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Ein guter Jahrgang-iO

Ein guter Jahrgang-iO

Titel: Ein guter Jahrgang-iO
Autoren: Peter Mayle
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marschierte unablässig auf und ab, Christie versuchte, ihr Augenmerk auf den Herald Tribune zu richten, und Roussel blätterte müßig in L'Equipe, der Sporttageszeitung. Als Charlie sich endlich zu ihnen gesellte, wandten sich ihre Blicke zuerst der Flasche in seiner Hand zu.
    »Bitte sehr.« Er stellte sie auf dem niedrigen Tisch vor ihnen ab. »Kostet euch rund achttausend Dollar, nach dem derzeitigen Preis. Ich gebe euch Rabatt, weil ich mir schon ein paar Schlückchen genehmigt habe. Schmeckt ausgezeichnet.« Die anderen schmunzelten nur über seinen Scherz. Er setzte sich und nahm seine Fliege ab, während er ein Sperrfeuer von Fragen über sich ergehen ließ, die Christie und Max an ihn hatten. Roussel entfernte den Korken, um seine Nase nah an den Hals der Flasche zu führen.
    Max unterbrach die olfaktorische Meditation. »Claude, stell die Flasche hin, denn es könnte sein, dass du gleich in Ohnmacht fällst. Fitzgerald verlangt tatsächlich hunderttausend Dollar für die Kiste von diesem Wein. Deinem Wein.«
    Roussels Augen weiteten sich ungläubig, dann schüttelte er langsam den Kopf. Die Welt war völlig aus den Fugen geraten. Hunderttausend Dollar, das war mehr, als er jemals für den Ertrag eines ganzen Jahres erhalten hatte. Der Zorn würde ihn später überkommen, im Moment stand er noch unter Schock. »Tu rigoles, non?« Seit Max ihn durch die Fährnisse des zeitgenössischen Flugbetriebs geleitet hatte, waren sie zum Du übergegangen.
    »Nein, das ist kein Scherz. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, ob es wirklich dein Wein ist, und du bist der Einzige, der diese Frage mit Sicherheit beantworten kann. Du hast die andere Flasche doch mitgebracht, oder? Zum Vergleich.« Max blickte ihn an und war erleichtert, ihn bestätigend nicken zu sehen. »Warum holst du sie nicht, und wir treffen uns in der Bar?«
    Die Bar befand sich direkt neben der Lobby und warb für die heimischen Getränke. Es war noch zu früh für die Invasion der geschniegelten Geschäftsleute, die seit dem Mittagessen keinen Tropfen mehr zu trinken bekommen hatten, und der Barkeeper freute sich über ein wenig Abwechslung. Als Roussel zurückkehrte, mit der zweiten Flasche, Probiergläsern, Papierservietten und einem leeren Eiskübel für jeden, der zu spucken entschied, stand alles auf dem Tisch bereit.
    Sie saßen in erwartungsvollem Schweigen da, den Blick auf Roussel gerichtet, als dieser den Wein einschenkte, ihn ans Licht hielt, wirbelte, schnüffelte und kostete, schluckte, wieder kostete und überlegte.
    »Bon.« Er saugte an seinen Zähnen und nickte mehrmals. »Das ist mein Wein.«
    Max beugte sich vor und legte die Hand auf Roussels Arm. »Bist du sicher, Claude? Absolut sicher?«
    Roussel machte eine geradezu entrüstete Miene. » Beh oui. Ich kenne diesen Wein, seit er eine Traube war. Das ist mein Wein.« Er schenkte Wein aus der zweiten Flasche ein, probierte und nickte erneut. »Mein Wein.«
    Ein kollektiver Seufzer der Erleichterung, sogar für den Barkeeper vernehmbar, der mit gespannter Aufmerksamkeit zugeschaut und zugehört hatte. Es bedurfte nur eines kleinen Winks von Max, um ihn an den Tisch zu holen, und als er ihre lächelnden Gesichter gewahrte, wurde seine Miene erwartungsvoll. Zufriedene Kunden waren nach seiner Erfahrung bereit, mehr zu trinken und mehr Trinkgeld zu geben als Gäste, die in seine Bar kamen, um ihren Kummer zu ertränken. »Je vous écoute, cher monsieur.«
    »Ich finde, meine Freunde verdienen ein Glas Champagner. Eine Flasche Krug, falls Sie eine eisgekühlte haben.«
    Krug hatte man natürlich. Gab es einen bestimmten Anlass, zu feiern? Der Barkeeper blieb wie angewurzelt stehen, die Augen auf die beiden Flaschen Wein von Roussel gerichtet, die kein Etikett hatten. In Bordeaux waren Flaschen ohne Etikett von besonderem Interesse.
    »Ein viel versprechender Jahrgang«, klärte Max ihn auf. »Wir wollen auf seinen Erfolg trinken.«
    Christie wartete, bis der Barkeeper sich auf die Suche nach dem Champagner begeben hatte, dann legte sie los. »Ich möchte Claudes Nase nicht zu nahe treten, aber fändest du es nicht klüger, den Wein fachkundig testen zu lassen, um ganz sicher zu gehen?« Sie blickte sich in der Runde am Tisch um. »Ihr wisst schon, eine Art DNA-Analyse. Es muss doch Dutzende von Laboratorien hier in der Stadt geben, die sich darauf spezialisiert haben.«
    Nach Auskunft des Barkeepers gab es diese in der Tat. Und besser noch, sein Bruder arbeitete in einem solchen
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