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Ein Jahr – ein Leben

Ein Jahr – ein Leben

Titel: Ein Jahr – ein Leben
Autoren: Iris Berben , Christoph Amend
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Erfolg, mit ihm und durch ihn. Aber meine Frage blieb.
    Sie haben gedreht.
    Über acht Wochen lang, ja. Es war eine Zeit von unendlichen Auseinandersetzungen. Mit meinem Filmpartner, der den russischen Schriftsteller gespielt hat, konnte er nicht umgehen. Was mich an dem Buch fasziniert hatte, die Sprache, die Annäherung, die Feinheiten, auch die politische Dimension durch die unterschiedliche Herkunft der beiden, das alles wurde im Film viel zu wenig gezeigt.
    Wie geht es nach den Dreharbeiten weiter? Irgendwann sehen Sie den fertigen Film …
    … ja, und meine Befürchtungen haben sich bestätigt.
    Später kommen die PR -Termine, Auftritte, Interviews.
    Und dann wird’s eng. Da fängt man an, sich irgendwie durchzumanövrieren. Man bittet also die Produzenten darum, aus möglichst vielen Terminen herausgehalten zu werden, aber so ganz kann man sich nicht entziehen. Das ist auch vertraglich geregelt.
    Sie wollten vermutlich den anderen Beteiligten an dem Film auch nicht öffentlich in den Rücken fallen.
    Ich hätte mir selbst in den Rücken fallen müssen. Monate vorher hätte ich absagen müssen. Jetzt saß ich da und konnte weder dem Regisseur noch der Produktionsfirma einen Vorwurf machen. Ich hatte es doch geahnt! Aber ich hatte nicht auf mich gehört. Und das meine ich mit »eng«: Es wird eng mit einem selbst.
    Wie sind Sie damit umgegangen?
    Ich hatte keinen guten Draht zu mir in der Zeit. Ich habe versucht herauszufinden: Wie eiskalt kalkulierend bist du denn jetzt? Wie schaffst du das in der Öffentlichkeit? Ich hätte keine Bedenken gehabt, über mein Versagen zu reden, aber wenn ich jetzt die Wahrheit sage, da ziehe ich so viele andere mit hinein, die Produzenten, die Kollegen, auch den Regisseur, der selbst übrigens gar nicht unglücklich war mit dem Resultat. Da wünsche ich mir, eine Viertelstunde lang Klaus Kinski zu sein. Einfach alles rauszurotzen.
    Bei den »Buddenbrooks« ist das Ihrer Kollegin Jessica Schwarz passiert, die sich vor der Ausstrahlung kritisch geäußert und einen ziemlichen Wirbel ausgelöst hat. Sie hat das alles allerdings sofort wieder zurückgenommen.
    In unserer Zeit der ewig perfekten Maskerade tut es auch mal ganz gut, nicht perfekt zu sein. Die Skandale von heute sind doch gar keine mehr. Kinski, ja, der hat noch richtig auf die Pauke gehauen.
    Hätte der Sie interessiert? Als Kollege? Als Mann?
    Als Mann: ja. Als ich sehr jung war, hätte ich mir nicht zugetraut, mit ihm zu arbeiten. Heute könnte ich damit umgehen und sagen: Ja, ich will so etwas Unberechenbares, so ein Tier neben mir haben, auch um mich selber zu erleben, wie ich dranbleibe, wie ich damit fertig werde. Kinski und Skandal – das gehörte zusammen, aber eben auch inhaltlich. Heute wird doch fast alles planmäßig medial inszeniert.
    Wenn das so ist, wie Sie sagen: Wie ist es dazu gekommen?
    Ich weiß nicht. Es hat vor einigen Jahren begonnen, dass auch die seriösesten Medien damit angefangen haben, sich mit den boulevardeskesten Figuren intensiv zu beschäftigen, nach dem Motto, wir erklären unseren Lesern und Zuschauern das Phänomen XY . Für mich wirkt das manchmal wie ein Deckmantel, um auch bunte Geschichten zu erzählen. Und plötzlich schafft es dieses oder jenes »Phänomen« auch ins Feuilleton. Beim Boulevard ist der Druck genauso groß geworden.
    Nun bewegen auch Sie sich im Boulevard.
    Ich verteufele den Boulevard auch überhaupt nicht. Ich sage nur, früher gab es schärfere Unterscheidungen. Oder anders formuliert: Der Fluss zwischen dem seriösen Ufer und dem boulevardesken Ufer war breiter.
    Und Sie meinen: Deshalb konnten sich Prominente auch mehr erlauben, hatten größere Freiheiten, à la Kinski?
    Absolut. Ich will ja den Lauf der Welt auch nicht aufhalten, aber umso wichtiger ist es für einen selbst, Grenzen zu definieren, für sich die eigene Haltung zu den Dingen zu klären.
    Zum Beispiel wann?
    Ich habe keinen Computer, ich habe keine E-Mail-Adresse. Ich habe mich noch nie gegoogelt. Ich bin nicht bei Facebook.
    Aber Sie haben eine Assistentin.
    Ich weiß um die Bedeutung von Entwicklungen und Fortschritt, ich bin beeindruckt davon und ich profitiere davon in hohem Maße. Aber ich zahle wirklich gerne mein Büro dafür, das zu bedienen und mir die Wahl zu lassen.
    Eine luxuriöse Position.
    Absolut luxuriös, ja. Wenn ich mir das nicht leisten könnte, würde ich mich natürlich selber damit auseinandersetzen. Aber auch dann würde ich Ihnen garantieren, dass ich nicht auf
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