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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond
Autoren: Susanne Picard
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Wasser. Telarion wusste, wenn sein Körper starb, dann war nichts mehr da, was die Seele, so unvollkommen sie sein mochte, halten würde.
    Es war reiner Überlebensinstinkt, der ihn die glühenden Sandkörner mit einem Schrei, der halb auf der Seelenebene, halb in der Wirklichkeit erklang, ins Gesicht seines Zwillings schleudern ließ.
    Die Wasser im Teich seines Bruders zischten bösartig. Bläulicher Nebel erschien, Dampf, der dort entstand, wo der glühende Sand auf die Fluten traf.
    Tarind taumelte zurück und fasste sich ins Gesicht.
    Die Wellen hielten inne, der reißende Strudel, der Telarion festgehalten hatte, löste sich mit einem Mal auf.
    Telarion dachte nicht nach. Er griff mit der Schwerthand raschnach dem daikon , das ihm aus den Fingern geglitten war, sprang auf und hieb es Tarind über die Brust. Der kostbare Stoff von des Königs Hemd zerriss, und Blut quoll aus der tiefen Wunde hervor, die sich über die ganze Brust zog.
    Tarind schrie vor Wut auf, wollte wieder seine Wassermagie beschwören, doch stattdessen zischte es erneut, als gieße man Wasser in einen glühenden Kessel.
    Telarion keuchte, als er den magischen Angriff des Bruders mit letzter Kraft abwehrte. Der Sand, erhitzt von der Feuermagie Sanara Amadians, glühte noch und gestattete dem König nicht, seine Magie mit voller Kraft zu wirken.
    Telarion wusste, eine weitere Flut würde er nicht mehr aufhalten können, das Feuer in ihm war zu schwach geworden. Als er verzweifelt das Schwert erhob, um den Schlag des Bruders zu erwidern, sah Telarion entsetzt, wie sich die magische Glut der Sandkörner, die er Tarind ins Gesicht geschleudert hatte, ausbreitete.
    Es würde keine Flut mehr kommen. Das letzte Feuer Sanara Amadians hatte ihm geholfen, die Quelle der Magie in seinem Bruder zuzuschütten.
    Hass und Zorn in Telarion verrauchten auf der Stelle.
    Er warf das daikon von sich und stürzte zu seinem Bruder. Das war sein Zwilling, er musste ihn heilen! Schon griff er in den Windwirbel seiner Seele, um dort eine Handvoll seiner Heilkraft hervorzuholen, mit der er den Teich seines Bruders, der in glühendem Sand erstickt war, wieder freilegen konnte. Doch als er vor Tarind stand, spürte er auf einmal einen wilden Schmerz im Schildarm.
    »Fort mit dir«, zischte der König und zog die Klinge seines daikons fest über Telarions Unterarm. Der Heermeister stöhnte auf. Einen Augenblick später lag die Klinge des Schwerts auf Telarions Kehle.
    »Rühr mich nicht an! Deine Magie, deine Seele ist von den dunklen Schlieren des Todes durchzogen!«
    »Rede keinen Unsinn, Bruder!«, stieß Telarion hervor. »Lass mich dich heilen!«
    Der Druck der scharfen Schneide verstärkte sich und grub sich in die Haut unter seinem Kinn. Langsam hob er die Hände, als wolle er seinem Bruder klarmachen, dass er unbewaffnet sei.
    Es schien Tarind nicht zu kümmern. Langsam begann er, die rasiermesserscharfe Klinge fortzuziehen. Sie schnitt in die Kehle, tiefer und tiefer. Der plötzliche Schmerz ließ Telarion leise aufschreien, doch Tarind hielt nicht inne.
    Telarion wusste, der Bruder hatte keinen Finger gekrümmt, um Ireti davon abzuhalten, Dajaram zu ermorden. Vielleicht hatte er es sogar befohlen. Er würde nicht davor zurückschrecken, auch seinen Zwilling zu töten.
    Ohne nachzudenken, griff Telarion in den Hosenbund und zog das in zartes Linnen geschlagene Päckchen hervor, dass er nicht ablegte. Ohne auf den Schmerz zu achten, den der qasarag auf der bereits brennenden Handfläche hinterließ, umklammerte Telarion den gläsernen Griff der magischen Waffe. Sie schien zu pulsieren, lebendig zu sein.
    Er hob den Kopf, was den Druck von Tarinds Klinge etwas minderte. Doch noch lag die Klinge in der Wunde, feuchtes, klebriges Blut lief ihm über Schlüsselbein und Brust. Tarinds Atem ging schwer, doch sein Gesicht, in dem die glühenden Sandkörner tiefe Wunden hinterlassen hatten, sprach von Entschlossenheit.
    Er wollte, dass sein Bruder hier und jetzt von seiner Hand sterben sollte.
    Mit einem Ruck stieß Telarion Norandar seinem Zwilling den qasarag in die Brust.
    Tarind keuchte auf und rang nach Luft. Das daikon in seiner Hand fiel scheppernd zu Boden.
    Der König starrte erst den Griff des Dolches, dann seinen Bruder an, der den qasarag noch so festhielt, als könne er nicht begreifen, was dieser getan hatte. Er sprach nicht, als er in die Knie ging.
    Für einen Augenblick war es dem Fürsten, als würden die feurigen Adern im Schwertblatt aus Nachtfeuer zu
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