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0247 - Vampir-Terror

0247 - Vampir-Terror

Titel: 0247 - Vampir-Terror
Autoren: Werner Kurt Giesa und Andreas Decker
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Stets erlebte er in dem Traum das gleiche. Er stand vor einem See aus kochendem Blut, und verspürte den unwiderstehlichen Drang, sich niederzuknien und das lebensspendende Naß zu schöpfen. Doch bevor er seine Lippen auch nur benetzen konnte, glätteten sich die Wellen wie von Zauberhand. Eine monströse Kreatur tauchte aus den unergründlichen Tiefen des Sees und verharrte dicht unter der Oberfläche. Er hätte die Bestie detailliert beschreiben können. Nur das Gesicht nicht! Ständig hielt es sich hinter den roten Nebeln verborgen.
    Doch je länger sich der Traum wiederholte, umso klarer wurden die Konturen. Gesichtszüge erschienen, und schließlich mußte er sich eingestehen, daß ihm der Anblick auf eine beunruhigende Art und Weise vertraut war.
    Bis er eines Nachts wieder in den Blutsee starrte und ihm plötzlich die monströse Fratze eines Urweltdämons entgegenstarrte. Im gleichen Moment traf ihn die schreckliche Wahrheit wie ein Schlag. Es war seine eigene!
    ***
    Betsy Walker schalt sich einen Narren, daß sie zu dieser späten Stunde anstatt ein Taxi zu nehmen, zu Fuß nach Hause ging. Aber ein Taxi kostete Geld, und der nächste Erste war noch weit. Zwar hätte sie sich mühelos von einem der Studenten auf der Party nach Hause bringen lassen können. Aber da sie sich die Burschen ohnehin den ganzen Abend nur mit Mühe vom Leibe halten konnte, hatte sie an diese Möglichkeit keinen Gedanken verschwendet. Tapfer machte sie sich auf Schusters Rappen auf den Weg durch das nächtliche Oxford.
    Ihre spitzen Absätze erzeugten auf dem harten Asphalt ein gespenstisches Klappern. Fröstelnd zog sie den Kragen ihres dünnen Mantels enger um ihren Hals, da es empfindlich kühl war. Außerdem begann es noch leicht zu nieseln. Betsy fluchte ganz undamenhaft. Das hatte ihr zu ihrem Glück noch gefehlt.
    Sie würde klatschnaß nach Hause kommen, wo ihre Eltern auch um drei Uhr morgens nicht auf ihre Strafpredigt verzichten würden. Betsy kannte die Zeremonie ganz genau. Ein brüllender Vater, eine weinende Mutter, die hinterher drei Tage lang kein Wort mehr mit ihr wechseln würde. Es war immer das gleiche: sie wurde wie eine kleines Kind behandelt, dabei war sie fast volljährig.
    Ein seltsames Geräusch riß Betsy aus ihren unerfreulichen Gedanken. Irritiert hob das Mädchen den Kopf und blickte in den dunklen Himmel.
    Etwas flog über sie hinweg.
    Es klang wie ein Stück Leinwand, das im Wind hin- und herflatterte.
    Verwundert blieb sie stehen.
    Einen Vogel, der mit seinen Flügeln so einen merkwürdigen Laut erzeugen konnte, gab es in ganz Mittelengland nicht. Da war sich Betsy sicher.
    Sie konnte nicht wissen, daß das personifizierte Grauen über ihr kreiste.
    ***
    Instinktiv schreckte er von dem Ufer des Blutsees zurück. Noch nie war der Traum so real gewesen. Noch nie war ihm aufgefallen, wie sehr er sich jede Nacht nach dem Traum gesehnt hatte. Was passierte mit ihm?
    Dann warf er die letzten Bedenken über Bord und beugte sich wieder vor, um mit schiefgelegtem Kopf sein neues Aussehen zu betrachten. Doch das Blut begann wieder zu kochen und das Spiegelbild, dessen bloße Existenz jeglichen Naturgesetzen Hohn sprach, verschwamm unter seinem Blick.
    Eine primitive, bestialische Wut schoß in ihm hoch. Er drosch mit beiden Fäusten in den See und das warme Naß spritzte hoch in seine Fratze. Unwillkürlich leckte er es ab.
    Ein bohrender Hunger schoß aus seinen Eingeweiden hoch, als hätte er schon seit ewigen Zeiten nichts mehr zu sich genommen. Vor Schmerz aufheulend sprang er kopfüber in den Blutsee.
    Aber anstatt einzutauchen fiel er in eine bodenlose Tiefe. Der See schrumpfte vor seinen Augen zu einem winzigen Punkt zusammen, der höhnisch vor ihm hin und her tanzte. Vor Wut kreischend schlug er danach, aber selbst seine unnatürlich langen Arme erreichten ihn nicht.
    Plötzlich wich das diffuse Zwielicht der vertrauten kalten Nacht. Frische Luft wehte ihm entgegen. Sein Fall beschleunigte sich. Panik drohte ihn zu lähmen, doch plötzlich wußte er ganz genau, was er zu tun hatte. Brachliegende Erinnerungen, die nur auf eine Aktivierung gewartet hatten, krochen in seinem Geist empor, und voll Zuversicht befahl er seinem neuen Körper, sich zu verändern.
    Sein großer, wuchtiger Körper schrumpfte in sich zusammen. Voller Triumph fühlte er, wie die langen Arme von großen, ledrigen Schwingen ersetzt wurden.
    Augenblicklich verlangsamte sich sein Fall und ging in einen schwebenden, gleichmäßigen Flug
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