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Ein Koffer voller Tiere

Ein Koffer voller Tiere

Titel: Ein Koffer voller Tiere
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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auf den Sitzstangen, um auszuprobieren, wie stark sie waren. Dann gaben wir ihr eine große Portion gemischter Früchte und eine Plastikschüssel mit Milch.
    Der Fon war an unserer Neuerwerbung sehr interessiert, denn er hatte nie zuvor einen großen lebenden Schimpansen gesehen. Am Abend bat ich ihn also zu einem Whisky herüber, damit er Minnie kennenlerne. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit kam er. Heute trug er ein grün-rotes Gewand und ließ sich von fünf Räten und zwei Lieblingsfrauen begleiten. Nach der Begrüßung und dem ersten Glas nahm ich die Lampe und führte den Fon mit seinem Gefolge die Veranda hinunter zu Minnies Käfig, der leer zu sein schien. Als ich die Lampe hochhob, sahen wir, daß Minnie schlafen gegangen war. Aus trockenen Bananenblättern hatte sie sich eine bequeme Lagerstätte gemacht. Darauf lag sie auf der Seite, den Kopf auf der Hand, mit einem alten Sack, den wir ihr gegeben hatten, sorgfältig bis unter die Achseln zugedeckt.
    »Wah! Sie schläft wie ein Mensch«, sagte der Fon erstaunt. »Ja, ja, sie schlafen wie Menschen«, fielen die Räte ein.
    Minnie, gestört durch das Licht und die Stimmen, öffnete ein Auge, um zu sehen, was los sei. Der Anblick des Fon und seiner Gesellschaft erregte ihre Neugier, sie warf den Sack behutsam zurück und watschelte ans Gitter.
    »Wah«, sagte der Fon, »sie sieht aus wie ein Mensch.«
    Minnie betrachtete den Fon von oben bis unten und meinte dann, man könne ihn zu einem Spiel verführen. Darum schlug sie mit ihren großen Fländen laut den Takt an die Stäbe. Der Fon und sein Gefolge wichen zurück.
    »Habt keine Angst, sie macht nur Spaß«, sagte ich.
    Vorsichtig näherte sich der Fon wieder dem Käfig, und auf seinem Gesicht spielten Erstaunen und Vergnügen. Ebenso vorsichtig beugte er sich vor und hämmerte mit der Handfläche an die Stäbe. Die begeisterte Minnie antwortete ihm mit einer Kanonade von Schlägen, die ihn zurückspringen, dann aber vor Begeisterung lachen ließen.
    »Sieh, ihre Hand, ihre Hand! Sie hat Hand wie Mensch«, staunte er.
    Der Fon bückte sich und hämmerte wieder an das Gitter, Minnie antwortete.
    »Sie macht Musika mit mir!« Der Fon schüttelte sich vor Lachen.
    Ermutigt von dem Erfolg, lief Minnie mehrere Male im Käfig herum, vollführte einige Rückwärtssaltos auf ihren Sitzstangen und hockte sich dann vorne hin. Sie ergriff ihren Freßnapf und setzte ihn auf den Kopf, auf dem er wie ein Stahlhelm thronte. Der Fon und seine Begleitung lachten so laut, daß sämtliche Dorfhunde zu bellen anfingen.
    »Der Hut, der Hut!« Der Fon krümmte sich vor Vergnügen. Da ich merkte, daß es unmöglich war, ihn von Minnie fortzubringen, ließ ich Tische, Stühle und Getränke herausschaffen und auf die Veranda in die Nähe des Käfigs stellen. Der Fon trank seinen Whisky und prustete dann wieder vor Lachen, während Minnie wie ein alter Zirkusclown Kunststücke zeigte. Als sie müde geworden war, setzte sie sich an die Stäbe neben den Fon und sah ihm interessiert beim Trinken zu. Den Plastikhelm hatte sie immer noch auf dem Kopf. Der Fon lachte sie an und beugte sich zu ihr hinunter, bis sein Gesicht kaum zehn Zentimeter von Minnies entfernt war, hob sein Glas und sagte: »Chirri-ho!«
    Zu meinem Erstaunen antwortete Minnie, indem sie ihre langen beweglichen Lippen vorschob, die Zunge zusammenrollte und ihn anblies, so laut und feucht, wie es nur einem Affen möglich ist.
    Der Fon lachte über diesen Scherz so laut und so lange, bis wir am Ende alle hysterisch vor Vergnügen waren. Schließlich nahm er sich zusammen, wischte sich die Augen, beugte sich vor und zahlte Minnie in gleicher Münze heim. Doch blieb er ein Amateur im Vergleich zu Minnie, die noch lauter und feuchter blies. .
    »Bsuuuu...«, es donnerte wie Maschinengewehrfeuer über die Veranda. Für die nächsten fünf Minuten unterhielten der Fon und Minnie ein schnelles Kreuzfeuer, bis der Fon aufgeben mußte und Minnie der totale Sieger blieb — sie hatte mehr Ausdauer, war schneller, feuchter und viel klangvoller als er.
    Schließlich verließ uns der Fon. Wir sahen, wie er über den großen Hof ging und das Feuer nun auf seine Räte eröffnete, »bsuuuu...«, sie bogen sich vor Lachen. Minnie, mit dem Ausdruck einer Dame der Gesellschaft nach einer anstrengenden Dinerparty, gähnte laut und ging dann, um sich auf ihr Bananenbett zu legen. Sie deckte sich sorgfältig mit dem Sack zu, legte die Hand unter die Wange und schlief ein.

Dritter Teil:
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