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Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Titel: Drachenlanze - Die Stunde der Diebe
Autoren: Tina Daniell
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Zwerg hingegangen war. Kurz darauf stand er
allein vor dem Stand des Goldschmieds.
Tolpan nahm eine Silberbrosche aus einem offenen
Schaukasten auf dem Verkaufsbrett. Während er sie in der
Hand drehte, konnte er deutlich erkennen, daß sie von einem
wahren Meister stammte. Andere Schmuckstücke aus dem
Kasten zeigten denselben ausgeprägten Stil, aber das Armband,
das offensichtlich auch von diesem Meister stammte, war
schlichter. Ihm fehlten die typischen Kennzeichen von
Zwergenschmuck: schweres Filigran, große Steine, bunte
Intarsien aus Metallen und Mineralien oder exotische
Legierungen.
Als Tolpan die Brosche und verschiedene andere Stücke in
den Schaukasten zurücklegte, faßte er einen Entschluß. Das
Armband war ganz offensichtlich zu einmalig, damit man seine
Sicherheit den armseligen Schlössern der Kästen des Zwergs
anvertrauen konnte. Eine solche Handlung wäre geradezu
unverantwortlich gewesen. Lieber würde Tolpan es sicher an
seinem Handgelenk aufbewahren, bis er den Zwerg finden und
es zurückgeben konnte.
Leichtfüßig wandte Tolpan sich von dem Stand ab und
wollte den zwergischen Goldschmied suchen. Er rechnete mit
einer schwierigen Verfolgung; schließlich war der
Frühlingsmarkt eine große Angelegenheit, und der Zwerg
konnte überall stecken. Er war erst fünf Schritte weit
gekommen, als ein donnernder Ruf ihn aufhielt.
»Dieb! Haltet den kleinen Dieb!«
Tolpan blickte sich rasch um, weil er hoffte, den Schurken
zu entdecken, ja, ihn vielleicht sogar mit einem schnellen
Schuß seiner Hupakschlinge zu erledigen. Aber er sah
niemanden erschrocken davonrennen. Er sah auch niemanden,
der wie ein »kleiner Dieb« aussah, obwohl das natürlich auch
nur so ein Ausdruck sein konnte, wie er beschloß. Dann
dämmerte Tolpan, daß er eigentlich eine Menge Leute sah, die
ihn anstarrten.
Tolpan warf rechtzeitig genug einen Blick über die Schulter;
der Goldschmied rannte puterrot und kochend vor Wut auf ihn
zu. Der Kender ging dem Zwerg eilig aus dem Weg, damit er
vorbeilaufen und den Dieb fangen konnte, doch der kam abrupt
zum Stehen, und ein kräftiger Arm schoß vor und packte den
Kender noch mitten in der Bewegung am Hals; ein erstaunlich
wendiges Manöver für einen Zwerg, dachte Tolpan.
Die Hände des Zwergs schlössen sich fest um Tolpans
Schultern, und der Zwerg schüttelte den Kender so heftig, daß
ihm Hören und Sehen verging. Der Zwerg keuchte und prustete
und war so aufgebracht, er konnte kaum reden. »Her mit
meiner Ware, du kleiner… Ich konnte gerade noch… Deine
Rasse hätte während der Umwälzung ausradiert werden
sollen… Wachen! Wachen! Ich sollte… Wachen!«
»Ware?« Tolpans völlig verdatterter Gesichtsausdruck
brachte den tobenden Zwerg dem Schlaganfall noch näher.
»Du glaubst, ich hätte etwas gestohlen?« Tolpan stand da, hielt
die eine Hand hinter dem Rücken und zeigte mit der anderen
auf sich, als wollte er sagen: »Ich? Die ganze Aufregung
meinetwegen?«
»Ooohh!« schrie der Zwerg durch seinen bebenden Bart.
Seine Wut war so heftig, daß er Tolpan losließ, weil er seine
zitternden Fäuste kaum noch unter Kontrolle hatte. Schließlich
stampfte er mit dem Fuß auf und drehte sich einmal im Kreis,
bevor er wieder ruhig genug war, um zu reden.
»Wie kannst du es abstreiten? Wachen! Ich habe es doch
gesehen, genau da an deinem Handgelenk!«
»Ich glaube nicht, daß da irgend etwas an meinem
Handgelenk ist«, sagte Tolpan, der seine linke Hand ansah.
»Nicht die!« kreischte der Zwerg. »Die andere Hand, du
Türknopf! Die, die du hinter deinem Rücken versteckst!« Er
griff nach Tolpans Hand und versuchte, das Armband
herunterzustreifen. »Es ist genau da, an deinem Handgelenk!«
wiederholte er. Immer noch zerrend, sah er sich hektisch um.
»Wo bleiben denn die Wachen?«
Inzwischen hatte sich eine Traube Zuschauer um den Stand
versammelt, die drängelten und schoben, damit sie etwas von
dem Aufruhr mitbekamen. Der Zwerg war in der Stadt für
seine Wutausbrüche bekannt, und keiner wollte diesen
verpassen (wenn auch keiner zu nahe dranstehen wollte). Ein
großer, drahtiger, junger Mann, der etwas aufgeregt aussah,
bahnte sich einen Weg durch die Menge.
»Na also, da ist ja die Wache«, seufzte Tolpan. »Ich hoffe,
der klärt die Sache auf, denn ich bin wirklich äußerst
durcheinander.«
»Den Göttern sei Dank, daß du kommst, Tanis«, atmete der
Zwerg auf, ohne auf den Kommentar des Kenders zu achten.
»Bitte lauf schnell los und hol eine Wache.«
»Erzähl
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