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Titel: Domain
Autoren: James Herbert
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schuld daran, dass sich alles so zugespitzt hatte. Sie waren es, die den Rest der Welt mit ihrem Öl unter Druck setzten. Auf den kleinsten diplomatischen Fehlschritt des Westens reagierten sie mit ewig langen Schmollphasen. Sie lieferten Öl oder drehten den Abnehmern den Hahn zu, ganz wie es ihnen die Laune eingab. Sie benahmen sich wie ein verwöhntes Kind, das andere Kinder auf eine Geburtstagsparty eingeladen hat. Amanda, du bekommst ein Stück Kuchen. Clara, du bekommst diesmal keinen, weil ich mit dir böse bin. Soeben war den Gastgebern die Rechnung für ihre gefährlichen Spiele präsentiert worden.
    Die Party war zu Ende. Jeanette betrachtete die Menschen, die acht Stockwerke tiefer auf dem Bürgersteig entlangrannten, die Herrenreiter, die im Galopp den Ausgängen des Parks zustrebten, die Liebespaare, die über die Rasenflächen hasteten. Nicht alle Menschen flohen. Es gab einige, die das Ereignis mit ebenso viel Gleichmut hinnahmen wie Jeanette.
    Paare, die einfach im Gras liegenblieben und der Dinge harrten, die nun kommen würden. Sie erschrak, als sie sah, wie ein Flüchtender, der im Laufschritt die Straße überquerte, von einem Auto erfasst und in den Rinnstein geschleudert wurde.
    Das Auto setzte seine Fahrt fort, ohne sich um das Unfallopfer zu kümmern. Er oder sie – Jeanette konnte nicht erkennen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte – rührte sich nicht mehr. Tot. Dieser Mensch hat Glück gehabt, sinnierte sie.
    Ihm würde der Anblick der großen Katastrophe erspart bleiben.
    Sie hörte, wie sich die Araber etwas zuriefen. Der ältere, von dickleibiger Gestalt, war als erster mit dem Anziehen fertig, er hatte sich nur seinen Umhang überstreifen müssen. Er lief zur Tür, die beiden jüngeren folgten ihm, verzweifelt bemüht, sich das Hemd in die Hose zu stopfen. Narren. Noch bevor der Fahrstuhl kam, würde alles vorüber sein.
    Die Sirenen waren verstummt, Gott sei Dank. Jeanette fand das auf- und abschwellende Heulen, das vor dem großen Knall warnte, schlimmer als das Ereignis, dem sowieso niemand entrinnen konnte.
    Sie sog an ihrer Zigarette und spürte, wie der Rauch ihre Lungen füllte. Sie rauchte vierzig Stück pro Tag. Genuss ohne Reue. An Lungenkrebs würde sie jedenfalls nicht mehr sterben. Das Lachen, das bei dieser Erkenntnis über ihre Lippen kam, war kurz, fast tonlos. Andere Frauen hatten das Problem, dass sie zusehen mussten, wie ihre Schönheit dahinwelkte. Sie nicht. Sie verließ ihren Platz am Fenster und nahm das wüste Durcheinander in sich auf, das in der Suite herrschte. Wirklich. Es gab Männer, die sich wie Schweine benahmen, beim Essen und im Bett. Wie würden die drei sterben? Sicher nicht wie Helden.
    Immerhin, unter den Kunden, die Jeanette auf ihrem bevorzugten Jagdgrund, der Park Lane, kennengelernt hatte, waren auch Gentlemen gewesen. Männer, die sie mit Respekt behandelten. Sie waren die Ausnahme von der Regel. Jeanette hatte sich damit abgefunden, dass sie die Kunden nehmen musste, wie sie kamen. In der Rückschau betrachtet, waren die Auf-und-ab-Jahre die besten gewesen. Mit dieser Bezeichnung, die sie sich, nicht ohne Selbstironie, ausgedacht hatte, waren die Fahrstühle im Hilton gemeint, wo Jeanette sich die größten, fettesten Fische angelte. Sie buchte jeweils das billigste Zimmer (das immer noch sehr teuer war) und verbrachte den Nachmittag und den Abend, indem sie wahllos in den Fahrstühlen rauf und runter fuhr. Wenn ein männlicher Gast in einem der Stockwerke zustieg, konnte sie ziemlich sicher sein, dass die Begegnung im Bett endete. Die meisten Männer begrüßten sie mit einem scheuen Lächeln. Es folgten ein paar Worte zum Thema Wetter. Dann eine Einladung zu einer Tasse Tee oder zu einem Drink in der Bar, ein gemeinsames Abendessen und schließlich die Dienstleistung, die Jeanette zu verkaufen hatte. Es hatte natürlich nicht lange gedauert, bis das Hotelpersonal die Frau, die ihren Strich in die Fahrstuhlkabine verlegt hatte, durchschaute. Aber alle Hotels, auch die feinsten, machten in diesem Punkt Zugeständnisse. Wenn die Prostituierte nicht ohne weiteres als solche zu erkennen war, wenn sie die Gäste nicht bestahl, drückte das Management ein Auge zu. Allerdings, die Auf-und-ab-Jahre waren zu Ende gegangen, als Jeanette die ersten Falten bekam. Sie hatte sich seitdem mit kleineren Fischen begnügen müssen, und sie hatte ihren Jagdgrund ins Freie verlegt. Park Lane. Hin und wieder gab es telefonische Aufträge, aber die
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