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Titel: Domain
Autoren: James Herbert
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»Bitte, nicht drängeln.
    Jeder von Ihnen ist außer Gefahr, wenn Sie nicht drängeln.«
    Die Treppe, nur einer von vielen Eingängen, verschlang die Menschen wie ein unersättliches Loch. Der Polizeibeamte wurde mit hinabgerissen. Verzweifelt hielt er in dem Mahlstrom, der ihn umgab, nach anderen Polizisten Ausschau.
    Er fand keinen. Hilflos musste er zusehen, wie die Alten und Schwachen zu Boden gestoßen und überrannt wurden. Die Menge stürmte die Sperren. Jeder wollte tief unter der Erde sein, bevor das unmögliche, das ›Niemand-ist-so-verrückt-auf den-Knopf-zu-drücken‹-Ereignis geschah.
    Mapstone versuchte sich dem Strom entgegenzustellen, aber vergeblich. Jemand riss ihm den Helm vom Kopf. Sekunden später fühlte er, wie sich die Wogen der Leiber um ihn schlossen. Er wurde dahingetrieben, ohne etwas dagegen unternehmen zu können.
    Wenn die Leute doch nur vernünftig wären, dachte er. Es bestand kein Grund für eine Panik. Aber die Angst war ansteckend. Er konnte spüren, wie der Damm seiner Selbstsicherheit unterspült wurde. Er wurde Teil der Herde.
    Drängen und Stoßen. Schreie. Die Rolltreppe, die ins Dunkel hinabführte, war stehengeblieben, zu groß war die Last, die der wild dahinfließende Mob ihr aufbürdete. Die Menschen schlugen verzweifelt um sich, stolperten und fielen übereinander, eine Lawine aus Leibern, Armen und Beinen.
    Mapstone versuchte, den mit Hartgummi ummantelten Handlauf der Rolltreppe zu ertasten, aber sein Arm wurde weggeschlagen. Dann schloss sich die wogende Flut über ihm.
    In der Sekunde, bevor sein Brustkorb eingedrückt wurde, vermeinte er ein dumpfes Donnern zu vernehmen, ein Geräusch, das nichts mit dem chaotischen Gewühl zu tun hatte, das am Eingang der U-Bahn herrschte, ein urwelthaftes Dröhnen, das tief aus der Erdkruste zu kommen schien.
    Die Bombe, dachte er. Es wurde ja auch Zeit.
    Alex Dealey hatte zu laufen begonnen. Er hielt die Mappe mit den Dokumenten an sich gepresst, obwohl sein Verstand ihm sagte, dass diese Anstrengung angesichts der nuklearen Katastrophe, die der Stadt bevorstand, keinen Sinn mehr hatte.
    Es kam wirklich nicht mehr darauf an, ob irgendein Überlebender, wenn es denn welche gab, geheime
    Regierungspapiere auf der Straße fand. Zudem war es höchst fraglich, ob die Papiere, wenn er sie verlor, den Feuersturm, der durch die Straßen toben würde, überdauern würden. Schon in wenigen Minuten würde London in Schutt und Asche liegen. Warum, so ging es Dealey durch den Kopf, hatte er für den Weg zum geheimen Treffpunkt nicht überhaupt ein Taxi oder einen Bus genommen? Dann wäre er jetzt längst in Sicherheit gewesen. Aber es herrschte warmes, sonniges Wetter, so dass er es vorgezogen hatte, die Strecke zu Fuß zurückzulegen. Ein angenehmer Junitag. Inzwischen fand Dealey den Tag nicht mehr angenehm, obwohl nach wie vor die Sonne strahlte.
    Mit Mühe widerstand er der Versuchung, in eines der Büro- und Verwaltungsgebäude hineinzulaufen, die zu beiden Seiten der Straße auftauchten. Es wäre ganz sicher logisch gewesen, in einem der kühlen, massiv ausgebauten Untergeschosse Zuflucht zu finden. Aber der Bunker, zu dem er jetzt unterwegs war, verhieß mehr Sicherheit. Er verfügte über genügend Zeit, um dieses Ziel zu erreichen. Ganz davon abgesehen, dass es seine Pflicht war, sich im Falle einer Katastrophe dorthin durchzuschlagen.
    Endlich! Die Sirenen waren verstummt!
    Auf den Gesichtern der flüchtenden Menschen, die mit Alex Dealey in der gleichen Richtung liefen, malte sich für Sekunden so etwas wie Hoffnung ab. War der Alarm vielleicht nur ein Irrtum? Ein Spaß, den sich ein Verrückter erlaubt hatte? Aber es gab auch einige, die sich durch die wohltuende Stille nach dem Alarm nicht täuschen ließen. Menschen, die begriffen hatten, dass dies alles keine Übung, kein Spaß und kein Traum, sondern blutiger Ernst war. Dealey sah, wie diese wenigen die Pause benutzten, um durch eine Lücke im Strom der Flüchtenden zu schlüpfen und im nächsten Hauseingang zu verschwinden. Dann machte sich die Panik wieder breit. Die Menge wusste, dass ihr die endgültige Vernichtung drohte.
    Ein Mann auf einem Motorrad kam auf den Bürgersteig geprescht, bahnte sich mit seiner knatternden Maschine eine Schneise durch die Menschen. Dealey warf sich zur Seite, um nicht von dem Block aus Stahl und blitzenden Rädern niedergewalzt zu werden. Als er sich wieder aufrichtete, merkte er, dass er die Dokumentenmappe verloren hatte. Es war ihm
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