Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
Bauchnabel?«, fragte ich.
    »Guck mal genau hin«, sagte er freundlich.
    Ich machte also wieder zwei Schritte nach vorn. »Bauchnabel? Ach so, jetzt sehe ich es. Blut, ist das Blut?«
    »Eine Wunde, nicht groß. Da hat er, also der Mörder, etwas rausgerissen. Piercing, du weißt schon.«
    »Das Schwein«, sagte der Hagere. »Wann kommt endlich diese verdammte Kommission? Ich habe die Schnauze voll.«
    »Die lassen sich Zeit«, antwortete sein Kollege bissig. »Die lassen sich doch immer Zeit. Leichen laufen schließlich nicht weg. Das ist denen doch egal.«
    Ich dachte: Der alte Hass zwischen den Schupos und den Kriminalern, nichts ändert sich. Und die uralte Verstörung von Polizisten angesichts der nackten Brutalität. Sie sind angetreten, diesem Staat zu dienen und die Gesellschaft freundlich kontrollierend auf dem rechten Weg zu halten. Und dann stehen sie vor einer solchen Szenerie und müssen begreifen, dass ihre Arbeit nichts fruchtet, gar nichts. Verbrechen, Gnadenlosigkeit, Brutalität und Gewalt nehmen zu, nehmen Überhand.
    Ich trat wieder zurück auf den Weg. »Wenn ihr genau wisst, wie alt sie ist, dann wisst ihr doch auch, wer sie ist, oder?«
    »Sicher«, sagte der mit dem Schnäuzer heftig. »Verdammt, so ein Leben konnte nicht gut gehen!« Er war zornig, wütend, vielleicht sogar gekränkt.
    Der Hagere war eine Spur gelassener. »Das ist Natalie, wir nannten sie Nati. Ein wilder Feger ...«
    »Wieso das?«
    »Na ja, sie nahm alles mit. Wenn ich alles sage, meine ich alles. Weiß der Geier, mit wem sie alles rumgejuckt hat und ...«
    »Heh, Junge«, unterbrach der Hagere hastig und mahnend, »Natalie liegt da, sie ist tot!«
    »Ach, Scheiße, ist doch wahr. Sie nahm alles und jeden. Machen wir uns nichts vor, war doch alles Scheiße.«
    »Sie war was Besonderes«, murmelte der Hagere mit leeren Augen.
    »Das ist also Natalie«, sagte ich. »Und weiter?«
    »Natalie Colin«, sagte der Hagere tonlos. »Mit einem C und zwei L.«
    »Woher kommt sie?«
    »Aus Bongard«, antwortete der mit dem Schnäuzer. »Da lebte sie mit ihrer Mutter. Komisches Haus.«
    »Das weißt du doch gar nicht genau«, wandte der Hagere mit leichter Empörung ein.
    »Wenn man Natalie kannte, weiß man das«, zischte der mit dem Schnäuzer zurück. Er griff mit zitternder Hand in die Brusttasche seiner Uniformjacke und zog eine Zigarettenschachtel heraus. »Mich macht das alle, ich habe das satt.«
    »Hast ja Recht«, meinte der Hagere versöhnlich.
    »Was war sie von Beruf?«
    »Sie hat mal als Model gearbeitet. Aber nur hier in der Region. Koblenz oder Trier. Jedoch nur so zum Spielen.
    Taschengeld, verstehst du. Beruf? Sie hatte noch keinen Beruf. So ein Scheiß – wird umgelegt, bevor sie einen ordentlichen Beruf hat.« Der Hagere fuhrwerkte jetzt ebenfalls Zigaretten hervor und zündete sich eine an, paffte, als habe er noch nie im Leben geraucht.
    Ich stopfte mir gemächlich eine Jahrespfeife von Schneidewind und zündete sie an. »Heißt das, sie ist noch zur Schule gegangen?«
    »So ungefähr«, nickte der mit dem Schnäuzer. »Abitur im vorigen Jahr. Sie machte nun so eine Art Belohnungsurlaub, ein Jahr lang. Sie wollte nach Kuba, in der Tourismusbranche jobben. Hat sie jedenfalls rumerzählt. Bis dahin hat sie für ihre Mutter gearbeitet. Keine schöne Arbeit, sage ich.«
    »Du weißt aber viel«, stellte der Hagere leicht erstaunt fest.
    »Ja und?«, reagierte sein Kollege giftig. Dann wandte er sich an mich. »Was fällt dir eigentlich an der Leiche noch auf?«
    »Muss mir, von all der Scheußlichkeit mal abgesehen, denn irgendwas auffallen?«
    »Müsste«, nickte er. »Schau sie dir an.«
    »Das tue ich die ganze Zeit. Was meinst du?«
    »Ihre Augen«, sagte er knapp.
    Jetzt bemerkte ich es. »Er ... der Mörder hat ihr die Augen geschlossen.«
    »Das ist komisch, nicht wahr?« Der Polizist lächelte. »Und dann noch was: Mich erstaunt, dass du gar nicht fragst, was da so alles rumliegt.«
    Der Hagere ergänzte genüsslich: »Genau. Und das, wo du doch Journalist bist.«
    Bauten sie mich als Gegner auf, um mit ihrem Frust fertig zu werden? Da war eindeutig Arroganz auf ihren Gesichtern. »Was wollt ihr mir verklickern? Warum macht ihr das so spannend? Ich darf nicht da runter zu ihr, habt ihr gesagt. So kann ich aber nicht genau erkennen, was da alles rumliegt. Eine wilde Kippe ist das, wie es sie in jedem Eifeldorf gibt.«
    »Das schon«, sagte der mit dem Schnäuzer mit satter Befriedigung. »Aber erkennen kannst
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher