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Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll
Autoren: Jacques Berndorf
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Ein durchaus freundlicher Mensch teilte mir mit, ich müsste gelegentlich etwas für mein Konto tun, weil man sich sonst außerstande sähe, mich weiter mit Bargeld zu versorgen.
    Der zweite Anrufer war eine Frau. Sie sagte etwas atemlos, ohne ihren Namen zu nennen oder sich sonst wie kenntlich zu machen: »Darf ich dir heute Abend auf den Geist gehen?«
    Sicherheitshalber fragte ich: »Kennen wir uns irgendwie?«
    »Irgendwie schon«, behauptete sie. »Ich bin Vera und du hast behauptet, eine zweite Vera kennst du nicht.«
    »Vera«, murmelte ich. »Was ist los?«
    »Nichts Besonderes«, antwortete sie tonlos. »Ich bin nur beurlaubt worden, praktisch bin ich nun arbeitslos.«
    »Du bist doch Kriminalbeamtin«, widersprach ich matt.
    »Das ist richtig. Aber beurlaubt wurde ich trotzdem.«
    »Und warum?«
    »Wenn ich dir das sage, glaubst du es nicht.«
    »Versuch es doch einmal«, schlug ich vor.
    »Ich habe mit einem Mörder geschlafen«, sagte sie, geriet aus der Fassung und begann zu schluchzen.
    »Du hast was?«
    »Ich habe mit einem Mörder geschlafen!« Jetzt schrie sie.
    Auf derartige Aussagen fällt mir nie etwas Intelligentes ein. »O Gott! Wo bist du denn?«
    »In Mainz, in meiner Wohnung. Mir fällt die Decke auf den Kopf. Ich will ja nicht... O Scheiße, Baumeister, vergiss es.«
    »Nein, nein«, sagte ich hastig. »Komm her! Setz dich in dein Auto und komm her.«
    »Ich habe kein Auto mehr.«
    »Wieso?«
    »Das hat der Mörder genommen und ist damit gegen einen Baum gefahren.«
    »Kannst du dir kein Auto pumpen?«
    »Das könnte ich«, sagte sie nach einer Weile. »Eine Kusine von mir arbeitet in der Nähe, die könnte ich fragen. Ich störe dich wirklich nicht?«
    »Nein. Lass uns reden. Komm her!«
    Ich hatte kaum die Leitung freigegeben, als es wieder klingelte. Ich dachte automatisch, es wäre noch mal Vera, aber es war ein Mann. Mit unnatürlich hoher, heiserer Stimme fragte er: »Spreche ich mit Siggi Baumeister?«
    »Ja«, antwortete ich brav.
    »Kennen Sie Mannebach?«
    »Den Ort oder den Mann?«
    »Den Ort. Rechts neben der B 410, zwischen Kelberg und Mayen. Fahren Sie dorthin.«
    »Und was soll ich da?«
    »Das werden Sie dann schon sehen.« Es klang so, als habe er das Ende seiner Botschaft erreicht.
    »Moment mal«, ich wurde hastig, »ich kann doch nicht nach Mannebach segeln, nur weil Sie glauben, das könnte interessant sein.«
    Eine Weile herrschte Ruhe.
    »Es ist sehr interessant«, behauptete er dann mit Überzeugung. »Auf einem Feldweg linker Hand steht ein Streifenwagen und Normalsterbliche dürfen da gar nicht hin. Da liegt nämlich eine tote Frau mit einem Loch im Kopf.« Er machte eine Pause und setzte dann arrogant hinzu: »Ist das interessant genug, Euer Ehren?« Eine Sekunde später hatte er eingehängt.
    Eines war sicher: An diese Stimme würde ich mich erinnern – für den Fall, dass er mich verulken wollte. Eine fiese Stimme, von der ich den Eindruck hatte, ich würde den Inhaber auf keinen Fall mögen.
    Ich machte die Haustür auf und pfiff, so grell ich konnte. Cisco fegte die Treppen herunter, als ginge es um sein Leben. Er rannte an mir vorbei und hockte sich neben das Auto. Das hieß: Niemand verlässt das Haus – außer uns.
    Ein Gewitter lag in der Luft, vom Süden her hatten sich gewaltige Wolkentürme in den Himmel geschoben, wunderbare Weiß- und Grautöne, gerahmt von einem satten Eifelblau.
    »Ich möchte nicht, dass du gleich hysterisch wirst, wenn es kracht«, belehrte ich meinen Hund.
    Er hockte auf der hinteren Sitzbank, legte den Kopf schräg, das linke Ohr hing herab wie ein nasser Waschlappen, das rechte stand steil in Habt-Acht-Stellung. Er antwortete nicht, er antwortet selten – braucht er auch nicht, bei den Augen.
    Ich fuhr sehr schnell und hatte auf der B 410 neben dem Gewerbegebiet etwa 160 km/h drauf, was keiner Sache förderlich ist.
    »Angeblich gibt es eine Leiche«, informierte ich meinen Hund. »Angeblich weiblich, angeblich mit einem Loch im Kopf. Und angeblich steht da ein Streifenwagen. Damit wir nicht aus der Übung kommen.«
    Auf der Höhe von Boxberg legte das Gewitter los. Es knallte recht ordentlich, der Regen kam wie aus Eimern, der Himmel war in Sekunden schwarz. Mein Hund war längst mit der Geschwindigkeit einer Rakete von der Rückbank geschossen und steckte den Kopf unter meinen Sitz. Es war unglaublich, wie platt er sich machen konnte, wenn ihn Furcht erfüllte. Ab und zu wimmerte er leise und ich sprach ihm Mut zu und
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