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Ein Koffer voller Tiere

Ein Koffer voller Tiere

Titel: Ein Koffer voller Tiere
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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Abendbrot kalt. So verdankten wir Georgina einen wirklich vergnügten Abend.
    Die größte Freude und Unterhaltung bereiteten uns jedoch die Menschenaffen. Den ersten brachte man uns eines Morgens. Hingegossen lag er in den Armen des Jägers mit einem so überheblich vornehmen Ausdruck auf dem kleinen runzligen Gesicht, daß man meinen konnte, der Jäger sei der Diener, der ihn herumzutragen habe wie einen orientalischen Potentaten. Ruhig saß er auf der Treppe des Gästehauses und beobachtete mit intelligenten, spöttischen braunen Augen, wie der Jäger mit mir über den Preis für ihn feilschte. Er schien andeuten zu wollen, daß der schmutzige Handel für einen Schimpansen seiner Herkunft äußerst geschmacklos sei. Als das Geschäft abgeschlossen war, und der schnöde Gewinn den Besitzer gewechselt hatte, nahm unser Affenaristokrat herablassend meine Hand und ging mit mir ins Wohnzimmer. Mit dem Ausdruck schlecht verhohlenen Abscheus sah er sich um, wie ein Herzog sich in der Küche seines kranken Lehnsmannes umsieht, vor dem er sich demokratisch zeigen will, so unangenehm es auch sein mag. Auf dem Tisch sitzend, erwies er uns die Gnade, unsere bescheidene Gabe, eine Banane, anzunehmen; er gab sich den Anschein, als sei er der Ehren müde, die man ihm sein Leben lang erwiesen hatte. Auf der Stelle beschlossen wir, diesem blaublütigen Affen einen Namen zu geben, der seiner würdig sei, und nannten ihn Cholmondeley St. John, ausgesprochen natürlich Chumley Sinjun. Später, als wir vertrauter mit ihm waren, erlaubte er uns, ihn einfach Chum zu nennen oder manchmal auch, wenn wir auf ihn wütend waren, »du verfluchter Affe«. Diese Bezeichnung erschien uns jedoch wie Majestätsbeleidigung. Wir bauten einen Käfig für Chumley — mit dem er gar nicht einverstanden war — und ließen ihn nur zu bestimmten Zeiten herumlaufen, wenn wir auf ihn aufpassen konnten. Morgens früh zum Beispiel wurde er herausgelassen. Dann durfte er einen unserer Bedienten, der uns den Morgentee brachte, in unser Schlafzimmer begleiten. Er galoppierte quer durch den Raum, sprang in mein Bett, gab mir einen feuchten, flüchtigen Kuß zur Begrüßung und beobachtete dann mit Grunzen und abgehackten »Ah-Ah«-Kufen, wie das Tablett gebracht wurde, um sicher zu sein, daß seine Tasse — eine Tasse aus Zinn wegen der besseren Haltbarkeit — nicht vergessen wurde. Zurückgelehnt sah er zu, wie ich Milch, Tee und Zucker (fünf Teelöffel) in seinen Becher tat. Wenn alles fertig war, zerrte er mir mit aufgeregten Händen die Tasse fort, grub sein Gesicht hinein und begann so geräuschvoll zu trinken, daß es sich anhörte, als ob eine große Badewanne auslaufe. Ohne abzusetzen oder Luft zu holen, leerte er den Becher, hob ihn dabei hoch, bis die Unterseite nach oben zeigte. Dann ließ er den köstlichen, halbgeschmolzenen Zucker in sein offenes Maul laufen. Wenn er sicher war, daß nichts mehr kam, seufzte er tief, rülpste nachdenklich und gab mir den Becher zurück in der vagen Hoffnung, ich würde ihn nachfüllen. Hatte er begriffen, daß ihm der Wunsch nicht erfüllt würde, sah er mir zu, wie ich meinen Tee trank, und versuchte, mich zu unterhalten. Verschiedene Spiele erfand er zu meinem Vergnügen. Alle waren anstrengend für eine so frühe Morgenstunde. Zuerst schlich er ans Fußende, hockte sich dort hin und warf mir verstohlene Blicke zu, um sich zu vergewissern, ob ich ihn beachtete. Dann griff er mit seiner kalten Hand unter die Bettdecke nach meinen Zehen. Ich mußte darauf mit geheucheltem Wutschrei auffahren, während er aus dem Bett und in die andere Zimmerecke sprang; dabei beobachtete er mich über die Schulter mit einen schadenfrohen Ausdruck in seinen braunen Augen. Wenn ich zu diesem Spiel keine Lust mehr hatte, gab ich vor zu schlafen. Vorsichtig schlich Chumley am Bett entlang und spähte für einige Sekunden in mein Gesicht, dann schoß sein langer Arm vor und fuhr mir ins volle Haar; bevor ich ihn festhalten konnte, raste er zurück. Gelang es mir jedoch, ihn zu fangen, legte ich meine Hände um seinen Rücken und kitzelte ihn am Hals, wobei er sich wand und krümmte, albern wie ein Kind kicherte, den Mund weit öffnete und beim Zurückziehen der Lippen seinen riesigen rosa Gaumen und die weißen Zähne zeigte.
    Unsere nächste Errungenschaft war eine große, fünfjährige Schimpansin mit Namen Minnie. Eines Tages tauchte ein holländischer Farmer hei uns auf und sagte, er wolle uns Minnie verkaufen, da er bald für
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