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Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll
Autoren: Jacques Berndorf
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gab die IXUS ab. »Danke für die Hilfe.«
    Wir spazierten gemeinsam den harten Fahrweg zwischen Wald und Wiese entlang.
    »Sieht nicht gut aus«, sagte der Hagere. »Sieht sogar beschissen aus.«
    »Oberbeschissen«, ergänzte der mit dem Schnäuzer. »Richtig fies. Ich frage mich, wer so was macht.«
    »Die Schweine sterben nicht aus«, murmelte der Hagere. »Aber Sie dürfen nicht zu ihr runter!«
    »Klare Sache«, versprach ich.
    Wir gingen an ihrem Streifenwagen vorbei, das Funkgerät plärrte blechern.
    »Da ist es«, zeigte der mit dem Schnäuzer. Seine Stimme klang so, als habe er keine Luft mehr. »Trampeln Sie nicht rum, kann sein, dass da Spuren sind. Der Abdruck da ist von mir, in den können Sie treten.«
    Ich trat in den Abdruck seines rechten Schuhs und bewegte mich nicht mehr. Ich will erwähnen, dass ich auch nicht imstande war, mich zu bewegen, ich fühlte mich gelähmt.
    Die Frau befand sich etwa sechs Meter unter mir am Steilhang zwischen den hochragenden Buchenstämmen. Sie war nackt, lag mit leicht gespreizten Beinen auf dem Rücken. Sie ruhte auf altem braunroten Buchenlaub, weshalb ihr langes brünettes Haar wie das i-Tüpfelchen in einer perfekten Bühneninszenierung wirkte. Hinzu kam, dass sie zwischen den grünen Stämmen der großen Buchen in einem Teich aus Sonnenlicht schwamm. Die Sonne drang zwischen den hohen grünen Kronen der Bäume durch und konturierte die Frauenfigur, hob sie scharf hervor. Die Umgebung verschwamm in einem verwirrenden Spiel aus Schatten und Licht.
    Müll lag herum, alte Fässer und alte Möbelteile. Typisch für die Eifel, typisch für jede waldreiche Provinz, in der die Bewohner seit Generationen bestimmte Stellen in der Landschaft benutzen, um Dinge loszuwerden, die sie nicht mehr gebrauchen konnten.
    Merkwürdigerweise nahm ich neben dem Kopf der Toten die hohen Halme eines Büschels von Nickendem Perlgras wahr. Das verwirrte mich zunächst, bis ich begriff, dass die Grashalme die einzige Bewegung in diesem brutalen Stillleben darstellten – irgendwie mahnend, unübersehbar, eine Friedhofsidylle.
    Um die Stille zu durchbrechen, sagte ich: »Mein Gott, sie ist so jung!«
    »Neunzehn«, erklärte der Hagere mit rauer Stimme. »Sie ist genau neunzehn Jahre alt geworden.«
    Sie musste in der letzten Zeit an der Sonne gewesen sein und einen winzigen Bikini getragen haben. Die Streifen ihres Fleisches an den Brüsten und neben der Scham waren aufdringlich weiß.
    »Hat er ihr ...? Ist sie vergewaltigt worden?« Ich fragte das, um die Situation zu versachlichen.
    »Nein«, sagte der mit dem Kaiser-Wilhelm-Schnäuzer. »Ich war unten bei ihr, ich glaube nicht.«
    »Wieso reden wir eigentlich von einem Mann?«, meinte ich aggressiv.
    »Eine Frau?«, bemerkte der Hagere. »Eine Frau tut so was nicht!«
    »Da würde ich nicht drauf wetten«, antwortete ich.
    »Eine Frau knallt einer anderen nicht mit dem Revolver einen Schuss in den Kopf.«
    Das Loch in ihrem Kopf befand sich über dem linken Auge, ziemlich nah am Haaransatz. Blut war in einer dünnen Bahn über den äußeren Augenwinkel auf die Wange und dann quer zum Kinn gelaufen, ein schwarzes Rinnsal, ein Rinnsal des Todes.
    »Ob sie da wohl abgelegt worden ist? Mag ja komisch sein, aber mich erinnert das an ein Menschenopfer.«
    »Mich auch«, sagte der Hagere lebhaft.
    Nach einer Weile meinte der mit dem Schnäuzer: »Da ist noch was. Deshalb liegt auch der Kopf so schief. Sie hat ein gebrochenes Genick.«
    Ich trat zurück, um die Frau nicht dauernd anstarren zu müssen. »Das Genick? Ist es möglich, dass sie da runtergeworfen wurde und dass der Bruch daher stammt?«
    »Ausgeschlossen«, sagte der mit dem Schnäuzer. »Wenn Sie da hinuntergeworfen worden wäre, hätte der Körper Bahnen im alten Laub gezogen, du verstehst schon. Außerdem müssten dann auf der Körperoberseite Spuren zu sehen sein. Blätter, Erdkrumen und so was. Da ist aber nichts. Er muss sie da runtergetragen und hingelegt haben ... Warum bloß?«
    »Wie aufgebahrt«, überlegte der Hagere, als spräche er mit sich selbst.
    »Keine Kleidung, nichts? Keine Handtasche oder so was?«
    »Nichts. Nur die nackte Person.«
    »Uhr, Schmuck, Ringe, Armbänder?« Wenn ich nicht redete, dröhnte die Stille.
    Der mit dem Schnäuzer schüttelte den Kopf. »Aber sie hat Ringe getragen. An beiden Händen. Deutlich zu sehen. Genauso wie eine Uhr, ein Armband und etwas um den Hals. Und dann ist da die Sache mit dem Bauchnabel.«
    »Was ist mit dem
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