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Ein guter Jahrgang-iO

Ein guter Jahrgang-iO

Titel: Ein guter Jahrgang-iO
Autoren: Peter Mayle
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er ihm das Kreuz zu brechen drohte, stemmte ihn hoch, als wäre er ein Sack Düngemittel, und küsste ihn auf beide Wangen.
    »Jetzt krieg dich wieder ein, Claude«, sagte Max. »Lass mich runter. Ich muss Charlie anrufen und ihm das alles erzählen.«
    * * *
    Der Rest des Sommers verging unter strahlend blauem Himmel, und nur das traditionelle Unwetter Mitte August brachte eine zeitweilige Erlösung von der Hitze. Im Weingarten und in der cave wurde hart und unablässig gearbeitet, wobei Fanny am Ende eines langen, anstrengenden Tages für Speis, Trank und andere leibliche Genüsse sorgte. Max lernte Traktor fahren, und als der goldene Herbst und damit die Weinlese nahte, pflückte er Trauben und sortierte sie nach ihrer Größe, ohne sie zu beschädigen. Sein Gesicht und seine Arme nahmen die Farbe einer eingelegten Nuss an, seine Hände entwickelten einen Schutzpanzer aus Schwielen, seine Kleider wurden staubig und ausgeblichen, seine Haare waren ständig zerzaust. Er hatte sich in seinem Leben nie glücklicher gefühlt.
    Madame Passepartout freute sich maßlos über die Postkarten, die regelmäßig aus London eintrafen, vor allem über solche, auf denen Mitglieder der königlichen Familie abgebildet waren. Allem Anschein nach führten Christie und Charlie in der Metropole nahtlos fort, was sie in St. Pons unter Madames neugierigen Augen begonnen hatten.
    Diese Thema wurde in ihrer alltäglichen Konversation zu einer Beschwörungsformel. »Es würde mich nicht wundern«, sagte sie zu Max, sobald eine neue Karte im Postkasten lag, »wenn sich daraus etwas Dauerhaftes entwickelte. Eine standesamtliche Trauung in der mairie wäre doch angemessen, non? Was ziehe ich nur an? Natürlich werden Sie der témoin de manage sein, Monsieur Max.«
    Und selbst Max, der wusste, wie sorgsam und erfolgreich sein Freund bisher den Hafen der Ehe gemieden hatte, war geneigt, ihr zuzustimmen.
    Er und Roussel planten, mit Unterstützung von Maurice - dem Leiter des ortsansässigen Crédit Agricole, der ihnen ein Darlehen gewährte - die alten Rebstöcke während der Wintermonate herauszureißen und sie durch Roussels Mischung aus Cabernet und Merlot zu ersetzen. In Zusammenarbeit mit Claudes Cousin aus der Baubranche hatten sie die dringend notwendigen Verbesserungen im Weinkeller durchgeführt: Sie hatten den Boden geschrubbt und gescheuert, Decken und Wände frisch getüncht und direkt hinter der Tür eine aus Natursteinen gemauerte einfache Theke errichtet. Im Schweiße ihres Angesichts hatten sie den Weg aufgeschüttet, der zur Scheune führte, und ein schlichtes, aber ansprechendes Hinweisschild an der Straße aufgestellt, für alle, die des Weges kamen und Lust verspürten, zu einer dégustation einzukehren.
     
    Was ihren Stolz, ihre Freude und ihre Hoffnung für die Zukunft betraf, so nannten sie den Wein, der auf der steinigen Parzelle wuchs, nicht länger Le Coin Perdu. Sie hatten beschlossen, den Namen des Weinguts zu verwenden und die Verpackung ihres Produktes zu veredeln, damit es der Qualität des Inhalts entsprach. Die Korken waren lang, die Verschlüsse verbleit und die Flaschen feuille morte, eine besondere, teure Glassorte, die das Eindringen der schädlichen ultravioletten Strahlen verhindert. Das Etikett war der Inbegriff einer klassischen Untertreibung, Purismus in Reinkultur: Le Griffon. Vin de Pays de Vaucluse. M. Skinner et C. Roussel, Propriétaires. Die beiden Eigner strebten das ehrgeizige Ziel an, das Niveau eines anderen exklusiven vin de pays zu erreichen: Domaine de Trévallon, einer der wenigen Qualitätsweine ohne kontrollierte Herkunftsbezeichnung, die ein echter Weinkenner für würdig erachtete, in Betracht zu ziehen.
    Das Unternehmen steckte natürlich noch in den Kinderschuhen, aber die Anfänge waren ermutigend. Mehrere gute Restaurants, eines sogar im weit entfernten Aix, hatten sich einverstanden erklärt, Le Griffon auf ihre Weinkarte zu setzen, und das trotz des Preises, der gesalzen war, wenn man die Maßstäbe des Luberon zugrunde legte. Max und Roussel liebäugelten mit dem Gedanken, im Mai nächsten Jahres mit ihrem Wein am Wettbewerb um die Appellation Mâçon teilzunehmen, um eines der begehrten Gütesiegel zu erringen. Doch schon jetzt war die Mund-zu-Mund-Propaganda außerordentlich, ein Schneeballsystem, das für stetigen Zuwachs sorgte.
    Bedauerlicherweise hatte es die Gruppe amerikanischer Touristen noch nicht erreicht, die an einem herrlichen Oktoberabend in der cave auftauchten,
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