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Ein Hauch Vanille (German Edition)

Ein Hauch Vanille (German Edition)

Titel: Ein Hauch Vanille (German Edition)
Autoren: Heike Berg
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Obwohl ich ihn selbst angezogen
hatte, konnte ich letzteres nicht beantworten. Ich versuchte mich zu erinnern,
aber es wollte mir partout nicht einfallen. Nicht ein Kleidungsstück konnte ich
benennen. Allgemein machte ich wohl einen so glaubhaft schockierten Eindruck,
dass er mir sofort einen Streifenwagen schickte.
    Robert
und ich saßen auf dem Boden, als der Polizeiwagen eintraf. Wir erzählten, dass
wir uns beim Pilze suchen getrennt und später aus den Augen verloren hätten.
Beide wären wir der Meinung gewesen, Michi wäre jeweils bei dem anderen
mitgelaufen und dass er uns so abhanden gekommen sei. Es war klar, dass er sich
verlaufen haben musste und irgendwo allein im Wald umherirrte. Schnell wurde
ein Suchtrupp zusammengestellt. Die freiwillige Feuerwehr wurde alarmiert und
jeder Bewohner Kaltenbachs, der laufen konnte, beteiligte sich an der Suche. Ein
paar Stunden später traf eine ganze Hundertschaft inklusive Hundestaffel ein,
um Michis Spur aufzunehmen. Sogar ein Helikopter mit Wärmebildkamera schwebte
über uns.              
Alles spielte sich wie im Film ab und wir mussten so tun, als würden wir
ebenfalls suchen. Dabei wussten wir genau, dass es absolut nichts zu finden
gab.               
Anne wurde mit einem Streifenwagen von der Arbeit abgeholt und beteiligte sich
ebenfalls an der Suche. Sie fragte uns, wo wir ihn zuletzt gesehen hätten.
Inmitten des Tumultes machte sie uns keinerlei Vorwürfe. Alle waren voller
Eifer bei der Sache, weil jeder davon ausging, dass wir ihn bald wiederfinden
würden. Bis die Dämmerung einbrach. Es wurden Suchscheinwerfer eingesetzt, weil
jeder das Bild eines kleinen, allein gelassenen, verängstigten  Jungen vor
Augen hatte. Einzig wir wussten es besser und durften nichts sagen.    
Ich zitterte am ganzen Leib und fühlte mich wie ein Verräter, weil ich jeden
einzelnen hier hinters Licht führte. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, Anne
klaren Wein einzuschenken, doch der weitergespielte Gedanke überzeugte mich
davon, dass sie uns sowieso nicht glauben würde. Ich selbst würde mir diese
Geschichte nicht einmal abnehmen. Zu guter Letzt hätten sie uns vielleicht
noch  eingewiesen.            
Die Schuldgefühle drohten mich bereits aufzufressen, doch dann überzeugte ich
mich selbst, dass es die beste aller Möglichkeiten gewesen war. Was hätte ich
sonst tun sollen?     
Die halbe Nacht wurde noch weitergesucht, das Radio wiederholte halbstündig
eine Vermisstenanzeige und irgendwann dazwischen sah ich Michael. Polizisten
hielten ihn von uns fern. Da wusste ich, dass es die richtige Entscheidung gewesen
war. Puterrot und außer sich vor Wut hielten ihn die Beamten unter ständigen
Ermahnungen davon ab, sich uns zu nähern. Voller Hass und mit
zusammengebissenen Zähnen blickte er uns von Weitem aus an. Wenn er uns jetzt
zu fassen bekommen würde, wären wir Geschichte, da war ich mir sicher.

 
    Ein Hauch
Vanille
     
     
     
    I
    nmitten
meines inneren Durcheinanders drang eine Stimme von weit her, leise zu mir
durch. Ich öffnete die Augen, konnte aber nichts erkennen. Meine Lider
flackerten, während die Stimme nun immer lauter wurde.      
„Lilly, Lilly?! Bist du wach?“                 
Jemand rüttelte an mir. Wieder versuchte ich meine Augen zu öffnen, jetzt wurde
es langsam heller. Verschwommen sah ich an die schneeweiße Decke über mir. Es
roch unangenehm medizinisch und erinnerte mich an meinen letzten
Zahnarztbesuch. Weil mir das Licht so grell in die Augen stach, konnte ich nur
blinzeln. Zögernd schaute ich mich um. Der Raum war hell und freundlich.
Vereinzelt hingen Bilder mit angedeuteten Landschaften in Pastellfarben an den
Wänden. Um mich herum standen medizinische Geräte, die meinen Herzschlag
nachahmten, der nun an Geschwindigkeit zunahm. Meine Arme waren mit Schläuchen
verbunden und versorgten mich mit allerlei Flüssigkeiten und Medikamenten.
Vorsichtig sah ich  meinen Körper entlang. Auf der Bettdecke sitzend, erspähte
ich neben mir Anne, die meine Hand drückte und sehr müde aussah. Sie hatte
dunkle Augenränder und war leichenblass. Aufgeregt rief sie meinen Namen. Als
sie meine offenen Augen sah, schrie sie sofort nach der Schwester und beugte
sich über mich.           
„Du bist wach, endlich!“ Erleichtert wischte sie sich die Tränen weg. Hellwach
schoss ich mit dem Oberkörper hoch.       
„Wo ist Michi?“ fragte ich, doch
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