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Ein Hauch Vanille (German Edition)

Ein Hauch Vanille (German Edition)

Titel: Ein Hauch Vanille (German Edition)
Autoren: Heike Berg
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hab ich noch nicht. Aber wahrscheinlich fällt mir die
Entscheidung auch leichter, wenn wir wieder zu Hause sind und Michael uns
wieder in seinen Fängen hat.“
    Draußen
auf dem Gang war lautes Gemurmel zu hören. Das Gerede wurde immer lauter, bis
es an der Tür langsam verhallte und nur noch ein Türklopfen zu hören war. „Herein!“
riefen wir zeitgleich, dem ein Pulk von Ärzten in weißen Kitteln folgte.              
„Ah, hier sind sie!“ sagte der Oberarzt, als er mich erspähte. „Das trifft sich
gut, dann machen wir gleich einen Abwasch!“ Die fünf anderen Ärzte um ihn herum
sogen alles auf, was aus seinem Munde kam und er genoss es in vollen Zügen. Im
Eilverfahren ging er die Patientenglatte durch, die ihm ein anderer vor die
Nase hielt.  
„Die Werte sehen alle gut aus, sie können beide heute noch nach Hause gehen.“
Mahnend hielt er den Zeigefinger hoch. „Und zukünftig Finger weg von den
Pilzen!“ Ich verzog die Mundwinkel.     
„Ja ja, sehr witzig!“ Wie eine Entenschar verließen sie den Raum, während ich
mich wieder Robert zuwandte. „Jetzt glaubt auch noch jeder, wir sind zu doof
zum Pilze sammeln, super!“
    Am
selben Tag holte uns Anne gemeinsam mit Michi aus dem Krankenhaus ab. Sie war
wie ausgewechselt. Anfangs dachte ich, es läge an unserem
Krankenhausaufenthalt, doch der wahre Grund eröffnete sich mir erst, als wir
wieder nach Hause kamen. Denn dort begrüßte uns nur Christian, sonst war
niemand zu sehen.  
„Michael ist ausgezogen“, sagte Anne und schien tatsächlich froh darüber zu
sein.              
„Aah!“ Ich blickte Robert freudestrahlend an.        
„Ich muss euch auch noch etwas sagen“, tat sie wieder so geheimnisvoll wie
damals im Auto, nur das diesmal kein Grinsen in ihrer Miene zu sehen war.               
„Ich habe meinen Job aufgeben müssen, weil ich ein Osteoblastom im Arm habe.
Das ist ein Knochentumor. Aber es ist nicht weiter schlimm. Ich muss nur nach
Münster und mir einen Spenderknochen transplantieren lassen.“  
Einen Moment lang waren wir sprachlos. Die Nachricht schockierte uns und auch
die Tatsache, wie leichtfüßig sie damit umging.    
„ Nur einen Spenderknochen transplantieren lassen?!“ wiederholte ich
skeptisch. 
„Ein Osteoblastom ist immer gutartig, aber er zerstört den Knochen, deshalb
muss er entfernt werden und weil es so weit fortgeschritten ist, brauche ich
die Transplantation. Ich hab den schon seit Jahren und habe es immer vor mir
her geschoben, doch jetzt sind die Schmerzen zu stark geworden.“  
„Das hast du schon seit Jahren und hast nie etwas gesagt?“ Mir wurde bewusst,
dass ich meine eigene Mutter gar nicht richtig kannte. Wie konnte man so etwas
denn nur für sich behalten und einfach nicht erwähnen? Ich musste mich erst
einmal setzen. Als wir alle am Tisch saßen, erklärte sie uns, dass sie nun auf
unsere Hilfe angewiesen wäre. Sie hatte schon alles klar gemacht. Eine
Nachbarin würde Michi  zum Kindergarten bringen und auch wieder abholen und
solange versorgen, bis wir nach Hause kommen.  
„Es sind ja nur ein paar Wochen, dann ist alles überstanden“, spielte sie es herunter.
Ich bemerkte Roberts Seitenblick in meine Richtung und ich glaube, zum ersten
Mal dachte er weiter als ich es tat.
Anne stand auf, um Kaffee zu kochen, während ich beide Ellenbögen auf den Tisch
stützte und meinen Kopf hielt.            
„Das heißt, ich kann nicht zu Fara und du nicht zu Shane“, flüsterte Robert mir
zu.              
„Ich weiß, aber weil Michael weg ist, ändert sich ja jetzt sowieso alles!“
antwortete ich ihm leise.       
„Deine Liebe zu Shane auch?“ fragte er vorwurfsvoll. Es war eindeutig, dass er
unbedingt zu Fara wollte.         
„Nein natürlich nicht!“ fuhr ich ihn ärgerlich an. „Würdest du Anne etwa
einfach ihrem Schicksal überlassen?“ Nachdenklich verstummte er. „Und was ist
mit Michi? Sie brauchen uns jetzt! Dann müssen wir es eben noch um ein Jahr verschieben“,
flüsterte ich. Doch ohne ein Wort zu sagen, stand er auf und ging enttäuscht
hinauf in sein Zimmer.           
„Robert!“ rief ich ihm noch hinterher, doch er drehte sich nicht einmal mehr
um. 
Wie hätte ich jetzt einfach gehen können? Endlich war Michael ausgezogen. Warum
musste sie ihn auch  ausgerechnet jetzt in den Wind schießen? Jahrelang hatten
wir ihn ertragen
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