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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond
Autoren: Susanne Picard
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feuchte Kühle des Urwaldes von Malebe berührte und sich sanft mit der trockenen Kälte seines Windes mischte. Das Grün des Luftwirbels verstärkte sich, der Wind stieg auf und wurde zu einer frischen Brise, die seinen Geist belebte.
    Der einsame Wind, der suchend und voller Trauer durch die Ruinen seiner Seele gestrichen war, hatte nun also doch einen Gefährten gefunden.

Epilog
    D ie Weiße Sonne ist noch nicht aufgegangen, dennoch lässt ihr Licht bereits den ewigen Schnee auf den Gipfeln der Zendarberge rosig schimmern.
    Er hat in der Nacht Wache gehalten, obwohl ihnen kein Mensch und kein Elb begegneten, seit sie vor einem Zehntag den Grünen Turm verließen.
    Der Wald scheint so hoch im Norden wie leer gefegt, doch Ronan weiß, dass dieses Gebiet von den Weisen selbst geschützt wird. Sogar die Elben von Dasthuku und Norad respektieren das und halten sich fern.
    Er und Sanara bewegen sich durch die bergige Region. Doch der Weg zu den Hallen der Weisen ist noch weit, denn das Zendar-Gebirge ist das höchste Gebirge der Welt und die Tempel liegen hoch oben in einem unzugänglichen Taleinschnitt am Rand der Baumgrenze.
    Müde sieht Ronan zu, wie die letzten Spuren der Nacht weichen. Sanara schläft noch und hat den Kopf auf seinen Schenkel gebettet. Sie sieht erschöpft aus, die Magie des Goldenen Mondes und die feuchte Kühle, die das Unterholz erfüllt, zehrten an ihr. Die wenigen Tage, die ihre Reise vom geheimen Ausgang des Tunnels unter dem Mondsee bis hierher gedauert hat, haben sie mehr Kraft gekostet als die vorherige Flucht von den Südlichen Loranonbergen zum Mondsee.
    Ronan ist hin- und hergerissen, denn er weiß, dass die geliebte Frau ihre Erschöpfung ihm zu verdanken hat, ihm und seinem Flötenspiel.
    Sanft lässt er seine Finger über ihr Gesicht gleiten. Sie wollte zum Anbruch der Weißen Stunde geweckt werden, doch Ronan bringt es nicht übers Herz. Er weiß, diese Stunde würde Sanara an das erinnern, was ihre Seele verlor: die frische Kälte des Morgens. Es ist die Erinnerung an den Fürsten der Elben, die Erinnerung an die Magie, die er, Ronan, in ihr tilgte.
    Darum lässt er sie weiterschlafen, auch wenn sie später vielleicht ihren Holzlöffel nach ihm werfen wird.
    Er weiß, sie braucht den Schlaf, denn sie ist nicht mehr dieselbe. Sie, die immer so fröhlich war, so lebendig wirkte, ist still geworden, seit das Lied des Syth die kalte Windkraft in ihr löschte, und sosehr Ronan das bedauert, so erleichtert ist er, dass seine Geliebte nicht mehr die Magie des kalten, hochmütigen Elbenfürsten im Herzen tragen muss. Er weiß, dass ihr das Trauer bereitet, aber er ist auch sicher, dass man in den Hallen der Weisen die Zerrissenheit ihrer Seele wird heilen können.
    Er freut sich auf die Zukunft mit ihr in den Tempeln. Er will den Ältesten bitten, der ihn unterrichtete, sich Sanaras anzunehmen. Vielleicht gestattet es der Meister sogar, dass Ronan einen Teil des Unterrichts übernimmt, so würde er mehr Zeit mit ihr verbringen können.
    Als über den dunklen Baumwipfeln eine Sternschnuppe niedergeht, bekräftigt er für sich den Wunsch, den Gesang aber, der in seinem Herzen aufsteigen will, unterdrückt er.
    Plötzlich wird Sanara unruhig, vielleicht träumt sie schlecht. Ronan zieht die Decke, die er über sie gebreitet hat, ein wenig höher. Er kann nur hoffen, dass die Erinnerung an Telarion Norandar aus ihr schwindet, und er ertappt sich dabei, die Knochenflöte wieder an seine Lippen zu heben, um das Seine dazu beizutragen.
    Doch er verdrängt den tödlichen Gedanken rasch wieder und summt leise eine Melodie der Ys, die von Frieden erzählt, während er den Morgennebeln zusieht, die sich langsam unter den dunklen Bäumen aus den breiten Wedeln des Königsfarns erheben. Das Licht, das den Schnee auf den Berggipfeln bereits zum Glänzen bringt, hat den Schatten unter den Bäumen noch lange nicht erreicht.
    Während er sich der leisen Melodie hingibt, die ein silbrig-rötliches Gespinst um ihn und seine geliebte Sanara webt, scheinen die Nebelschwaden hinter dem Königsfarn in Bewegung zu geraten.
    Ronan achtet nicht darauf. Er geht ganz in der Melodie auf, die die Sternschnuppe ihm eingab.
    Als er die Augen wieder öffnet, kommt es ihm vor, als wäre die Zeit stehengeblieben.
    Immer noch funkeln die Sterne am Himmel, immer noch scheint die Weiße Sonne nicht weiter am Horizont aufgestiegen zu sein, immer noch liegt nur eine Ahnung des Morgens in der Luft und erfüllt die Welt mit einem
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