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Ein Koffer voller Tiere

Ein Koffer voller Tiere

Titel: Ein Koffer voller Tiere
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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sein kaputt.«
    Wütend stampfte er mit seinem enormen Fuß auf, trat dabei mitten in die Ölpfütze und bespritzte den schon triefenden Sarong der alten Dame noch mehr. Ihr Geschrei erinnerte an eine heulende Granate. Sie zitterte vor Wut und fand endlich die Sprache wieder. Nur ein Wort schleuderte sie heraus. »Ibo!« zischte sie böse. Jetzt war es für mich höchste Zeit einzugreifen.
    Philipp taumelte vor dieser Beschimpfung zurück; denn die Ibos sind ein Stamm Nigerias, den die Bewohner Kameruns nur mit Verachtung und Ekel betrachten. Es gilt als tödliche Beleidigung in Kamerun, jemanden einen Ibo zu nennen. Ehe Philipp sich fassen und an der alten Dame rächen konnte, trat ich dazwischen und gab mir Mühe, nicht zu lachen. Ich beruhigte die gute Frau, zahlte ihr eine angemessene Entschädigung für den Sarong und das öl und besänftigte dann den immer noch kochenden Philipp, indem ich ihm ein Paar Shorts, Socken und ein Hemd von mir versprach. Dann band ich die klebrige Georgina los und brachte sie an eine Stelle, wo sie keine kostspieligen Angriffe auf die örtliche Bevölkerung unternehmen konnte.
    Doch waren wir mit Georgina noch nicht am Ende. Unglücklicherweise band ich sie unter der Erdgeschoßveranda an, nahe dem Raum, den wir als Bad benutzten. In einer großen, runden Plastikwanne wuschen wir jeden Abend Schweiß und Schmutz; der Tagesarbeit ab. Leider war diese Wanne ein wenig zu klein. Um sich im warmen Wasser ausstrecken zu können, ließ man Füße und Beine aus der auf einer Holzkiste stehenden Wanne hängen. In der glatten Wanne kostete es erhebliche Anstrengungen, sich aufzurichten, um Seife und Handtuch oder sonst etwas zu erreichen. Doch in Ermangelung eines Besseren mußten wir damit zufrieden sein.
    Sophie genoß ihr Bad am meisten und blieb viel länger darin als wir anderen. Sie pflegte behaglich im warmen Wasser zu liegen, zu rauchen und bei einer Sturmlaterne zu lesen. An diesem Abend fielen Sophies Waschungen kürzer aus. Die Badezeremonien begannen jeweils damit, daß einer unserer Bedienten kam und in der ihm eigenen verschwörerischen Art verkündete »Bad fertig, Madame«. Sophie nahm Buch und Zigaretten und machte sich auf den Weg. Sie fand das Bad schon von Georgina mit Beschlag belegt. Unsere Heldin hatte gemerkt, daß sie von der Stelle, an der ich sie angebunden hatte, diesen interessanten Raum erreichen konnte. Sie saß neben der Wanne und tunkte das Handtuch ins Wasser. Dabei gab sie kurze kehlige Laute der Zufriedenheit von sich. Sophie verscheuchte Georgina, ließ sich ein neues Handtuch bringen, schloß die Tür und streckte sich im warmen Wasser aus. Wie sich bald herausstellte, war die Tür nicht richtig geschlossen. Georgina hatte noch nie in ihrem Leben jemandem beim Baden zugesehen und wollte diese einmalige Gelegenheit nicht ungenutzt vorübergehen lassen. Sie warf sich gegen die Tür und schlug sie weit auf. Jetzt saß Sophie in der Falle. In der Wanne eingeklemmt, konnte sie nicht herauslangen und die Tür schließen. Bei offener Tür dazuliegen, war wiederum unmöglich. Mit großer Anstrengung beugte sie sich aus der Wanne und griff nach den Kleidern, die zum Glück danebenlagen. Georgina hielt das für den Anfang eines vielversprechenden Spieles. Sie sprang vor, zog Sophies Ausstattung an ihre haarige Brust und rannte davon. Jetzt blieb Sophie nur noch das Handtuch. Sie kämpfte sich aus der Wanne, wickelte sich in diese unzureichende Hülle, vergewisserte sich, daß niemand in der Nähe war und ging hinaus, um ihre Kleider zurückzugewinnen. Georgina, die sah, daß Sophie mitspielte, jauchzte entzückt. Als Sophie auf sie zusprang, rannte sie in den Baderaum zurück und steckte Sophies Kleider eilig in die Wanne. Sophies Entsetzensschrei nahm sie als Aufmunterung, ergriff die Schachtel Zigaretten und warf sie ebenfalls ins Wasser, vermutlich um herauszufinden, ob sie schwimmen können. Die Schachtel ging unter, und fast vierzig Zigaretten stiegen verdorben an die Oberfläche. In dem Bemühen, alles zu tun, um Sophie zu belustigen, kippte sie die Wanne um. Von dem Lärm angezogen, erschien ich gerade in dem Augenblick auf der Bildfläche, als Georgina behende in die Wanne sprang und ungefähr wie beim Traubenkeltern in dem Mischmasch aus durchweichten Zigaretten und Kleidern herumtrat. Es kostete uns viel Mühe, den animierten Pavian fortzuschaffen, für Sophie neues Badewasser einzufüllen und frische Kleider und Zigaretten zu besorgen. Am Ende war das
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