mit der Hand ein Zeichen und erklärte die Ziehung für eröffnet.
    Das lange Gemurmel, das diese Erklärung begleitete, dauerte einige Minuten an, nach denen dann ein gewisses Stillschweigen eintrat.
    Der Vorsitzende erhob sich nun. Sehr bewegt hielt er eine kleine angepaßte Rede, in der er bedauerte, daß eben nicht auf jede Nummer ein großes Loos fallen könne. Dann gab er Erlaubniß, mit der Ziehung der ersten Serie zu beginnen. Diese enthielt, wie wir wissen, neunzig gewinnende Nummern, was immerhin einige Zeit in Anspruch nahm.
     

    Die Kirche von Hitterdal. (S. 178.)
     
    Die sechs kleinen Mädchen begannen jetzt mit automatischer Regelmäßigkeit die Lösung ihrer Aufgabe, ohne daß die Geduld der Anwesenden nur ein einziges Mal ausgegangen wäre. Bei dem zunehmenden Werthe jeder gezogenen Nummer nahm freilich auch die Spannung Aller gleichmäßig zu, und Niemand fiel es ein, seinen Platz zu verlassen, nicht einmal Denjenigen, deren schon gezogene Nummern doch keine weitere Aussicht auf Gewinn bieten konnten.
    So verlief eine volle Stunde ohne jeden Zwischenfall. Jeder hatte sich dabei überzeugen können, daß die Nummer 9672 noch nicht gezogen worden war, was ihr ja jede Aussicht entzogen hätte, den Gewinn von hunderttausend Mark zu erhalten.
    »Das ist schon von guter Vorbedeutung für den Kerl, den Sandgoïst! bemerkte einer der Nachbarn des Professors.
    – Bah, es wäre doch ein Wunder, wenn gerade ihm der größte Gewinn zufallen sollte, obwohl er eine berühmte Loosnummer hat, erwiderte ein Anderer.
    – Wahrlich, eine berühmte! bestätigte Sylvius Hog; doch fragt mich nicht warum… ich wäre jetzt nicht im Stande, das zu erklären.«
    Nun begann die Ziehung der zweiten Serie, welche neun Loose umfaßte. Das mußte nun schon hochinteressant werden, da die einundneunzigste Nummer tausend Mark gewann, die zweiundneunzigste schon zweitausend Mark, und so weiter bis zur neunundneunzigsten, der ein Gewinn von neuntausend Mark zufiel. Die dritte Serie endlich, wie der Leser nicht vergessen haben wird, bestand nur aus dem einen großen Loose.
    Die Nummer 72521 erhielt einen Gewinn von fünftausend Mark. Das Loos war im Besitze eines wackeren Seemannes aus dem Hafen, dem alle Anwesenden zujubelten und der diese Huldigung mit großer Würde entgegennahm. Eine zweite Nummer, die 823752, gewann
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