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Ein bissfestes Abenteuer

Ein bissfestes Abenteuer

Titel: Ein bissfestes Abenteuer
Autoren: Franziska Gehm
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vor sich her, die er auf dem Rasen abstellte. Dann verschwand er wieder im Haus.
    »War das Ludos Papa?«, fragte Helene.
    »Eher sein Opa, oder?«, erwiderte Daka, und Silvania nickte.
    Ein paar Sekunden später kehrte der Mann mit zwei Zitronen, einer schwarzen, glasartigen Scheibe und einem grauen, rechteckigen Kasten zurück.
    »Was ist das?«, flüsterte Silvania.
    »Ich glaube, eine Autobatterie. Opa Gustav hat eine ganze Sammlung davon in seiner Garage«, antwortete Daka.
    »Und die Scheibe?«
    »Sieht aus wie ein Spielbrett oder ein schwarzer Spiegel«, meinte Helene.
    Ludos Opa stellte die Autobatterie, das Spielbrett und die Zitronen auf einem kleinen Tisch ab. Dann setzte er sich mit einem Stuhl neben den Tisch. Er zog seine Turnschuhe und Strümpfe aus und ächzte dabei. Der Stuhl quietschte, als er damit ein Stück nach vorn rückte und seine Füße in die Schüssel stellte. Es plätscherte.
    »Er macht ein Fußbad«, flüsterte Daka.
    Der Mann kramte in der Hosentasche seines Overalls. Schließlich zog er ein Plastikknäuel heraus. Es war hellrosa und sah aus wie ein zusammengefallener Luftballon, an dem mehrere Drähte hingen. Ludos Opa zog das Plastikknäuel auseinander und setzte es auf. Es war eine Badekappe. Die Drähte standen nach allen Seiten in langen Bogen ab. Manche reichten dem Mann bis auf die Schultern.
    Mit ein paar flinken Handgriffen führte er alle Drähte zusammen, nahm eine der Zitronen und steckte die Enden der Drähte in die Frucht. Dann nahm er die andere Zitrone und steckte die Enden der Drähte hinein, die an der Autobatterie und an der schwarzen Scheibe hingen.
    Danach stockte er einen Moment. In jeder Hand hielt er jeweils eine Zitrone mit Drähten. Er sah aus wie ein König mit zwei Reichsäpfeln. Ludos Opa atmete tief durch und nickte. Dann stieß er mit dem Ellbogen einen Schalter an der Autobatterie um.
    Daka, Silvania und Helene blieb der Mund offen stehen, als sie sahen, was als Nächstes geschah: Der Badekappenopa zuckte am ganzen Körper, stieß hohe Schreie aus und verdrehte die Augen. Wasser spritzte aus der Schüssel. Der Stuhl wackelte. Es sah aus, als kringelten sich die wenigen Haare, die am Rand der Badekappe herausschauten. Der Mann streckte die Zunge heraus. Seine Schreie wurden immer höher. Sie ähnelten den markerschütternden Schreien, die die Mädchen damals aus dem Keller der Schwarzers gehört hatten.
    Unwillkürlich rückten die Mädchen enger aneinander. Sie fassten sich an den Händen und starrten mit Entsetzen auf die Szene auf der Terrasse. Sollten sie dem Mann helfen? Hilfe holen? Oder lieber schnell wegrennen?
    Plötzlich wackelte der rechte Arm des Mannes so sehr, dass ihm die Zitrone wie ein Stück Seife aus der Hand rutschte. Sie fiel zu Boden, die Drähte lösten sich und die Zitrone rollte über den Rasen. Direkt auf den Holzstapel zu.
    Augenblicklich hörte der Badekappenopa auf zu zucken und zu schreien. Einen Moment hing er wie eine Marionette, deren Fäden durchtrennt worden waren, auf dem Stuhl. Der Kopf war zur Seite gekippt und die Arme baumelten seitlich an den Lehnen hinab, fast bis zum Boden. Die Brille saß etwas schief auf der großen Nase. Dann schoss der Kopf in die Höhe. »Sapperlot!«, rief der Mann. Er suchte den Rasen mit Blicken nach der flüchtigen Zitrone ab. »Ah! Da bist du.« Der Mann richtete sich im Stuhl auf. »He, ihr da! Ihr guckt wie drei Affen, die gerade ein fliegendes Schwein gesehen haben. Helft mir lieber und hebt die Zitrone auf!«
    Daka, Silvania und Helene warfen sich fragende Blicke zu. Redete der Badekappenopa mit ihnen?
    Das konnte nicht sein. Er konnte sie unmöglich von seinem Stuhl auf der Terrasse aus sehen.
    »Ja, genau. Ihr drei hinter dem Holzscheitstapel.«
    Die Mädchen sahen sich mit großen Augen an. Er redete tatsächlich mit ihnen! Aber wie konnte er sie sehen?
    »Nun kommt schon, tut mir den Gefallen und hebt die Zitrone für mich auf. Mir ist egal, wer von euch. Die mit dem grünen Hut oder eine von den beiden mit den Zweigen im Haar. Sehr schick übrigens.«
    Daka zuckte die Schultern. Es hatte keinen Zweck, sich weiter zu verstecken. Der Badekappenopa hatte sie sowieso entdeckt. Auf welche Weise auch immer. Sie erhob sich als Erste. Silvania und Helene folgten zögernd. Die drei Mädchen standen zwischen Hecke und Holzscheiten. Nur ihre Köpfe schauten hinter dem Holzstapel hervor. »Hallo«, sagten sie fast gleichzeitig mit dünnen Stimmen.
    Der Badekappenopa lächelte ihnen zu.
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