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In letzter Sekunde

In letzter Sekunde

Titel: In letzter Sekunde
Autoren: Patricia Rosemoor
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PROLOG
    „Bitte ... warum tun Sie das?"
    Ihre gekrächzte Frage blieb unbeantwortet - wie alle anderen zuvor auch. Sicher, er hatte mit ihr gesprochen, irgendetwas geflüstert, das für sie allerdings keinen Sinn ergab. Die Angst nahm zu.
    Sie wollte ihm weitere Fragen stellen, ihn zwingen zu antworten, aber ihre Kehle war so trocken, dass sie kaum schlucken konnte. Glücklicherweise hatte er ihr nicht wieder den Mund verklebt, doch er hatte es ihr angedroht, sollte sie wieder schreien. . Sie hatte doch geschrien, oder?
    Wie lange war das her?
    Stunden? Tage?
    Sie erinnerte sich nicht. Ihr war so schwindlig, dass sie wahrscheinlich erst einmal nichts erkennen würde, auch wenn er ihr das Tuch vor den Augen abnahm. Auch das Denken fiel ihr schwer, sie begriff nicht, was hier wirklich geschah, wie sie hierher gekommen war, auf diesen Stuhl, mit auf den Rücken gefesselten Händen ... eine Gefangene. Ihr Verstand konnte sich einfach nicht darauf konzentrieren, was sie tun musste, damit er sie freiließ.
    Dann überfluteten sie unerwartet Erinnerungen. An Drohungen. Todesdrohungen. Er hatte sie verhöhnt und verspottet, angekündigt, sie umzubringen.
    Nicht zu wissen, warum, und wie sie einem solchen Schicksal entrinnen konnte, lähmte sie, ließ Übelkeit in ihr aufsteigen. Seiner Gnade ausgeliefert, kämpfte sie gegen den bitteren Geschmack im Mund an, gegen ihre Panik ... versuchte sich zu konzentrieren ... aber ihr drehte sich alles im Kopf.
    Weil er sie unter Drogen gesetzt hatte!
    Vor nicht allzu langer Zeit, als er vielleicht die Lust verlor, ihr unentwegt Fragen zu stellen, hatte er ihr Kinn festgehalten und sie gezwungen, etwas zu trinken. Es schmeckte gallebitter, und da sie befürchtete, er wolle sie vergiften, hatte sie versucht, das eklige Gebräu auszuspucken. Aber er hatte ihr ins Gesicht geschlagen, und danach hatte sie sich nicht mehr gewehrt.
    Hatte er ihr nicht noch ein zweites Mal etwas von dem Zeug eingeflößt?
    Wer war der Mann?
    Sie vermochte sich kaum an ihren eigenen Namen zu erinnern.
    Evelyn Cross. Mein Name ist Evelyn Cross.
    Unentwegt wiederholte sie es stumm, damit sie es nicht vergaß.
    Er ging jetzt im Raum umher. Sie konnte ihn hören, es klang, als bereite er etwas Schreckliches vor, etwas, das sie sich nicht genau vorstellen mochte. Leider besaß sie eine ausgeprägte Fantasie.
    „Bitte ...", versuchte sie es noch einmal. „Sagen Sie doch etwas. Irgendetwas."
    „Du bist doch diejenige, die gern Reden hält."
    Lynn fuhr überrascht zusammen. Sie versuchte sich die Lippen zu lecken, aber ihre Zunge war zu trocken. „Was soll das heißen?"
    „Überleg, was du getan hast, Evelyn."
    Was hatte sie getan?
    Als wäre sie ein Kind. Ein ungezogenes Kind, das darüber nachdenken sollte, warum es bestraft wurde.
    Er hatte vorhin schon einmal etwas in der Art zu ihr gesagt, nur konnte sie sich nicht erinnern.
    Denk nach, denk nach!
    Bevor die Erinnerung Gestalt annehmen konnte, ließ lautes Hämmern an der Tür sie zusammenschrecken. Sie hörte ihren Peiniger fluchen.
    „Aufmachen! Polizei!"
    Polizei?
    „Hilfe!" krächzte sie. „Hilfe!"
    Im Raum erklangen weitere Geräusche. Wurde da ein Fenster geöffnet?
    „Es ist deine Schuld", flüsterte der Unbekannte ihr ins Ohr. „Es ist alles deine Schuld.
    Diesmal kommst du noch davon, du Schlampe. Aber du
    wirst bezahlen! Wir sehen uns wieder..."
    Und dann spürte sie, wie er verschwand.
    Lautes Krachen und das Splittern von Holz verrieten, dass die Polizei die Tür aufgebrochen hatte.
    „Gott sei Dank", schluchzte sie haltlos.
    „Polizei! Keiner rührt sich von der Stelle!"
    „Außer einer Frau ist hier niemand", erklang eine zweite, tiefere Stimme.
    „Überprüf das Badezimmer."
    Lynn fühlte eine Hand an ihrem Hinterkopf, und plötzlich blendete sie grelles Licht. Sie presste die Augen zusammen, dann öffnete sie sie einen Spalt weit und sah verschwommen ein schmuddeliges Hotelzimmer. Gleich darauf waren ihre Hände frei, aber sie konnte die Arme kaum bewegen. Sie konzentrierte ihren Blick auf eine Uniform.
    „Hier ist auch niemand ..."
    „Fenster", krächzte sie, und der zweite Polizist rannte um sie herum.
    „Zu spät. Er ist fort."
    Aber er kommt zurück, dachte sie hysterisch. Und er würde sie nicht in Ruhe lassen.
    Wer auch immer er war.
    Wir sehen uns wieder...
    Er würde kommen.
    Und sie umbringen.

1. KAPITEL
    „Wir kriegen den Mistkerl, Miss Cross", verkündete Detective Stella Jacobek und sah sie mitfühlend an. „Es ist
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