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Purzelbaum

Purzelbaum

Titel: Purzelbaum
Autoren: Selma Stephenson
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EINS
    Die ersten Sonnenstrahlen des Tages kitzeln mich an der Nase. Es kostet eine Menge Überredungskunst, um meine Augenlider dazu zu bewegen sich zu öffnen. Auch mein Kopf signalisiert mir, mit dem Plan jetzt schon aufzustehen, nicht einverstanden zu sein.
    Also versuche ich es erst mal mit einem Auge, hebe meine Hand schwerfällig und taste nach meinem Smartphone. Auf dem Nachttisch liegend hat es nach einer halben Stunde durchgehendem Alarm letztendlich aufgegeben, seine Besitzerin aus dem Schlaf holen zu wollen. Als ich endlich einen Blick auf das Display riskiere bin ich schlagartig wach.
    11:32 zeigt die Uhr und bereits fünf verpasste Anrufe von meinem Chef. Es ist also schon die Mittagssonne, die an diesem, für einen siebenten Januar, schönen und sonnigen Tag durch die großen Fensterflächen der Dachterrassenwohnung scheint.
    In nur einer Stunde hätte ich ein wichtiges Meeting mit dem Vorstand, in dem ich meine Marketingstrategie für die kommenden Monate präsentieren sollte. Darum wollte ich eigentlich früher im Büro sein um mich darauf vorbereiten zu können. Aber es kam anders als geplant.
    Genau am Abend vor meinem großen Termin, verkündete meine beste Freundin Caro nach dem gemeinsamen Kinobesuch mit Biene, Julia, Lisa und Carmen, dass sie in sechs Monaten heiraten wird. Unsere Mädelsrunde, die danach nicht mehr zu halten war, enterte eine kleine Cocktailbar neben dem Kinocenter, um die tolle Neuigkeit zu feiern. Ausgelassen unterhielten wir uns über Caros Brautkleid, die Gästeliste, die Blumenarrangements, das Essen und die Zeremonie. Carmen und Julia buhlten um das Amt der Trauzeugin, und übertrafen sich gegenseitig mit Ideen für die Hochzeitsfeier.
    Irgendwann zwischen Strawberry Margarita und Mojito, kam ihnen die Idee, den Junggesellinnenabschied unserer Freundin ordentlich zu feiern. Es musste ein Abschied sein der es in sich hatte. Sie wollten eine Feier planen, an die sie sich alle noch Jahre später gerne erinnern würden.
    Diese Idee gefiel mir, vor allem auch, weil ich mir keine Gedanken über die Planung machen müsste und Carmen und Julia würden das sicher gut ohne mich hinbekommen. Schließlich habe ich seit über vier Jahren niemanden mehr, um den ich mich sorgen muss. Damals hat mich Torsten wegen einer jüngeren Frau sitzen gelassen, mit der er über Monate ein Verhältnis hatte, von dem ich nichts mitbekam. Eines Abends sprach ich ihn auf sein wachsendes Desinteresse an, und wurde postwendend abserviert. Er erklärte mir, er hätte sich ‚entliebt‘ und würde keine gemeinsame Basis mehr mit mir finden. Dann packte er noch am selben Abend seine Koffer, und zog aus unserer gemeinsamen Wohnung aus. Mir saß der Schock ziemlich tief, bereits mit knapp über dreißig durch eine Jüngere ersetzt zu werden. Damit hätte ich niemals gerechnet. Im Nachhinein kam ich auch dahinter wie, und vor allem wann er meine Nachfolgerin kennen lernte, und wie lange er bereits eine Affäre hatte, bevor es zur Trennung kam. So beschloss ich damals, in Zukunft bei Männern vorsichtiger zu sein, um nicht noch einmal derart verletzt zu werden.
    Allerdings muss ich im Nachhinein auch in so mancher Hinsicht für Torstens Verhalten dankbar sein, denn nach dem ersten Trennungsschmerz beschloss ich mein Leben vollkommen umzukrempeln. Ich suchte mir eine neue Wohnung, denn in der alten erdrückten mich die Erinnerungen. Wir lebten in einer kleinen aber gemütlichen Wohnung nahe dem Schloss Nymphenburg zur Miete. Oft waren wir im Schlosspark spazieren und planten die gemeinsame Zukunft. Ein hübsches Häuschen am Münchner Stadtrand, mit einem kleinen Garten und zwei Kindern die darin umhertoben.
    Die neue Wohnung sollte daher möglichst wenig mit der alten gemein haben. Die ideale Immobilie fand ich nur einen Steinwurf von der Münchner Frauenkirche entfernt. Zugegeben, man müsste den Stein dafür schon ziemlich kräftig schleudern, und die Sonnenstraße die unterhalb vorbeiführt, ist ziemlich stark befahren, aber die Wohnung liegt im Zentrum, hat große Fenster, die einen traumhaften Blick über München gewähren, und eine kleine Dachterrasse, auf der es sich an lauen Abenden perfekt relaxen lässt. Dass die Miete fast doppelt so hoch ist wie bei der alten Wohnung, ist ein kleiner Wermutstropfen. Ich musste mich eben ein bisschen einschränken, wenn es um Kleidung ging.
    Als ich die neue Wohnung bezog, entsorgte ich auch das Türschild der alten Wohnung. Torstens Name auf dem Schild war ein
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