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Ein guter Jahrgang-iO

Ein guter Jahrgang-iO

Titel: Ein guter Jahrgang-iO
Autoren: Peter Mayle
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als Max und Roussel im hinteren Teil des Raumes damit beschäftigt waren, versandfertige Kartons übereinander zu stapeln. Roussel ging zum Tresen, um die Gäste zu begrüßen, stellte eine Reihe von Gläsern hin, schenkte Wein ein und wünschte ihnen eine bonne dégustation, bevor er wieder zu seinen Kartons zurückkehrte.
    Max konnte es sich nicht verkneifen, den Touristen zu lauschen.
    »Hey, der ist prima.« Ein beifälliges Murmeln der anderen Amerikaner. »Schmeckt wie Bordeaux. Aber ich wette, da ist auch Cabernet mit drin.«
    »Glaubst du, die liefern auch ins Ausland?«
    »Klar. Machen doch alle.«
    »Wo stehen die Preise? Ah ja, die kleine Liste dort drüben. Das Umrechnungsverhältnis zum Euro ist ungefähr eins zu eins, oder?«
    Schweigen. Und dann: »Herrgott! Was bilden die sich eigentlich ein, diese Franzosen? Dreißig Mäuse pro Flasche!«
    * * *
    »Einen Moment lang dachte ich, sie würden versuchen zu feilschen«, sagte Max später. »Aber dann besannen sie sich eines Besseren und kauften ein paar Flaschen, die sie unter sich aufteilen wollten. Das war der Augenblick, als mir die Idee für das Motto unseres Weinguts kam: LANGSAM ABER SICHER REICH WERDEN. Es war ein historischer Augenblick, weil das unser erstes Geschäft mit den Amerikanern war. Kultwinzer Mondavi - der den amerikanischen Markt fest im Griff hat - sollte sich in Acht nehmen.«
    Er nahm sein Glas und blickte an Charlie vorbei in die Gesichter an dem langen Tisch, der unter der Platane vor dem Haus aufgestellt war. Als Fanny erfahren hatte, dass Christie und Charlie planten, übers Wochenende aus London herüberzukommen, hatte sie sich erboten, das Restaurant zu schließen und zum Mittagessen ihre Spezialität zuzubereiten: das erste cassoulet für diesen Herbst. Die Gästeliste spiegelte ihr Credo wider, dass man für einen Eintopf aus Fleisch und weißen Bohnen viele hungrige Münder braucht; und natürlich das richtige Wetter. Was Letzteres anging, hätte sie sich nichts Besseres wünschen können: Der Oktober neigte sich mit einer Reihe spektakulärer Altweibersommertage dem Ende zu - kühl am Morgen, kühl in der Nacht und warm genug während des Tages, um im Freien zu essen, aber nicht zu heiß, um den Appetit zu dämpfen.
    Die Jacken und Jacketts wurden bereits abgelegt, als die Gäste nach dem ersten Gang - Wachteleier mit tapenade, brandade de morue auf Toast und eine Salatplatte - eine Verschnaufpause einlegten. Die Roussels waren mit Tochter und Hund gekommen. Madame Passepartout, in blendenden rotgoldenen Herbsttönen, hatte ihren Busenfreund Maurice mitgebracht, der mit seinem geschorenen Schädel, den silbernen Ohrringen und den tätowierten Unterarmen eine auffällige Erscheinung war, auch wenn er von Beruf nichts anderes als Bankfilialleiter war. Fanny hatte ihren Küchenchef und seine bessere Hälfte eingeladen und den jungen Achmed, Küchengehilfe im Restaurant, um das Dutzend abzurunden.
    Charlie hatte sich von Max abgewandt, um seine Bemühungen wieder aufzunehmen, die Roussels mit einigen grundlegenden Kuriositäten der englischen Sprache vertraut zu machen. »Männlein und Weiblein gibt es bei uns nicht, wissen Sie«, sagte er gerade. »Will heißen, keine männlichen und weiblichen Artikel, kein le und la; das vereinfacht das Leben ungemein. Plus facile.«
    »Keine Männlein und Weiblein? Kein Sex?«, wiederholte Roussel nachdenklich. »Aber viel Kricket stattdessen, non «?«
    Max überließ sie dem Unterfangen, immer tiefer in das Labyrinth der englischen Grammatik vorzudringen, und folgte seiner Nase in die Küche, wo Christie und Fanny gerade eine tiefe, irdene Auflaufform aus dem Ofen geholt hatten. Sie stand auf dem Küchentisch, groß wie ein Wagenrad, mit einer goldbraunen Brotkruste obenauf.
    » Voilà«, sagte Fanny. »Le vrai cassoulet de Toulouse.« Max sah sie an und lächelte. Er konnte sich keine andere Frau vorstellen, die so begehrenswert aussah, wenn sie Ofenhandschuhe trug. Die zog sie nun aus und zerzauste ihm die Haare.
    Max beugte sich über das Schmorgericht und atmete das schwere, reichhaltige Aroma tief ein, was bereits ausreichte, den Cholesterinspiegel in schwindelnde Höhen zu treiben. »Gott, riecht das gut. Was ist da drin?«
    Fanny begann, die Zutaten an den Fingern aufzuzählen. »Weiße Bohnen, Enten confit, Knoblauchwurst, gepökeltes Schweinefleisch, Brust- und Schulterstücke vom Lamm, Entenschmalz, Schalotten, Schweinelende, saucisses de Toulouse - was sonst, Tomaten,
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